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Sie haben mich verkauft

Sie haben mich verkauft

Titel: Sie haben mich verkauft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Kalemi
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ich an dem Abend unserer Ankunft gesehen hatte. Zögerlich ging ich hinein. Da waren etwa sechs junge Frauen, eine halb schlafend zusammengerollt auf einem der Betten. Ein paar unterhielten sich leise, dabei rauchten sie Kette, eine andere blätterte eine abgegriffene Zeitschrift durch. Keine sah auf, als ich hereinkam.
    Ich setzte mich. Tabakrauch hing in der Luft, und keine schien mich zu bemerken, geschweige denn mit mir reden zu wollen, aber ich war froh, wieder unter Menschen zu sein. Bald fiel mir eine Frau auf, die allein dasaß. Ihre Augen waren gerötet, sie hockte da und rauchte, und ich empfand Mitleid, als ich bemerkte, dass sie schwanger war. Als ich zu ihr hinsah, schaute sie auf und mir direkt in die Augen. Ich lächelte.
    »Wievielter Monat?«, gestikulierte ich und hielt meine Finger hoch.
    »Vierter«, antwortete sie auf Russisch.
    Ich versuchte, freundlich zu sein. »Ich weiß, wie du dich fühlst – ich habe selber drei Kinder. Die Anfangszeit ist am schlimmsten, nicht?«
    Zögerlich erwiderte sie mein Lächeln und legte sich die Hand auf den Bauch. »Mir war furchtbar übel – wirklich entsetzlich! Jetzt ist es nicht mehr so schlimm.«
    Im Gespräch erzählte mir die junge Frau nach und nach, sie sei vor einigen Monaten hierher in Serdars Hotel gekommen und habe sehr wohl gewusst, dass sie als Prostituierte arbeiten würde.
    »Meine Familie ist sehr arm«, erklärte sie. »Meine Mutter ist krank. Wir brauchen dringend Geld. Also habe ich mir gesagt, dass dies die beste Möglichkeit für mich wäre, Geld zu verdienen. Sie wollten mich zur Arbeit nach Italien schicken – aber dann bin ich von Vlad schwanger geworden. Er ist einer von den Bodyguards, kennst du ihn? Und jetzt kann Serdar mich nicht verkaufen.« Die Tränen traten ihr in die Augen. »Ich habe solche Angst davor, dass sie mich nach Hause schicken. Die Schande würde meine Verwandten umbringen. Ich bin nicht verheiratet und schwanger, was für eine fürchterliche Schande. Aber ich kann nichts tun.«
    »Wie alt bist du?«, fragte ich sanft.
    »Neunzehn.« Sie fing an zu schluchzen. Ich ging rüber zu ihr und legte ihr einen Arm um die Schulter, wusste aber nicht, was ich sagen sollte, um sie zu trösten. Wie viele traurige Geschichten gab es doch auf der Welt. Vermutlich konnte jede Frau hier eine Geschichte von Armut und Missbrauch erzählen.
     
    »He, hallo. Ich bin Tascha. Und wie heißt du?«
    Es war eine Frau, die ich mit den Bodyguards hatte herumhängen sehen. Sie war nicht wie die anderen – sie schiensich wohl bei ihnen zu fühlen, wirkte nicht so dumpf wie die anderen Mädchen mit ihren jungen Gesichtern und den leeren Augen.
    »Oxana.«
    »Also, vielleicht können wir ja Freundinnen werden. Sieht so aus, als sollten wir zwei eine Weile hierbleiben.« Die Frau lächelte mich an. Sie war sehr stark geschminkt und schien sich recht wohl hier zu fühlen.
    »Wie kommst du darauf?«, frage ich vorsichtig. Sollte ich von ihr vielleicht einen weiteren Hinweis auf mein Schicksal erhalten?
    »Die Bodyguards haben mir erzählt, du bist Serdars Mädchen. Ich habe gehört, er mag dich sehr. Hast du ein Glück! Mir ging es genauso. Ich bin vor einer Weile hergekommen, und einer von Serdars Söhnen hat sich in mich verguckt. Also nahm er mich für sich, und ich wurde nicht weiterverkauft.«
    »Und wie lange bist du schon hier?«
    »Zwei Jahre. Und ich glaube, ich gehe nicht mehr weg von hier. Ich bleibe wohl für immer.«
    Ohne ein Wort zu sagen, starrte ich sie an. Würde es mir auch so ergehen?, fragte ich mich. War es mir vorherbestimmt, für den Rest meines Lebens hierzubleiben, als Gast in einem seltsamen Hotel, als Mädchen eines Mafiabosses?
    Aber mein Leben sollte sich ziemlich bald schon wieder ändern.

KAPITEL 20
    L os, ab in die Busse!«, riefen die Bodyguards. »Macht schon!«
    Sie drängten die ganzen Frauen raus und verfrachteten sie in einen Minibus und zwei Jeeps. Ich wurde auf den Beifahrersitz eines der Jeeps geschickt, und ein paar Minuten später kletterte Serdar auf den Fahrersitz.
    »Wo fahren wir hin?«, fragte ich, als wir zügig von dem Hotel wegfuhren.
    »Aufs Land«, antwortete Serdar. »Gestern Abend gab es eine Polizeirazzia in der Nähe. Wir wollen hier weg, bis sich alles wieder beruhigt hat. Da.« Er holte eine Pistole aus seiner Tasche und gab sie mir. »Kannst du die kurz für mich halten?«
    Ich starrte auf die Waffe in meiner Hand, spürte auf der Handfläche das kalte Metall. Serdar vertraute mir so

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