Sie haben mich verkauft
Das hier hatte doch nichts mit Knutschen und Verliebtsein zu tun.
Meistens blieb ich ruhig, während ich auf Kunden wartete. Den anderen Mädchen traute ich nicht, und die einzigen,mit denen ich sprach, waren drei Schwestern, die am Empfang arbeiteten. Sie waren nett, aber der Umgang mit ihnen machte mich traurig, denn eine von ihnen erwartete ein Kind, und sie saß oft da und strickte Sachen für ihr Baby. Ich wusste noch, wie ich in dem dunklen, dreckigen Zimmer für meine Kinder genäht hatte, als wir nichts zu essen hatten und die Kinder vor Hunger schrien, als sie krank wurden und froren, und es machte mich so traurig, wenn ich an das Leben dachte, das wir geführt hatten. Ich hatte nie etwas anderes gewollt, als dass sie es besser hatten, und jetzt war ich nicht einmal mehr bei ihnen.
Aber diese Sauna hatte auch ihr Gutes. Mir gefiel, dass keiner mit den Zuhältern sprach, so dass Ardy nie genau wusste, wie viel ich verdient hatte. Natürlich versuchte ich erst gar nicht, etwas zu bunkern, aber es war doch nett, dass ich wenigstens für kurze Augenblicke etwas wusste, von dem er keine Ahnung hatte, wenn ich am Ende meiner Schicht die Treppe runterging. Manchmal arbeitete ich sechsunddreißig Stunden am Stück ohne Schlaf, aber immer noch konnte ich diese wenigen Sekunden genießen, bevor ich ihn sah.
In dem Salon war es auch erlaubt, dass Mitarbeiter des Gesundheitsamts nach uns sahen, was mich sehr freute. Einmal überredete ich Ardy sogar, mich in ein Krankenhaus mitten in London zu bringen, wo ich einen Aidstest machen konnte, und ich war ungeheuer erleichtert, als sie mir sagten, es sei alles in Ordnung.
Manchmal versuchten die anderen Mädchen, mit mir ins Gespräch zu kommen, aber ich wollte im Grunde nicht mit ihnen reden. Es machte mich wütend, dass sie immer nach meinem Freund statt nach meinem Zuhälter fragten. Begriffen sie das denn nicht? Manche Engländerinnen mochten ja auf eigene Rechnung arbeiten, aber die Mädchen aus Osteuropa konnten das nicht. Nur einmal lernte ich eine kennen, der dasgelang; die Frau war Ärztin in Russland gewesen. Aber alle anderen standen unter strenger Aufsicht – es waren ja vielleicht nicht alle verkauft worden so wie ich, aber immer war da ein Mann, der Geld verdiente, indem er den Körper einer Frau verkaufte.
Doch die Frauen hatten keine Wut auf diese Männer. Stattdessen gingen sie aufeinander los, kabbelten sich und stritten. Vor allem eine junge Tschechin mochten sie nicht. Sie sah noch sehr jung aus und hatte die ganze Zeit zu tun, also flüsterten sich die Mädchen zu, dass sie die Regeln breche und den Männern erlaube, sie zu küssen, dass sie sie oral befriedige und kein Kondom benutze. Ali sorgte dafür, dass Handgreiflichkeiten unterblieben, und hatte ein wachsames Auge auf alle. Die Mädchen hatten alle Angst vor ihm – er brüllte einen an, wenn man zu spät aus einem der Räume kam, ihn nicht ordentlich geputzt oder vergessen hatte, ein Wasserglas zu spülen, aus dem man getrunken hatte. Er war Zuhälter in jeder Hinsicht, wenn auch nicht dem Namen nach, also achtete ich darauf, mit ihm gut auszukommen. Ich hatte bis zu sieben Männer die Nacht, und das machte Ali glücklich.
Auch Ardy war glücklich. Er hatte sich ein Auto gekauft, einen gefälschten Führerschein, einen gefälschten Pass und teure Kleidung, und alles von dem Geld, das ich verdiente.
Seit dem Fund der versteckten Trinkgelder in Birmingham bewachte er mich sorgsam und passte auf wie ein Luchs, wenn ich mich auszog. Ich wusste, dass er außerdem meine Tasche und meine Unterwäsche kontrollierte, wenn ich unter der Dusche war, und manchmal konnte ich hören, wie er den Deckel der Toilette hochhob, oder ich fand meine Strümpfe einzeln liegen, auch wenn ich sie als Paar zusammengelegt hatte.
»Du tust doch nichts mehr, was mir schaden könnte?«, fragte er ein paarmal. »Darauf kann ich mich doch verlassen, oder?«
»Natürlich, Ardy. Du weißt doch, ich könnte dir nie was antun.«
»Gut. Denn ich vertraue dir, Oxana.«
Aber das tat er nicht, und ich wusste es.
Als es Juli wurde, war er so zufrieden mit mir, dass er mich zusammen mit drei Albanern in ein Pub mitnahm, um seinen Geburtstag zu feiern. Ich sagte nichts, als sie sich betranken, ich war nur froh, dass mich in dieser einen Nacht keiner anfassen würde.
KAPITEL 30
D ichter Tabakrauch quoll aus dem Mund des Mannes, und aus roten Augen sah er mich an.
»Ich will, dass du mich leckst, und dann will ich dich
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