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Sie haben mich verkauft

Sie haben mich verkauft

Titel: Sie haben mich verkauft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Kalemi
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und versuchte, nicht in Panik zu geraten, als ich mich umsah. Das Licht im Raum war gedämpft, die dichten Bäume vor dem vergitterten Fenster ließen wenig Helligkeit herein. Überall um mich herum spürte ich Schmutz – in der schneidend dicken Luft, auf dem abgetretenen Teppich und der fleckigen Tagesdecke, die auf einem breiten Bett lag. Auf demBett saßen drei junge Mädchen im Teenageralter, die schweigend vor sich hinstarrten und Zigaretten rauchten. Die eine war blond und hatte blaue Augen, die zweite hatte kurzes dunkles Haar und ein Gesicht, so hübsch wie eine Barbiepuppe, während die dritte langes schwarzes Haar und ein längliches Gesicht hatte. Sie alle wirkten noch so jung. Plötzlich fingen sie an, in einer Sprache zu reden, die ich nicht verstand.
    Zitternd griff ich nach meinen Zigaretten, ich wollte versuchen, die in meinem Kopf umherwirbelnden Gedanken zu beruhigen.
    Da stimmt etwas nicht, sagte eine Stimme in meinem Kopf. Sieh dir nur diese Mädchen an.
    Nein, nein, nein, erwiderte eine andere Stimme. Du kennst Marianna, du vertraust ihr, es kann unmöglich sein, was du jetzt denkst.
    Aber ich hatte Angst und fing an zu weinen, dabei dachte ich an zu Hause. Was war hier los?
    Ich schluchzte, und die Blonde stand vom Bett auf und kam auf mich zu. Sie umarmte mich und gab tröstliche Laute von sich, während ich weiterweinte.
    »Eeenglisch? Eeenglisch?«, fragte sie.
    »Nein, bisschen, bisschen«, sagte ich und legte Daumen und Zeigefinger zusammen, weil ich erklären wollte, dass ich nur ein oder zwei Worte Englisch sprach.
    Schweigend versammelten sich die Mädchen um mich, während ich immer weiter weinte, und die eine betupfte mein Gesicht mit einem Taschentuch und versuchte, die Tränen abzuwischen.
    »Bosnien?«, fragte ich auf Russisch und gestikulierte mit den Fingern. »Ihr fahrt nach Bosnien?«
    Vielleicht ging es ihnen wie mir. Vielleicht waren sie ja auch auf dem Weg nach Bosnien, und Sweta half einfachvielen Leuten, ins Land zu kommen – Visa, Pässe, es war schließlich kompliziert.
    »Nein, Italien, Italien«, sagte die Blonde.
    Italien? Wovon redete die denn? Ich rauchte eine Zigarette nach der anderen und versuchte, die aufsteigende Panik zu unterdrücken, während ich dasaß und auf das leise Gemurmel von Stimmen draußen auf dem Flur horchte. Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis schließlich die Tür aufging und diese Sweta mir mit Gesten zu verstehen gab, ich solle ihr folgen.
    Wir traten auf den Flur, wo ein kleiner Tisch und Stühle standen. Sweta verschwand kurz in der Küche und kam mit zwei Tassen Kaffee für uns zurück. An den Fingern hatte sie riesige Goldringe und um den Hals eine dicke Goldkette, die wie ein Hundehalsband aussah.
    »Wo bin ich hier?«, fragte ich hastig. »Wann werde ich nach Bosnien fahren?«
    »Rauch eine Zigarette, trink deinen Kaffee«, erwiderte Sweta mit einer Stimme, so weich wie Honig. »Weißt du, wo du hier bist?«
    »Nein.«
    »In einem Durchgangshaus.«
    Sie klang so freundlich, so nett, aber ich verstand nicht, was sie sagte. »Und wann werde ich nun nach Bosnien kommen?«, fragte ich.
    »Bosnien?«
    »Ja, ich soll dort in einem Nachtklub arbeiten«, sagte ich überstürzt. »Ich habe Marianna dreihundert Dollar gegeben, für meine Papiere; wir werden zusammen da arbeiten.«
    Ein Lächeln ging über Swetas Gesicht, als sie auf ihre Kaffeetasse starrte. »Du kommst nicht nach Bosnien«, sagte sie und zog ihren Stuhl näher an den Tisch heran. »Du kommst nirgendwohin.«
    Ich sah zu ihr auf. Die Härte in ihren Augen wollte mich davor warnen, ihr zu widersprechen. Ich verstand nicht, was sie da sagte.
    »Doch, ich komme nach Bosnien«, flüsterte ich. »Marianna hat das arrangiert.«
    »Nein, hat sie nicht.« Sweta lächelte noch immer, auch wenn ihre Worte furchtbar waren. »Begreifst du denn nicht? Du bist verkauft worden. Du gehörst jetzt mir.«
    Als ich diese Worte hörte, durchfuhren mich Angst, Verzweiflung und Entsetzen wie ein Wirbelwind. Es war, als stünde ich am Rand einer Klippe und spürte, wie meine Füße ins Nichts glitten, oder als starrte ich auf eine Pistole und wüsste, ich würde sterben. Tief in mir fing ich an zu schreien, aber es kam kein Ton heraus; ich konnte nichts sagen, als mein Leben vor meinem inneren Auge ablief – alles, was mich bis zu diesem Punkt gebracht hatte, die Gesichter meiner Kinder –, während Sweta mich anlächelte, als sei das alles ganz normal.
    »Wie kann ich verkauft worden

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