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Sie haben mich verkauft

Sie haben mich verkauft

Titel: Sie haben mich verkauft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Kalemi
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mit ihren bunten Haaren. Ich starrte die riesigen roten Busse an und diese Supermärkte, die so groß waren, dass eine ganze Armee hineingepasst hätte, und all die Gebäude, darunter eine Kirche und ein Restaurant mit einem rotgoldenen Dach, das aussah wie die einzelnen Bahnen eines Rocks mit Volants.
    Anna saß neben mir – genauso schweigsam wie auf dieser ganzen Reise nach England.
    Vor zwei Tagen waren wir angekommen, und jetzt wohnten wir bei drei von Ardys albanischen Freunden. Valdrim war Bauarbeiter, Florm arbeitete in einer Autowerkstatt, und dann war da noch Defrim, der Anführer. Vom ersten Moment an konnte ich ihn nicht leiden: Da war so viel Wut in seinem Blick.
    »Ihr Mädchen geht jetzt einkaufen«, sagte er grob zu uns. »Heute Abend fangt ihr an zu arbeiten. Ihr braucht was zum Anziehen.« Er sah zu Anna hinüber. »Ich bin dein Boss, klar? Also tu, was ich dir sage.«
    Ich wurde ganz mutlos. Ich wusste, Ardy würde Anna so schnell wie möglich verkaufen, um an Geld zu kommen. Ich hatte so ein Gefühl, als schulde er jemandem etwas für unsere Reise nach England. Wahrscheinlich sollten wir deshalb auch sofort mit der Arbeit anfangen und durften uns von der albtraumhaften Fahrt, die wir hinter uns hatten, nicht mal erholen.
    Defrim fuhr uns zu einem riesigen Parkplatz, wo wir ausstiegen und ein Einkaufszentrum betraten. Vor Staunen blieb mir der Mund offen stehen, und ich starrte alles an. Es war unglaublich, so etwas hatte ich noch nie gesehen – es war alles so groß und so hell. Lichter und Geräusche erfüllten die Luft, als wir an Läden vorbeigingen, in denen riesige Mengen Kleidung, Schuhe, Kosmetik, Bücher, Lebensmittel, Fernseher, Eiskrem und Süßigkeiten zu sehen waren. Ich traute meinen Augen kaum: So viel Luxus und solche Fülle an einem einzigen Ort waren völlig neu für mich. Die Leute in England mussten sehr reich sein, dachte ich, wenn sie es sich leisten konnten, jeden Tag hier einzukaufen. Das war doch ganz bestimmt alles furchtbar teuer! Und doch liefen hier ganz gewöhnliche Leute mit prall gefüllten Einkaufstaschen herum.
    Jetzt begriff ich, weshalb Ardy hierher hatte kommen wollen.
    Mein Blick blieb hängen an den Hunderten von wunderschönen Dingen, die ich hier sah. Da gab es sogar einen Laden, der nur Parfüm verkaufte, und ich sehnte mich danach, hineinzugehen und in den herrlichen Düften zu schwelgen, aber Defrim scheuchte uns weiter. Er führte uns in einen hell erleuchteten Laden mit Kleidern.
    Und wieder konnte ich nur staunen, als ich hineinging. Es sah aus wie in der Garderobe in einem Theater, überall Perücken, Federboas, Kleider, besetzt mit funkelnden Pailletten und Steinen. Es war herrlich. Anna und ich blieben in den Umkleidekabinen, während die Männer uns Kleider zum Anprobierenbrachten und uns kritisch musterten, wenn wir vor sie traten. Ich wusste, dass sie diese Kleider als Investition ansahen; sie dienten einfach nur dazu, uns für die Freier attraktiver zu machen, aber trotzdem hatte ich großen Spaß daran, alles anzuprobieren. Für ein paar Augenblicke durfte ich so tun, als sei ich eine ganz normale junge Frau auf Shoppingtour mit ihrem Freund, eine Frau, die ein hübsches Kleid geschenkt bekommt, weil sie darin fantastisch aussieht.
    Die Kleider waren wunderschön, genau wie die Schuhe, die Defrim mir kaufte. Sie wirkten wie aus Glas gemacht und hatten hohe Absätze und Plateausohlen und Riemchen um die Knöchel, die mit Blumen besetzt waren. Später fand ich heraus, dass sie 95 Pfund kosteten – mehr, als manche Leute in der Ukraine in vier Monaten verdienten.
    »Jetzt seid ihr gerüstet für die Arbeit«, sagte Ardy, als wir den Laden verließen.
    Mein Vergnügen löste sich in Luft auf. Nur für einen kurzen Moment, als ich mich in dem Geschäft voller Farben und Licht umgesehen hatte, hatte ich fast vergessen, warum ich hier war.
     
    »Sprichst du Englisch?«, fragte die Frau und starrte mich an.
    Ich war mit Ardy und Defrim in einer Sauna irgendwo im Zentrum von Birmingham. Sie hatten mit der Frau am Empfang gesprochen, ehe sie gingen, und jetzt sah sie mich an.
    »Wenig«, sagte ich. Ich hatte auf meinen Fahrten durch viele Länder ein paar Brocken aufgeschnappt, aber es fiel mir schwer zu verstehen, was die Frau sagte.
    »Wie heißt du?«
    »Alexandra«, log ich.
    »Das sind die Preise«, sagte sie und reichte mir ein Blatt Papier.
    Darauf stand: 30 Minuten = 45 £; 60 Minuten = 80 £.
    »Whirlpool?«, fragte die Frau und lächelte

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