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Sie haben mich verkauft

Sie haben mich verkauft

Titel: Sie haben mich verkauft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Kalemi
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sein?«, flüsterte ich schließlich. »Ich habe dafür bezahlt, nach Bosnien zu kommen. Ich werde da arbeiten.«
    »Ach, komm schon – wie alt bist du?« Sweta feixte, als sie sich in ihrem Stuhl zurücklehnte.
    »Fünfundzwanzig.«
    »Na also, wie kannst du dann nur so dumm sein?«
    »Aber wieso sagen Sie das?« Die Tränen rannen mir aus den Augen, und ich schluchzte. »Meine Freundin wird mir helfen. Ich habe ihr vertraut.«
    »In diesem Geschäft kannst du keinem trauen!«, fauchte mich Sweta an.
    »Aber kann ich denn nicht nach Hause zurück? Ich gebe Ihnen meine Adresse und zahle Ihnen das Geld zurück, das Sie für mich ausgegeben haben.«
    »Auf gar keinen Fall. Du brauchst mir deine Adresse gar nicht zu nennen – die kenne ich nämlich, ich habe deinen Pass, und ich habe darin auch die Fotos von deinen Kindern gesehen. Die Leute, die dich herbrachten, haben Geld ausgegeben, ich habe Geld ausgegeben, und jetzt werde ich es zurückbekommen. Ich habe siebenhundert Dollar für dich bezahlt, und ich werde dich weiterverkaufen – vielleicht nach Italien, vielleicht nach Albanien, vielleicht auch nach Deutschland. Das ist mir egal; solange ich mein Geld bekomme, spielt das für mich keine Rolle.« Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und seufzte. »Vielleicht ist es ja ganz gut, dass du jetzt hier bist, da kannst du viel Geld machen und deinen Kindern helfen. Denk an das Geld, das du in der Horizontale verdienen wirst.« Sie stand auf und sah auf mich herunter. »Willst du was essen?«
    Ich schüttelte den Kopf, als Sweta mir eine Zigarette gab und mich ins Schlafzimmer zurückbrachte. Wieder hörte ich den Schlüssel im Schloss, und ich drehte mich um und starrte auf die Gitter vor dem Fenster.
     
    Ich weiß nicht, wie viele Tränen ich an dem Tag vergoss. Ich weinte, bis mein Körper ausgetrocknet war, aber immer noch kamen die Schluchzer. Ich sah nur Luda, die mich angebettelt hatte, nicht wegzugehen, als ich sie vor ein paar Tagen verlassen und ihr gesagt hatte, ich müsse das Geld für ein schöneres Leben verdienen, aber dass ich ihr verspräche, bald von meiner nächsten Reise in die Türkei zurückzukehren. Luda hatte sich an mich geklammert, und ich hatte mich von ihr losreißen müssen. Wie hatte ich nur so dumm sein können? Warum hatte ich nicht auf Genia gehört? Es war so unvernünftig von mir gewesen, meine Ängste zu ignorieren und mir zu sagen, dass ich genau wie beim letzten Mal schon davonkommen würde, falls etwas passierte.
    Aber ich brauchte mich ja nur anzusehen. Hier war ich nun, eingesperrt in einem Zimmer, und ohne eine Möglichkeit zu fliehen.
    Erinnerungen kamen in mir hoch, als ich in diesem schmuddeligen Zimmer saß und die Mädchen mich zu trösten versuchten – sie nahmen mich in die Arme, wischten mir die Tränen weg, sagten Worte zu mir, die ich nicht verstand. Schließlich holte ich ein paar kleine Fotoalben heraus, die ich eingepackt hatte, und starrte die Bilder an. Dabei hoffte ich, ich käme wie durch Zauberei nach Hause, wenn ich es mir nur fest genug wünschte.
    Aber als die Dunkelheit hereinbrach und ich immer noch eingesperrt war, konnte ich nichts weiter tun, als die Fotos anzustarren – ich mit den Kindern, die ihre guten Sachen trugen, die ich aus der Türkei mitgebracht hatte; Sascha, der bei einem Konzert sang; und dann das einzige Foto, das ich von Pascha hatte, aufgenommen, kurz bevor er als Baby ins Waisenhaus kam. Andere Fotos von ihm hatte ich nicht. In unserer Kultur glauben wir, dass es Unglück bringt, ein krankes Kind zu fotografieren. Wieder und wieder starrte ich die Bilder an. Das war die Wirklichkeit – nicht dieser Albtraum hier.
    Spätabends durfte ich das Bad benutzen, und nie werde ich den Moment vergessen, als ich unter der Dusche stand und nach einer Fluchtmöglichkeit suchte.
    Hoch über mir befand sich ein Fenster, und während das Wasser lief und das Geräusch überdeckte, versuchte ich, das Fenster zu öffnen. Ich zog, so fest ich konnte, zerrte und zerrte, aber es bewegte sich nichts.
    Sieh dich nur weiter um, sagte ich mir, als ich in die Küche ging, um mir eine Tütensuppe zu machen. Aber bald merkte ich, dass alle Fenster vergittert waren und die Wohnung nicht nur eine, sondern zwei versperrte Eingangstürenhatte. Es gab keine Fluchtmöglichkeit – alles war verriegelt und verrammelt, damit wir nicht davonlaufen konnten.
    Einfach abwarten, redete ich mir gut zu. Die können dich ja nicht ewig hierbehalten, und wenn du erst mal

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