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Sie kamen bis Konstantinopel

Sie kamen bis Konstantinopel

Titel: Sie kamen bis Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank S Becker
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zahlreich wie hier.«
    »Gut, dann sieh zu, was du in Erfahrung bringen kannst. Ich werde Kallinikos Gesellschaft leisten. Hier bringen mich keine zehn Pferde mehr hin!«
    Mit diesen Worten ließ sie Urso stehen und hinkte die Straße zum Dorf hinunter.
    Zwei Tage später saßen Pelagia und der Baumeister abends in einer Schänke. Als sie ihm von ihrem Erlebnis in der Simeonskirche erzählt hatte, war sein einziger Kommentar ein hingeknurrtes »Eben!« gewesen. Alle Versuche, mehr über ihn zu erfahren, prallten an einer Mauer des Schweigens ab. Doch als sie ihn an diesem Abend nach seiner Arbeit fragte, war er plötzlich wie ausgewechselt. So erfuhr sie zu ihrer Verblüffung, dass er nicht nur Baumeister war, sondern sich auch für alte Schriften aus der Hellenenzeit interessierte. In einer des Anthemios von Tralleis war er auf ein Verfahren zur Herstellung von brennbaren Gemischen gestoßen, die er durch eigene Versuche hatte verbessern können. Als Pelagia jedoch Einzelheiten wissen wollte, schaute er sie nur spöttisch an. »Das ist mein Geheimnis. Aber wenn du einmal jemanden triffst, der eine Hölle schaffen will, so kann ihm geholfen werden!«
    Als Pelagia gerade fragen wollte, was er damit meinte, trat Urso durch die Türe.
    »Ich habe einen Pilger aus Tarsos getroffen«, verkündete er freudestrahlend, »morgen wird er zurückreisen. Zusammen mit einigen Arabern der Banu Tahglib. Wir können uns anschließen. Nur den Weg über die Grenze müssen wir selbst finden.«
    »Na endlich«, seufzte Pelagia. »Aber was soll das mit den Arabern? Warum in der Gesellschaft von Sarazenen?«
    »Keine Sarazenen«, korrigierte sie Urso, »sondern Angehörige eines christlichen Stammes. Sie wollen ebenfalls weg. Ein Vertreter des Kalifen versucht derzeit, die Stammesführer zum Bleiben zu bewegen. Aber diese Familie steht zu ihrem Entschluss. Ihr Ziel ist Ankyra, wo bereits Verwandte leben.«
    »Was hältst du davon?«, wandte sich Pelagia an den schweigsamen Kallinikos, »kann man denen trauen?«
    »Das wissen wir«, knurrte der Angesprochene, »erst jenseits der Grenze!«
    ***
    Zwei Wochen später verließen acht Reisende eine Herberge in Tarsos. Kopfschüttelnd starrte der Wirt ihnen nach. Eine seltsame Gruppe, dachte der dickliche Mann bei sich, während er seine Hände vor dem Bauch faltete und den langsam davontrottenden Maultieren nachsah. Sein Schwager hatte sie ihm zugeführt, als er von der Pilgerfahrt zum Simeonskloster zurückgekehrt war: Den muskulösen Araber mit seiner üppigen, verschleierten Frau samt ihrer drei Söhne. Dazu der schweigsame, griesgrämig dreinblickende Glatzkopf, der jedoch eng befreundet schien mit dem stets heiteren Mann. Diesem Lockenkopf, der seine Umgebung mit einem seltsamen Sprachgemisch überschwemmte und sich aufmerksam um die letzte Reisende kümmerte, eine vielleicht dreißigjährige, leicht hinkende Frau mit schönen, regelmäßigen Gesichtszügen. Nach ihrem Ziel befragt, hatten alle sich sehr ausweichend geäußert. Der Wirt konnte sich jedoch denken, wohin die Reise gehen sollte, bekreuzigte sich und blickte zum Himmel, bevor er wieder in seiner Herberge verschwand. Seine alte Narbe schmerzte – ein untrügliches Zeichen dafür, dass das Wetter umschlagen würde. Vergeblich hatte er die Reisenden gewarnt …
    ***
    Als die Dämmerung hereinbrach, setzten die ersten Windstöße ein. Pelagia zog den Mantel fester um die Schultern und war froh um die Kapuze, die ihren Kopf bedeckte. Das schlechte Wetter machte ihr Angst, auch wenn es ihren Plänen förderlich sein würde. Am Stadtrand von Tarsos war der Führer zu ihnen gestoßen – ein erfahrener Mann, der seine Jugend mit dem Hüten von Ziegen verbracht hatte und nun Christen bei der Flucht aus dem Kalifenreich half. Noch folgten sie der geschotterten Straße, die sich das Tal entlang wand. Doch bald würden sie von ihren Maultieren absteigen müssen, um sich auf kleinen, nur den Hirten vertrauten Pfaden an den Grenzwachen vorbeizuschleichen. Davor graute es Pelagia, aber noch war es nicht soweit.
    Auf der Reise war viel Zeit gewesen, über ihr bisheriges Leben nachzusinnen. Oft hatte sie geglaubt, endlich am Ziel zu sein, und ebenso oft hatte ihr das Schicksal das Glück aus der Hand geschlagen. Doch diesmal, dessen war sie sich gewiss, diesmal würde es ihr gelingen. Anfangs hatte sie Angst vor einer Verfolgung durch Dauds Schergen gehabt. Aber jetzt wusste sie, dass ihre Rechnung aufgegangen war, dass seine Eitelkeit

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