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Sie fielen vom Himmel

Sie fielen vom Himmel

Titel: Sie fielen vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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geklungen. So alt wie die Menschheit ist das Problem der Sinnlosigkeit eines Krieges. Ich habe die Menschheit nicht gemacht, Breyle. Und wäre ich Gott, so hätte ich sie erst gar nicht geformt, oder ich hätte meinen Schöpfersinn längst revidiert! So aber bleibt uns nichts übrig, als zu ertragen!« Er drehte sich von der Wand weg und kam auf Breyle zu, der mit auf die Brust gesunkenem Kopf an der Kante des Tisches lehnte. Ein alter Mann, durchfuhr es Stucken. Über Nacht ein alter Mann. »Schreiben Sie Ihrer Gattin, daß Jürgen vermißt ist, schreiben Sie ihr die volle Wahrheit. Und geben Sie ihr ein wenig Hoffnung, indem Sie sagen, daß man die Möglichkeit nicht ausschließt, ihn als Gefangenen später gemeldet zu bekommen.«
    Breyle nickte schwer. »Jawohl, Herr Oberst. Ich werde es so schreiben. Auch wenn ich selbst nicht daran glaube.«
    »Darauf kommt es nicht an, Breyle.« Er kreuzte die Hände auf dem Rücken und sah aus dem Fenster hinaus auf das mit Trichtern übersäte Feld und die rauchenden Trümmer des Dorfes. »Ich glaube fast, daß Gott so gütig ist, die frommen Lügen als eine gute Tat zu werten.«
    Auf der Rückfahrt von Contursi hielt Felix Strathmann mit seiner BMW wieder an der Straßenstelle, wo oberhalb des Hanges die Quelle aus dem Gestein sickerte. Er hupte und sah den Hang hinauf. Aber Maria Armenata kam nicht. Hinter einem großen Stein lag Francesco Sinimbaldi und wußte nicht, ob er den deutschen Fallschirmjäger abschießen oder ihn laufen lassen sollte. Die Überlegung, daß Gina Dragomare ihr Kind mit Hilfe des deutschen Arztes bei Eboli bekommen sollte, rettete Felix Strathmann das Leben.
    Fast eine Stunde stand er unten auf der steinigen Straße und hupte geduldig in Abständen. Beim Regiment in Contursi hatte man ihn vertröstet. Auch hier wurde der Nachschub erwartet, der durch die zerbombten Straßen und wegen Spritmangels dauernd ins Stocken geriet und nur des Nachts fahren konnte, weil Tedders Flieger das gesamte Gebiet bis Avellino kontrollierten. Dafür hatte er Wein bekommen. Die beiden Kanister waren voll, und sie schwappten jetzt auf dem Gepäckrost der Maschine. Wenigstens etwas, würde Theo Klein sagen, dachte Strathmann. Jetzt fehlen nur noch die Mädchen! Jungs, gegen mich wäre ein T34 wie eine Wanze! Er war eben ein Erzschwein, der Theo.
    In der Tasche verbarg Strathmann eine Kostbarkeit, Schokolade. Deutsche Fliegerschokolade, in runden, flachen Blechdosen, Schoka-Cola. Sie peitschte das Nervensystem auf, hielt wach und schenkte einen kurzen Rausch von Energie. Wie Pervitin, diese kleinen, weißen Tabletten, welche die Nachtjäger als Marschverpflegung erhielten. Er wollte diese Schokolade Maria schenken – beim Furier in Contursi hatte er sie aufgetrieben und nur nach langem Reden bekommen, weil auch der Furier auf Kreta gewesen war und es unter Kreta-Kämpfern eigentlich nichts gab, was sie nicht untereinander teilten.
    Unterdessen stieg von der anderen Seite des Berges Mario Dragomare ins Tal. Er war nicht allein – die wimmernde, in den Wehen aufschreiende Gina begleitete ihn. Man hatte sie auf einer provisorischen Bahre festgeschnallt, auf einem Holzrost, auf das man die Matratze legte. Ihr hoher Leib unter der schmutzigen Decke bäumte sich auf; dann schaukelte die Bahre, und nur die Gurte, mit denen man sie festgeschnallt hatte, verhinderten, daß sie auf den steinigen Boden stürzte.
    Mario Dragomare ging voran, die Griffe der Trage fest umklammert. Am anderen Ende der Bahre schritt Emilio Bernatti. Piero Larmenatto wollte ihn zurückhalten, er schob Emilio weg und ergriff die beiden Holme der Trage. »Auf deinen Kopf sind 100.000 Lire gesetzt!« sagte er laut. »Du bist verrückt, Emilio! Ich trage Gina.«
    »Du kannst kein Deutsch.« Emilio stieß Piero in die Seite und trat hinter die Bahre. »Wer soll mit dem Arzt reden, he?«
    »Sie werden dich aufhängen, Emilio!«
    Francesco Sinimbaldi kam von seinem Posten und schwenkte sein Gewehr. »Der Fallschirmjäger steht wieder auf der Straße!« rief er. »Der Geliebte Marias …«
    Niemand lachte. Emilio grunzte und blickte hinüber zu Maria Armenata. »Willst du zu ihm gehen?« fragte er. Sie schüttelte den Kopf. Emilio atmete schwer. »Wenn der Arzt das Kind holt, darf er weiterleben, und du kannst ihn sprechen. Los jetzt!« Er nahm die Griffe und nickte Mario Dragomare zu. »Auf!« kommandierte er. Der schwere Körper Ginas hing in der Luft, die Umstehenden bekreuzigten sich und falteten die

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