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Sie haben mich verkauft

Sie haben mich verkauft

Titel: Sie haben mich verkauft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Kalemi
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Er versteht nicht, was ich sage, er ist nicht gerade robust. Es tut mir leid. Ich mag ihn, aber ich glaube, ich kann mich um ihn nicht richtig kümmern. Er braucht mehr, als ich ihm geben kann. Er muss woanders hin.«
    Ich konnte Ira nicht einmal böse sein. Ich sah deutlich, wie schwer es für sie war. Wenn sie sich um Pascha nicht mehr kümmern konnte, hatte ich keine andere Wahl – er musste in die Schule für taube Kinder in Simferopol gehen und dort auch wohnen.
    Ich wusste, es war das Beste, aber es brach mir das Herz. Den Tag, an dem ich ihn dorthin brachte, werde ich nie vergessen. Ich wusste, er wollte nicht dorthin, ich sah es an seinemBlick, auch wenn er es mir nicht sagen konnte, aber ich musste mein Herz meinem eigenen Kind gegenüber verhärten. Er weinte, als ich ihn abgab, er streckte mir die Arme entgegen, bettelte darum, wieder mitgenommen zu werden, während ihm die Tränen über das verstörte Gesicht rannen. Aber ich konnte ihn nicht mit nach Hause nehmen. Ich konnte die Arbeit in der Türkei nicht aufgeben, um mich um ihn zu kümmern, denn dann würden wir nie eine bessere Zukunft haben, und wenigstens hätte er in der Schule die richtige Behandlung.
    Als ich ging, weinte ich bitterlich, ich mochte kaum glauben, dass ich meinen Sohn zum zweiten Mal weggab. »Es ist das Beste so«, sagte ich mir und wischte mir die Tränen fort. Du wirst genug Geld verdienen, um ein Haus zu kaufen, und dann holst du ihn heim, und wir sind wieder alle eine Familie. Hier können sie ihm helfen, seine Welt zu verstehen.«
    Ich würde ihn bald besuchen, sagte ich mir. Ich würde nie zulassen, dass eines meiner Kinder mich vergaß. Eines Tages würden sie begreifen, weshalb ich sie verlassen musste.

KAPITEL 12
    A llzu bald arbeitete ich wieder in der Türkei. Es war schwer, von zu Hause fort zu sein, aber das Leben in der Türkei war gut, und wenigstens verdiente ich Geld. Ich versuchte, so viel wie möglich zu sparen, damit ich uns ein neues Leben ermöglichen konnte. Ich lebte für meine Besuche zu Hause und für die Zeit, die ich mit meinen Kindern verbringen konnte.
    Zu Hause blieb ich jeweils zwischen zwei und zwölf Wochen, auf keinen Fall war ich länger als sieben Monate von den Kindern getrennt. Doch als die Monate zu einem Jahr wurden und dann ein weiteres Jahr und noch eines folgte, machte ich mir allmählich immer mehr Sorgen. An Ludas Blick erkannte ich, dass sie mich langsam vergaß, und es tat weh, als sie Ira aus Versehen »Mami« nannte. Auch um Pascha machte ich mir Sorgen. Seit er die Förderschule besuchte, hatte ich ihn nicht mehr gesehen, und schließlich ging ich ihn eines Tages besuchen. Ich hatte mich so darauf gefreut, ihn zu sehen, aber als ich ankam, versteckte er sich hinter den Beinen seiner Lehrerin – bei meinem Anblick wurde er schüchtern und unsicher, als ich mich lächelnd zu ihm hinunterbeugte. Mir krampfte sich das Herz zusammen, als ich sah, dass er mit seinen dunklen Augen hinter einer Fremden hervorschaute, und dann nahm ich ihn mit in den Garten und versuchte, mit ihm zu spielen. Aber er weinte nur, und schließlich musste seine Lehrerin ihn trösten. Ich fühlte mich ganz krank innerlich, als er sich an sie klammerte. Diese Frau, eine Fremde, verstand es, Paschasverschlossene Welt zu betreten, und ich nicht. Wieder einmal schien es, als hätte ich ihn im Stich gelassen. So gern ich ihn auch mit nach Hause nehmen wollte, wusste ich doch, dass ich ihm nicht die gleichen Chancen geben konnte, zu lernen und sich zu entwickeln, wie die Schule sie bot. Für seine ungewisse Zukunft hatte er, was immer man ihm dort beibringen könnte, bitter nötig. Doch zugleich war ich sicher, dass mit jedem Tag, den er fern von mir verbrachte, seine Kindheitserinnerungen mehr und mehr verblassten. Ich schwor mir, dass ich ihn zwar in der Schule das lernen lassen würde, was er brauchte, aber wieder auf ihn zugehen würde, sobald ich der Türkei den Rücken gekehrt hatte.
    Der einzige von den dreien, der sich noch richtig an mich erinnerte, war Sascha, aber in dem ersten Jahr meiner Arbeit im Ausland hatte er einen bösen Unfall. Er und Luda waren in der Obhut eines neuen Babysitters, als er sich bei einem Sturz den Kopf anschlug. Ich wäre beinahe gestorben, als Ira anrief und mir sagte, er liege im Koma. Erst nach siebzehn Tagen wachte er wieder auf, und die Krankenhausrechnung betrug sechshundert Dollar. In den Monaten nach dem Unfall, als ich die Rechnung auf Raten abbezahlte, konnte ich

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