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Sie haben mich verkauft

Sie haben mich verkauft

Titel: Sie haben mich verkauft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Kalemi
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nicht«, meinte sie skeptisch. »Das hört sich alles ziemlich unsicher für mich an.«
    »Aber wieso denn? Denk doch mal nach – vierhundert Dollar im Monat, bloß dafür, dass ich hinter der Bar stehe und Getränke serviere!«
    »Aber mir behagt die Vorstellung nicht, dass du in einem Nachtklub arbeiten sollst.«
    »Wieso denn nicht? Ich könnte mir ein Haus bei dir in der Nähe kaufen, wir wären Nachbarinnen, und unsere Kinder würden zusammen spielen!«
    Nachdenklich sah Genia mich an.
    »Ich glaube kaum, dass es so zu schaffen ist. Vielleicht machst du eines Tages ja dein Glück, aber auf diese Art wird das nichts.«
    Es ärgerte mich, dass Genia auf meinen Träumen herumtrampelte, also sprach ich nicht weiter darüber, aber ich musste ständig an diese Chance denken. Als ich in die Ukraine zurückreiste, dachte ich weiter darüber nach und war schon fast entschlossen, Mariannas Angebot anzunehmen. Als ich mich von den Kindern verabschiedete, war ich so hoffnungsvoll und optimistisch wie schon lange nicht mehr. Ganz bestimmt würden wir bald für immer zusammen sein, wenn mein Plan aufging. Ich sagte Ira, dass sie möglicherweise eine Weile nichts von mir hören würde, ich mich aber bald bei ihr melden wollte, und dann könnte ich so viel Geld schicken, wie sie für die Kinder brauchte. Dann reiste ich nach Moldawien.
    Auch Genia war zu der Zeit auf Besuch zu Hause, und ich fuhr zu ihr ins Haus ihrer Eltern, ehe ich mich auf einen Kaffee mit Marianna in einem Café am Ort traf.
    »Du solltest wirklich mitkommen«, sagte sie. »Ich habe mit meinem Boss gesprochen, und er würde dich sehr gern einstellen. Das ist sicheres Geld. Wie kannst du so ein Angebot ablehnen?«
    »Na schön«, sagte ich und holte tief Luft. »Ich bin schon fast entschlossen.«
    »Entscheide dich bloß schnell. Morgen fahre ich. Um zehn treffen wir uns am Busbahnhof, wenn du mitkommen willst.« Marianna lächelte. »Und wieso eigentlich nicht, Oxana? Hm?«
    Später am Abend erzählte ich Genia, dass ich beschlossen hatte, mit Marianna nach Bosnien zu fahren.
    »O nein«, erwiderte sie. »Ich traue ihr nicht. Fahr nicht mit ihr.«
    »Aber wieso denn nicht?«, rief ich. »Marianna ist doch schließlich keine Fremde für uns. Sie kennt deine Freundinnen, und die sagen alle, man könne ihr vertrauen, also was hätte ich zu befürchten? Wir kennen viele Leute, die im Ausland arbeiten und denen es gut dabei geht. Ich muss das einfach tun.«
    »So glaub mir doch, Oxana, die hat nichts Gutes im Sinn.«
    »Ich verstehe nicht, weshalb du so pessimistisch bist. Alle hier kennen dich und deine Familie. Marianna würde gar nicht erst wagen, sich irgendwas Übles auszudenken oder dich zu verärgern, nicht wahr? Es wird schon gut gehen. Ich will einfach dorthin.«
    Plötzlich wurde Genia wütend. »Nein! So einfach ist das nicht. Du darfst nicht gehen, Oxana, bitte. Ich traue dieser Marianna nicht. Die hat irgendwas an sich, was mir nicht behagt.«
    »Wie lange soll ich denn noch in der Türkei bleiben?«, entgegnete ich wütend. »Noch mal zehn Jahre, bis meine Kindererwachsen sind? Ich brauche das doch bloß ein halbes Jahr zu machen, dann habe ich genug verdient, um zu ihnen zurückzukehren. Verstehst du denn nicht, dass das meine einzige Hoffnung auf ein Leben mit meinen Kindern ist? Jeden Tag vergessen die mich ein bisschen mehr. Ich muss wieder zu ihnen nach Hause. Ich kann nicht mehr in die Türkei zurück! Ich kann einfach nicht.«
    Ich stürmte hinaus und lief ins Café, wo ich Marianna noch antraf. Ich gab ihr meine letzten dreihundert Dollar für die Fahrkarten, mit denen wir von Moldawien über Rumänien nach Bosnien wollten.
    »Das war richtig von dir«, sagte sie mit einem warmherzigen Lächeln, und ich war erleichtert, weil ich endlich die Entscheidung gefällt hatte, die mich wieder mit meinen Kindern zusammenbringen würde.
    Am Tag darauf war ich immer noch wütend auf Genia, also ging ich nicht zu ihr, aber als ich in den Bus stieg, kam sie mir hinterhergelaufen.
    »Ich musste dir einfach auf Wiedersehen sagen«, flüsterte sie und umarmte mich. »Pass auf dich auf.«
    Aber ich konnte mich nicht so einfach entschuldigen. Trotz allem, was ich gesagt hatte, wusste ich, dass da irgendwo leise Zweifel an mir nagten. Irgendwie fühlte sich das alles zu einfach an. Vielleicht hatte Genia ja doch die ganze Zeit recht gehabt? Aber was sollte schon schiefgehen, das ich nicht wieder in Ordnung bringen könnte?
    Auf die eine oder andere Weise

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