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Sie haben sich aber gut gehalten!

Sie haben sich aber gut gehalten!

Titel: Sie haben sich aber gut gehalten! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilli Beck
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es schön, mal wieder einen Muttertag mit der ganzen Familie zu verbringen.»
    «Wer spricht denn vom –» Lottes Einwand wird vom Läuten ihres Handy gestoppt.
    Wie ich ihrem Gezwitscher entnehme, ist es mein Vater, der fragt, wo wir bleiben.
    «Wir sind in einer Sekunde da, Bertilein. Bussi.» Sie klappt das Gerät mit einer lässigen Handbewegung zu und blickt mich erwartungsvoll an. «Also?»
    «Ich kann es versuchen, aber ob ich es in einer Sekunde schaffe, wage ich zu bezweifeln. Normalerweise benötige ich um diese Uhrzeit für die Strecke fünfzehn Minuten», erwidere ich mit ernster Miene. Mit Ausflüchten zu antworten habe ich ja von ihr gelernt.
    Sie schubst mich freundschaftlich an. «Schon verstanden, Liebchen, du willst nicht darüber reden. Aber was machst du, wenn er dir über den Weg läuft?»
    «Gas geben!»
    Die alberne Plänkelei führen wir noch eine Weile fort, bis ich in die Hohenzollernstraße einbiege. Vor dem
Le Bagage
tritt mein Vater bereits ungeduldig von einem Bein aufs andere. Als er uns anfahren sieht, strahlt er über das ganze Gesicht und winkt uns mit hocherhobenen Armen zu.
    Ich halte direkt vor ihm an und lasse Lotte aussteigen. «Parkplatz kann ich alleine suchen.»
    Das hat Lotte aber nicht mehr gehört, denn sie springt aus dem Wagen und saust ohne Antwort davon.
    Im Rückspiegel beobachte ich, wie sie meinem Vater um den Hals fällt. Die beiden sind ein Paradebeispiel für das Gerücht, man könne sich in jedem Alter Hals über Kopf verlieben. Tja, knurre ich, so viel Glück hat eben nicht jeder. Aber das interessiert mich alles nicht mehr. Mein letzter Versuch war definitiv der allerletzte!
    An der nächsten Straßenecke spielt mir das Schicksal einen Trosthappen in Form eines Parkplatzes zu. Immerhin.
    Auf dem Weg zum Laden nehme ich mir ganz fest vor, nicht mehr an diesen Immobilienmakler zu denken und mich zu amüsieren. Wie hat Charlie gesagt? Makler sind schlimmer als Kakerlaken! Und wer will mit diesen Viechern schon etwas zu tun haben?
    Vor Suses Geschäft pusten ein paar Raucher dicke Wolken in die warme Abendluft. Innen drängelt sich eine Schar illustrer Gäste auf knapp einhundert Quadratmetern. Schwülwarme Luft schlägt mir beim Eintreten entgegen. Dem hohen Geräuschpegel nach scheint das aufgestylte Publikum in aufgekratzter Champagnerlaune zu sein. Kaum jemand beachtet die traumhafte Kollektion: Die Handtaschen sind wie wertvolle Museumsstücke in weißen Regalen oder beleuchteten Glasschaukästen ausgestellt. Ich dagegen sehe mich aufmerksam um.
    In der fast durchgehend schwarz gekleideten Menge entdecke ich sofort Lotte, deren Haarfarbe unübersehbar heraussticht. Neben ihr mein Vater, der vom Tablett einer Serviererin zwei Sektgläser nimmt.
    Als Lotte mich sieht, winkt sie mir aufgeregt zu. «Juhuuu!»
    Ich winke zurück und durchforste das Publikum nach Suse. Nach kurzem Suchen erblicke ich sie in der hinteren Ecke des Ladens im Gespräch. Ich versuche, mich durch Handzeichen bemerkbar zu machen, aber sie ist wohl zu sehr ins Gespräch vertieft, um es zu registrieren. Vorsichtig schlängle ich mich mit mehrfachem «Entschuldigung» durch die Geladenen.
    Einige Schritte weiter nehme ich unvermutet einen herb-frischen Duft wahr, der mich automatisch zusammenzucken lässt. Nein, das ist unmöglich, denke ich. Meine Sinne täuschen mich.
    Ich beruhige mich mit der Tatsache, dass es unzählige grauhaarige Männer mit Kurzhaarschnitt geben muss, die das gleiche Aftershave benutzen. Eilig will ich meinen Weg fortsetzen, um mich möglichst unauffällig an dem Graukopf im hellen Anzug vorbeizudrängeln. In der Sekunde höre ich trotz des Lärmpegels eine vertraute Stimme meinen Namen flüstern.
    «Rosy!»

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    23
    G eschockt bleibe ich stehen. Mein Magen verkrampft sich. Mein Hals kratzt. Panikgedanken rasen durch meinen Kopf wie Lichtblitze. Ich will ihn nicht sehen. Und schon gar nicht mit ihm reden. Ich will mir keine dünnen Ausreden oder Lügen anhören. Ich will nicht lächeln müssen, wenn mir zum Heulen zumute ist. Doch es ist längst zu spät. Langsam, mit klopfendem Herzen drehe ich mich zu ihm um.
    «Wie schön, dich zu sehen.» John lächelt unsicher.
    Beiläufig zwinge ich mich zu einem kühlen «Hallo», bemühe mich, seinem Blick auszuweichen, und wende mich sofort wieder zum Gehen. «Entschuldige, ich muss unbedingt meiner Freundin gratulieren.» Ich drehe mich weg und gebe vor, mich nach der Gastgeberin umzusehen.
    Sanft

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