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Sie fielen vom Himmel

Sie fielen vom Himmel

Titel: Sie fielen vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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– jetzt ist Mutter ganz allein …
    Dann schwankte die Erde, der Himmel kam näher … er war so nahe, daß er ihn greifen konnte, der rote Ball der untergehenden Sonne lag in seinen Händen, als sie nach oben stießen, die Wolken zogen über seinen Kopf hinweg … Wolken, viele, viele Wolken … und die Sonne war rot … so herrlich rot … Über den toten Körper hinweg mahlten die Ketten des zweiten Panzers. Sie rollten die Stellung auf.

Fünftes Buch

    Doch uns ist gegeben,
auf keiner Stätte zu ruhn,
es schwinden, es fallen
die leidenden Menschen
blindlings von einer Stunde zur andern,
wie Wasser von Klippe
zu Klippe geworfen,
jahrlang ins Ungewisse hinab.

    HÖLDERLIN

Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:
15. Mai 1944
An der süditalienischen Front setzte der Feind gestern seine mit größtem Menschen- und Materialeinsatz geführten Angriffe fort. Nach erbitterten Kämpfen, wobei der Gegner allein südlich von Cassino 50 Panzer verlor, setzten sich unsere Truppen im südlichen Frontabschnitt wenige Kilometer nach Westen auf eine vorbereitete Riegelstellung ab.
    Bei den Verteidigern von Monte Cassino hatte es sich schnell herumgesprochen, daß eine in der Nacht in Leutnantsuniform abgesprungene Krankenschwester im Lazarettkeller Dr. Pahlbergs wohnte.
    Hauptmann Gottschalk besuchte Renate Wagner in der darauffolgenden Nacht und meinte, daß der Krieg tatsächlich die Menschen abstumpfe … Früher sei es ihm nie passiert, daß er ein Mädchen nicht erkannt habe, ganz gleich, in welchen Verkleidungen es aufgetreten sei.
    »Irgendwann sprang immer ein Funke über«, sagte er lachend. »Aber man hat in der Zwischenzeit so viel auf uns herumgefunkt, daß die Seele sich völlig verkrochen hat. Immerhin haben Sie es fertigbekommen, einen alten Hauptmann zu täuschen.«
    Nur mit Gewalt war Theo Klein zurückzuhalten, sich krank ins Lazarett bringen zu lassen! »Ein Mädchen!« stöhnte er. »Ein richtiges Mädchen bei uns in der Stellung! Oh – habe ich Bauchschmerzen!« Er legte seinen Karabiner hin und erhob sich. »Ich muß ins Lazarett! Ich habe Krämpfe …«
    »Die Schwester ist die Braut des Stabsarztes, du Idiot!« Heinrich Küppers und Feldwebel Maaßen zogen Klein in die Deckung zurück. »Was willst du denn im Bunker?«
    »Sie nur sehen, Jungs. Ein lebendiges weibliches Wesen! Wißt ihr überhaupt noch, wie 'ne Frau geht? Hüftenwackelnd, brustwippend …«
    »Halt's Maul, Theo!« Maaßen stieß ihn in die Seite. »Es gibt sowieso einen wüsten Stunk, wenn das bei der Armee bekannt wird! Ich möchte wissen, was der Oberst dazu sagt, wenn er es erfährt.«
    »Er wird kommen, sich dieses Teufelsmädchen ansehen!«
    Dieser Ansicht war auch Major v. Sporken, der kurz und bündig, wie es sich für einen Soldaten gehörte, an die Division meldete: »Eingetroffen: 45 Mann Ersatz. Ein Leutnant, drei Feldwebel und Unteroffiziere und 41 Mann sowie eine Krankenschwester.«
    Oberst Stucken, noch erschüttert von dem Tode von der Breyles, dessen von den Panzerketten zur Unkenntlichkeit zermalmten Körper er schaudernd am Hang des Monte Cassino beerdigen ließ, hielt die Meldung in der Hand und starrte die kurzen Sätze an.
    »Der Sporken hat einen Stich!« sagte er laut. »Eine Krankenschwester! Was sollen diese dummen Witze?« Er schrieb bei der nächsten Rückmeldung: »Bitte um Äußerung wegen Meldung einer Krankenschwester.«
    Prompt kam die Meldung zurück. »Schwester Renate Wagner vom III. Reservelazarett in Rom, abgesprungen am 20. März mit Ersatz über dem Monte Cassino.«
    Oberst Stucken ließ sich vorsichtshalber mit dem Armeekorps und der Armee verbinden. Tastend fragte er sich durch: »Hat das Lazarett auf dem Monte Cassino Ersatz bekommen?«
    Außer dem Material nichts. Als Außenstelle unterstand es dem Feldlazarett unter Oberstabsarzt Dr. Heitmann. Dort aber war außer Dr. Christopher kein neuer Arzt hinzukommandiert worden.
    »Auch keine Schwester?«
    »Wie bitte?« Bei der Armee sah der Major verwundert auf seinen Hörer, als habe er nicht richtig verstanden. »Lieber Stucken, das ist 'n Witz! Das könnte Ihnen so passen … für 'ne Kampfpause ein Karbolmäuschen! Nee, nee – sparen Sie sich das für 'n Urlaub! 'Abend, lieber Stucken …«
    Nichts! Keiner wußte es.
    Zwar war in Rom vom Reservelazarett III die Krankenschwester Renate Wagner als verlustig gemeldet und auf die Liste der Vermißten gesetzt worden. Von Partisanen bestimmt umgebracht, dachte man bei der Standortkommandantur.

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