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Sie kamen bis Konstantinopel

Sie kamen bis Konstantinopel

Titel: Sie kamen bis Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank S Becker
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irgendwo fragen«, entgegnete Padraich zurückhaltend.
    »Aber das ist falsch! Möchtest du denn deine heilige Anwesenheit an Unwürdige vergeuden?«
    Padraich musste gegen seinen Willen schmunzeln. »So heilig bin ich ja nun doch nicht. Ein Strohsack genügt.«
    »Ich wusste es ja«, stöhnte Kevin theatralisch und strich sich über den Bart, »das Milchgesicht muss noch viel lernen.« Er hob den Zeigefinger. »Solange du mit mir reist, ist das Beste gerade gut genug. Ein berühmter Barde, der von einem heiligen Mann begleitet wird – die können doch nicht irgendwo absteigen! Aber wenn dir das nicht passt, dann runter von meinem Wagen und zurück in den Schlamm!«, schloss er barsch und seine ausgestreckte Rechte wies nach vorne, in den peitschenden Regen, der auf die Rücken der Pferde prasselte.
    »Ich nehme an«, entgegnete Padraich, »dass du dir schon etwas ausgesucht hast?«
    »So wahr ich hier sitze. Mit etwas Glück kommen wir heute noch zu einem der größten Brüden auf der ganzen Insel.«
    »Einem was?«
    »Ach, ich sag's doch, im Kloster lernt man nichts! Das ist ein öffentliches Rasthaus, genau das Richtige für müde Reisende wie uns!«
    »Ich habe aber nichts zum Bezahlen.«
    »Das brauchst du auch nicht, alles ist frei. Dafür hat der berühmte Ri dieser Gegend dem Wirt immerhin zweihundert Kühe gestiftet, dazu das Haus. Na, bei so viel Gastfreundschaft lacht doch das Christenherz, oder?« Er lachte polternd.
    Padraich, der nicht wusste, was er mit dieser Information anfangen sollte, nickte nur. Dann zog er sein Büchlein heraus, schlug es auf und begann, halblaut zu lesen.
    »Wohl dem, der nicht wandelt
im Rat der Gottlosen
noch tritt auf den Weg der Sünder
Noch sitzt, da die Spötter sitzen …«
    »Was brabbelst du da?«, unterbrach ihn Kevins Stimme. »Hat da einer was gegen mich verfasst? Genau bei den Spöttern sitze ich nämlich!«
    »Das ist der erste Psalm Salomos«, seufzte Padraich und las von da ab so leise, dass der andere trotz gespitzter Ohren nichts mehr mitbekam. Die nächsten Stunden gelang es ihm, sich in den tröstenden Wohlklang der alten Worte zu versenken und die gelegentlichen Raunzereien des Barden zu überhören. Gegen Abend, als es wegen der grauen Wolkendecke schon früh dunkel wurde, erblickten sie ein Stück voraus ein schwankendes Licht. Beim Näherkommen erkannten sie, dass es eine Laterne war. Sie hing vor einem mit Schindeln gedeckten Haus, das an einer Wegkreuzung stand. Kevin sprang zu Boden und lief durch den Nieselregen zur Türe, die zwei geschnitzte Pfosten einrahmten. Dort nahm er einen kurzen Stab aus einer Nische und klopfte dreimal an. Ein rundlicher junger Mann öffnete und nach einer gestenreichen Unterhaltung rief der Barde mit feierlicher Stimme in Richtung des Wagens. »Komm, oh heiliger Mann, hier können wir weilen. Sogleich wird das heiße Bad unser harren.«
    Als Padraich vom Wagen stieg, sprang Sweeny mit einem großen Satz herunter und der Mönch bemerkte erstaunt, dass das Fell des Hundes blau gefärbt war. »Es war nicht leicht, weil alles voll ist«, flüsterte Kevin verschwörerisch, »und ich musste mächtig mit deinen Wundern prahlen. Aber jetzt bekommen wir jeder ein eigenes Bett. Mit Federkissen und so. Also, wenn nachts jemand zu dir krabbeln will, mein schönes Mönchlein, dann schmeiß ihn raus. Es sei denn«, bei diesen Worten hob er die Stimme, »es sei denn, dieses zauberhafte Kind hier besucht dich.« Dabei tätschelte Kevin die Wange einer jungen Magd, deren teigiges, sommersprossiges Gesicht sich bei dem Kompliment zu einem verlegenen Grinsen verzog.
    Padraich errötete und wollte schon etwas erwidern, entschloss sich jedoch, Kevin lieber unter vier Augen ins Gewissen zu reden. Als er durch die Türe trat, sah er in der Mitte des Raumes ein Feuer flackern, über dem ein großer Kessel hing. Darum herum saßen etwa zwei Dutzend Männer auf langen, mit Fellen bedeckten Truhen. Zu beiden Seiten der Halle waren kleine Bretterverschläge zu erkennen, vor denen jeweils eine Bank stand. Die Magd wies ihnen zwei Schlafkammern zu, die fast zur Gänze von großen Betten ausgefüllt wurden, und führte sie anschließend ins Badehaus. Nachdem sie sich in einem großen Holzzuber voll dampfenden Wassers gründlich mit Seife abgeschrubbt hatten, suchten sie sich einen Platz in der Halle. Die Magd brachte ihnen zwei Holzschalen mit Suppe, in der dicke Fleischbrocken schwammen. Dazu reichte sie Brot und zwei Humpen, randvoll mit rötlichem

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