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Sie fielen vom Himmel

Sie fielen vom Himmel

Titel: Sie fielen vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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noch da!« Michels begann zu schwitzen. Das in seiner Kompanie, das in seinem Lehrgang! Verdammt und zugenäht! »Wer war hier?« schrie er.
    »Niemand!«
    »Eine fremde Einheit? Landser? Flak? Die klauen wie die Raben!«
    »Niemand!«
    Michels fuhr sich durch die Bürstenhaare. Er sah Leutnant Mönnig über den Platz kommen.
    »Ich jage die Kompanie über das Flugfeld, bis ihr das Wasser im Arsch kocht!« schrie Michels heiser. »Der Schirm muß her! Wie kann ein Schirm verschwinden?!« Es blieb ein Rätsel.
    Die Halle wurde durchsucht, Winkel für Winkel; die Schirme wurden zehnmal durchgezählt, die Soldaten wurden verhört. Es blieb dabei: Ein Schirm fehlte. Der Schirm, der dem Gefreiten Fritz Grüben gehörte. Gefreiter Grüben, der im Ersatzhaufen den Sani machte.
    Leutnant Mönnig blieb nichts anderes übrig: Schweren Herzens setzte er eine Meldung an das Regiment auf, das diese sofort wegen der Ungeheuerlichkeit an die Division weitergab. Die Division meldete es dem Armeekorps, das Armeekorps der Armee, diese sogar dem Oberbefehlshaber Süd. In Rom verschwand mitten in der Ausbildung ein Fallschirm. Aus der Halle, beim Zählen und Falten! Verhöre ergaben nichts. Verdächtige lagen nicht vor. Spionage fiel aus, denn die Konstruktion des deutschen Fallschirms war allen Staaten durch Hunderte von Beuteschirmen bekannt. Wer hatte Interesse an einem Fallschirm? »Nur ein Idiot!« stellte Oberfeldwebel Michels fest. »Was will er mit einem Fallschirm? Vom Dach seines Hauses schweben? Blödsinn! In eine Maschine kommt er sowieso nicht 'rein! Und warum auch? Welcher Vollidiot geht denn mit einem Fallschirm freiwillig und heimlich an die Front?!«
    Dieser Ansicht waren auch die oberen Stellen. Der Fallschirm wurde abgebucht wie die Kiste mit Zellstoff. Gefreiter Grüben bekam einen neuen Schirm.
    Nur als Novität innerhalb der Wehrmacht kursierte noch lange die Geschichte von dem geklauten Schirm. »Denken Se mal, lieber Pohlländer! Da klaut eener 'nen Schirm! 'nen Fallschirm! Mittenmang aus der Halle, vor allen Unteroffizieren und Mannschaften! Wat sagen Se nun? Det is 'n Witz, was. Selten so jelacht.« Die Herren im Kasino von Rom hatten ihren Spaß, vor allem die Stabsintendanten, die sich freuten, daß so etwas auch der kämpfenden und aktiven Truppe passieren konnte.
    Unterdessen schwamm die Zellwatte in großen Placken den Tiber hinab zum Meer. Sie saugte sich voll, ging unter und trieb mit der Unterströmung weiter.
    In ihrem Zimmerofen verbrannte Renate Wagner Nacht für Nacht die Bretter einer großen Kiste. Sie starrte in das Feuer, wie die Flammen das Rote-Kreuz-Zeichen auffraßen, wie sich die Farbe kräuselte, Blasen aufwarf, sich schwärzte und sich mit einer blaßblauen Flamme auflöste. In der hintersten Ecke ihres Schrankes lag unter Zeitungen ein großer, runder Ballen. Die Schlüssel ihres Zimmers und des Schrankes trug sie immer bei sich, an einem Kettchen hingen sie auf der nackten Haut. Jetzt habe ich alles, dachte sie. Alles!
    Ein Gefühl von Triumph und Ungeduld, von Angst und Tatenlust durchflutete sie. Ich werde Erich wiedersehen, sagte sie sich immer vor, wenn das Gewissen sie niederdrückte, gestohlen zu haben. Ich tue es aus Liebe, aus wahnsinniger, alle Schranken sprengender Liebe. Ich will bei ihm sein, jetzt … gerade jetzt in dieser Hölle. Dafür ist alles recht, dafür gibt es keine Moral mehr, kein Gewissen, keine Bedenken. Der Krieg geht über uns hinweg, über unsere Leiber, über unsere Seelen, über unseren Geist … aber nicht über unsere Liebe!
    In den dienstfreien Nächten stand sie vor dem Spiegel und legte den Fallschirm an. Sie schnallte die Gurte um den Leib, nachdem sie sie gestellt hatte, zog die Gurte durch ihre Beine und klinkte seitlich der Schenkel die großen Haken in die Ösen. Die breiten Bänder drückten gegen ihren Unterleib … es war ein merkwürdiges, leicht aufreizendes Gefühl, dieser ständige, intensive Druck und das Scheuern zwischen den Schenkeln. Den Gurt über der Brust schnallte sie kräftig zu. Er sollte ihre Formen zusammendrücken, denn auch unter der Kombination hoben sich ihre Brüste ab wie zwei Taschen voller Munition. Die Reißleine mit dem großen Haken, der an der Decke des Flugzeuges eingehakt wird und beim Sprung aus der Tür den Fallschirmsack aufreißt, warf sie nach vorn über die Schulter, wie sie es bei den Übungen gesehen hatte. Sie ergriff sie mit der linken Hand.
    Sie sah plump und groß aus in den dicken Springerschuhen

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