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Sie fielen vom Himmel

Sie fielen vom Himmel

Titel: Sie fielen vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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herein. »Wie ist's?« fragte er.
    »Noch immer nicht.« Mario Dragomare wischte sich über die Augen. Seine Hand war naß, als er sie zurückzog. »Sieben Stunden, Emilio … Sieben Stunden. Ich könnte mich aufhängen!«
    Brummend zog sich Emilio zurück. Vor dem Zelt zündete er sich eine Zigarette an, nahm sein Gewehr und bezog wieder Posten auf dem Felsvorsprung.
    Piero Larmenatto, der einzige im Dorf, der etwas von Heilkunst verstand, weil er in Eboli bei dem Drogisten in der Lehre gewesen war, beugte sich zu Mario vor. »Man sollte den Leib kneten«, sagte er leise. »Zwei kräftige Männer. Die Hebamme ist zu alt.«
    Entsetzt fuhr Mario herum. Das Stöhnen Ginas erschütterte das Zelt. »Wage es, sie zu berühren!« zischte er. »Ich bringe dich um.«
    Beleidigt zog sich Larmenatto zurück.
    Die alte Hebamme hatte jetzt die Beine Ginas ergriffen und bewegte sie auf und ab. Sie preßte die Knie gegen den hohen, bebenden Leib und riß die Beine dann wieder herunter. Der Körper Ginas bäumte sich, sie röchelte, sie schlug mit den Armen um sich und stopfte das Tuch, das sie in den Händen hielt, zwischen die Zähne. »Mario!« schrie sie. »Mario! O Mario!«
    Dragomare lag auf den Knien und betete. Das eintönige Murmeln seiner Litanei mischte sich in das dumpfe Stöhnen, mit dem Gina jede Wehe begleitete. Das Tuch war in kleine Stücke zerfetzt.
    »Es kommt nicht, das bambino«, sagte die alte Hebamme. Sie kniete über den Leib gebeugt und schüttelte den Kopf. Dann wusch sie sich die Hände in einer der Schüsseln. »Der Kopf ist zu groß, Mario. Er kommt nicht durch. Er hat sich festgeklemmt. Wir wollen alle beten, daß uns die Madonna hilft.«
    Sie lagen auf den Knien und beteten, nach vorn gebückt und versunken in ihren flehenden Bitten, bis Emilio Bernatti wieder ins Zelt sah. »Noch nichts?!« fragte er heiser. Mario schüttelte den Kopf. Auf seine gefalteten Hände tropften die Tränen.
    »Acht Stunden!« sagte Emilio. »Es ist eine Quälerei.« Er schluckte und rieb die Hände an den Hosen. Über sein Gesicht lief ein Zucken. »Bei Eboli«, sagte er stockend …, »bei Eboli, Mario, ist ein deutsches Lazarett. Sie bauen es ab … ein Arzt ist noch da! Sinimbaldi meldete es eben … wir wollten es überfallen, wenn es abrückt. Verdammt, das wollten wir! Zu solchen Schweinen hat uns der Krieg gemacht!« Er riß sich das Hemd über dem Hals auf und fuhr sich mit den Händen durch die Haare. »Lauf ins Tal, Mario!« schrie er. »Hol den deutschen Arzt! Lauf schon … lauf …«
    Dragomare erhob sich schwankend. »Er wird unser Versteck verraten, Emilio. Man wird uns alle erschießen. Auf deinen Kopf sind 100.000 Lire ausgesetzt, Emilio.«
    Bernatti ergriff Dragomare und zog ihn an der Jacke empor. Sein verzerrtes Gesicht war rot, als würde es jeden Augenblick auseinanderplatzen. »Lauf!« sagte er keuchend. »Lauf, du Hund von einem Feigling!«
    Mit gesenktem Kopf stolperte Mario aus dem Zelt.
    Noch immer nicht hatte Major von der Breyle die Kraft gefunden, den Brief an seine Frau zu schreiben und ihr das Schicksal Jürgens mitzuteilen. Daß er gefallen war, zur Unkenntlichkeit zerrissen von einer Bombe oder Granate, stand fast mit Sicherheit fest. Die bisher als vermißt Gemeldeten waren entweder wieder aufgetaucht, bei anderen Truppenteilen, wohin sie versprengt worden waren, oder sie wurden als Tote gefunden und an Hand der Soldbücher oder der Erkennungsmarke identifiziert. Nur Leutnant Jürgen von der Breyle und ein Oberschütze blieben vermißt … Als man nach zwei Tagen auch den Oberschützen fand, in einem völlig zerfetzten Pinienhain, begraben unter den umgeknickten Bäumen, blieb für Major von der Breyle nur der schwache Trost übrig, daß Jürgen nicht lange gelitten habe und gleich, ohne Schmerzen, noch im Krachen des Einschlages, den er kaum vernommen haben konnte, starb.
    Oberst Stucken respektierte den Schmerz Breyles und belastete ihn in den ersten Tagen nicht mit besonderen Aufgaben. Die Szene, wie Breyle aus dem Haus stürzte, den abgerissenen Telefonhörer in der Hand, und sich neben ihn hinwarf, mitten in den Bombenhagel und das Artilleriefeuer, die Stimme seines Sohnes noch in den Ohren, war ihm so gegenwärtig, als sei sie eben erst gewesen, und verfolgte ihn wie ein seelischer Schock. Am dritten Tage sprach er von der Breyle an, nicht mitleidig, das wäre falsch gewesen, sondern männlich hart, gewissermaßen mit einem moralischen Stoß ins Kreuz. »Haben Sie geschrieben,

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