Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sie fielen vom Himmel

Sie fielen vom Himmel

Titel: Sie fielen vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Reißleine, die den Schirm nach dem Absprung aufriß, und die Gurte, die sich um den Körper legten und den Abgesprungenen senkrecht in der Luft hängen ließen. Michels und Köster beachteten die einsame Rote-Kreuz-Schwester nicht, die mit wachsamen Augen, jedes Wort in sich aufnehmend, durch das Gelände ging und minutenlang die Ausbildung der Fallschirmjäger in sich registrierte. Am Ende der Halle sah sie an langen Leinen die geöffneten Fallschirme hängen. Sie trockneten und wurden seitlich an großen Falttischen von zwei Unteroffizieren sorgfältig Naht auf Naht zusammengelegt. Von der Präzision ihrer Hände hing ein Leben ab. Sie wußten es und ließen sich von der blonden Schwester nicht ablenken.
    Sinnend stand Renate Wagner am Tor der großen Übungshalle. Eine Uniform hatte sie, die komplette Uniform eines Fallschirmjäger-Leutnants. Nur ein Schirm fehlte ihr, ein Fallschirm.
    Sie beobachtete, wie die beiden Unteroffiziere die fertig gefalteten Schirme in die Hüllen schoben und in einer Ecke der Halle stapelten. Sie wurden gezählt. Renate sah es, wie jedesmal auf einer Liste ein neuer Strich gezogen wurde. Über ihr blähte sich die Seide im Wind, der vom weiten Hallentor hereinwehte. Die trocknenden Schirme pendelten leicht, die Leinen knarrten leise wie die Verspannungen in einem Segelboot. Leutnant Mönnig kam vorüber. Er stutzte, als er die Schwester unter den Schirmen stehen sah, aber dann ging er weiter. Vielleicht die Flamme eines der Feldwebel, dachte er. Wartet, bis der Dienst zu Ende ist. Ist zwar nicht statthaft, im Gelände der Schule herumzustrolchen, aber immerhin ist sie eine Krankenschwester und damit ein halber Soldat. Er ging weiter zum Kasino und trank eine Tasse Kaffee. Der Wind war kalt, und er fühlte sich wie durchgefroren.
    An diesem Vormittag geschahen zwei Dinge, die es sonst bei der deutschen Wehrmacht nicht gab!
    Es fehlte eine Kiste mit Zellstoff, eine regelrechte Lazarettkiste mit dem roten Kreuz darauf und dem Patentklappverschluß. Der zählende und unterschreibende Stabsintendant der III. Reservelazarett-Abteilung tobte und schrie seine Soldaten an, sie seien Rindviecher und hätten sich verzählt. »Es kommt nicht vor, daß wir eine Kiste zuviel aufschreiben!« schrie er. »Es ist unmöglich bei meiner Kontrolle. Der Fehler liegt hier beim Aus- und Einladen! Eine dusselige Schlafmütze hat eine Kiste zweimal gezählt!«
    Er brüllte mit zwei Unteroffizieren herum, die die Einladegruppen befehligten, und warf die Stapel Papiere, die er in der Hand hielt, auf einen kleinen Tisch. »Ich kann doch nicht die Flugzeuge wieder ausladen lassen, weil eine einzige Kiste fehlt!« schrie er mit hochrotem Gesicht. »Ihre Pfeifen, Ihre krummen Flöhe haben falsch gezählt! Welche Kiste fehlt denn?!«
    »Eine Kiste mit Zellstoff!«
    »Die ist zu ersetzen!« Der Stabsintendant atmete auf. Er hatte an wertvolle Medikamente gedacht, aber Zellstoff, Zellstoff, mein Gott, welche Aufregung um ein paar Lappen Zellstoff.
    »… Schreiben Sie auf den Begleitpapieren: Wird bei Transport V nachgeliefert!«
    Der Stabsintendant wandte sich an Renate Wagner, die gerade um einen Kistenberg herumkam. »Denken Sie sich, Schwester Renate – es fehlt eine Kiste mit Zellstoff!«
    Renate Wagner schüttelte energisch den Kopf. »Es kann nicht sein! Ich habe alles genau durchgezählt, ehe es vom Lazarettwagen auf den Flugplatz geschafft wurde.«
    »Sage ich doch! Sage ich doch!« Der Stabsintendant war sehr zufrieden. Er fand seine Ansicht bestätigt und trug damit nicht allein die Verantwortung. »Diese Tränen haben falsch gezählt!« Er sah die beiden Unteroffiziere an und schrie: »Wie sollen wir den Krieg gewinnen, wenn wir Soldaten haben, die nicht mal Kisten zählen können?! Ab! Einladen! In die Maschinen!«
    Am Abend, bei der Zählung der Fallschirme durch Oberfeldwebel Michels, fehlte ein Schirm.
    Michels schüttelte den Kopf, sah auf die Bestandsliste und zählte noch einmal … drei … sieben … zehn … zwanzig … dreiundzwanzig … neunundzwanzig … dreiunddreißig … Es blieb dabei. Dreiunddreißig Schirme auf Lager … vierunddreißig waren ausgegeben worden! Sauerei! Die Stimme Erich Michels dröhnte durch die Halle. »Die Unteroffiziere zu mir! Sofort! Hopphopp!«
    Es wurde eine kurze Unterredung. Die beiden Faltunteroffiziere legten ihre Listen vor … vierunddreißig Striche, von dem anderen als Zeugen gegengezeichnet. »Wir haben 34 gefaltet und gestapelt!«
    »Und 33 sind nur

Weitere Kostenlose Bücher