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Sie kamen bis Konstantinopel

Sie kamen bis Konstantinopel

Titel: Sie kamen bis Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank S Becker
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die Schale ab. Die Männer am Feuer schwiegen, einige nickten zögernd.
    »Ich weiß es nicht, ich bin hier fremd. Erzähl es uns!«, rief der junge Kaufmann, der aus Damaskus stammte.
    »Ihr seid in El-Hidschr, einer einst mächtigen Stadt. Zu ihrem Volk, den Thamud, sandte Allah den Propheten Salih, der so zu ihnen sprach, wie es im Koran in der siebten Sura geschrieben steht. Ihr kennt sie gewiss?«
    Die Männer am Lagerfeuer nickten beflissen, doch Daud war während der Reise aufgefallen, dass bis auf Amr, Ammâr und noch einige andere Anführer die meisten Glaubenskämpfer das Wort Allahs nur sehr oberflächlich kannten.
    Der alte Mann fuhr fort: »O mein Volk, dienet Allah, ihr habt keinen Gott außer ihm. Schon kam zu euch ein deutlicher Beweis von unserem Herrn. Diese Kamelstute Allahs ist euch ein Zeichen, drum lasset sie weiden in Allahs Land und rühret sie nicht an zum Bösen, oder es trifft euch eine schmerzliche Strafe.«
    Der Geschichtenerzähler machte eine kurze Pause, bevor er mit beschwörender Stimme fortfuhr. »Was für eine Bewandtnis hatte es mit dieser Kamelstute? Ich will euch berichten, was damals geschah. So wie ich es von meinem Vater gehört habe, der es wiederum von seinem Vater erfuhr.«
    Der Alte richtete sich auf und sah ernst in die Runde.
    »Einst, als Salih bei ihnen predigte, gedachten die Thamud, ein großes Fest zu feiern. Dabei wollten sie zu ihren Göttern beten, während der Prophet Allah anrufen sollte, so dass man sehen könne, wer mehr Macht besäße. Und als der Tag gekommen war, da flehten die Heiden zu ihren Götzen, sie beteten und schrien und brachten ihre Opfer dar, junge Zicklein und ein weißes Kamel. Doch nichts geschah, so dass sie große Verzweiflung befiel. Da trat ihr Herrscher vor, ein Mann namens Jonda, und forderte den Propheten heraus. Sollte dein Gott wirklich so mächtig sein, wie du sagst, so lass ihn ein Wunder wirken. Wenn eine trächtige Kamelstute aus diesem Felsen dort geboren wird, so wollen wir uns zu deinem Allah bekehren und unseren Göttern abschwören!«
    Der alte Mann verstummte, nahm den Stock in die linke Hand und hob bedeutungsvoll die Rechte.
    »Salih flehte zu Allah, den Heiden seine Macht zu zeigen, und siehe, da begann der riesige Stein zu zucken wie eine Frau in den Wehen, riss in der Mitte auf und heraus trat eine trächtige Kamelstute. Noch heute könnt ihr den Spalt sehen, fragt nur nach al-Hauarah.« Er wies mit dem Stock auf eine Felsgruppe, die einige Hundert Schritt entfernt im dämmrigen Schein des vollen Mondes lag, der sich gerade hinter einer Wolke hervorgeschoben hatte.
    »Da erschrak der Fürst Jonda, fiel nieder und pries Allah. Und die Kamelstute ging zum Brunnen und trank alles Wasser, das da war, bis nichts mehr übrig blieb für das Volk. Dann lief sie durch die Stadt und rief: ›Wer auch immer Milch möchte, der komme zu mir und trinke!‹ Das verwunderte die Thamud sehr, und anfangs freuten sie sich über die Milch. Doch bald begannen sie zu murren, weil sie nur an den Tagen zum Brunnen gehen konnten, an denen die Stute nicht ging. So schnitten sie ihr heimlich die Sehnen durch, töteten die Hilflose und höhnten den Propheten, der sie gewarnt hatte. ›O Salih, bring uns das, was du uns drohst, so du ein Gesandter bist.‹ Das Füllen aber, das die Stute in ihrem Bauch getragen hatte, wurde im Augenblick ihres Todes unverletzt geboren und lief zu dem Felsen al-Hauarah. Dort verschwand es, ohne dass ein Sterblicher es je wieder zu Gesicht bekommen hätte …«
    Der Erzähler verstummte, ließ die Rechte sinken und fast schien es, als sei die Geschichte damit beendet. Doch er sprach weiter.
    »Salih ermahnte die Thamud, sie sollten drei Tage lang in ihren Häusern bleiben, allein sie lachten nur. Am dritten Tag aber drang ein schreckliches Donnern vom Himmel, die Erde bebte und alle Paläste, Tempel und Häuser der Stadt stürzten ein. Die Heiden wurden vertilgt bis auf Jonda und einige wenige, die den wahren Glauben angenommen hatten, und hinfort nannte man diese Stätte nach dem Propheten Madain Salih. Jetzt kennt ihr die Geschichte dieses verfluchten Ortes.«
    Der Alte bückte sich, hob seine Holzschale auf und ließ sie durch die Reihen gehen. Manche Münze fiel klirrend hinein, bis sie ihm wieder zurückgereicht wurde. Er bedankte sich und fügte hinzu: »Lasst es euch zur Mahnung dienen, bleibt stark im Glauben an Allah, und wer zweifelt, der möge im Koran nachlesen, wo es in der fünfzehnten Sura

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