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Sie kamen bis Konstantinopel

Sie kamen bis Konstantinopel

Titel: Sie kamen bis Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank S Becker
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ist ihr Pomp? Wo ist ihr Stolz? Wo die häufige und maßlose Lust? Es ist an ihr erfüllt, was wider das zerstörte Ninive vom Propheten gesagt wird: ›Wo ist die Wohnung der Löwen, und die Atzung der Löwenkinder?‹ Waren nicht ihre Feldherren und Fürsten die Löwen, welche durch die Länder der ganzen Welt rannten und mit wütender Mordlust die Beute entführten? Hier fanden die Jungen der Löwen ihre Speise: weil doch die Knaben und Jünglinge, die Kinder der Weltlustigen, hierher von allen Seiten zusammenliefen, wenn sie in dieser Welt ihr Glück machen wollten!«
    Als der Prediger erneut pausierte, um seine Worte wirken zu lassen, berührte Pelagia Patricius am Arm. »Ich muss hier raus«, flüsterte sie, »mir ist schwindelig. Ich warte draußen auf dich.«
    Er sah sie erstaunt an, nickte aber, und sie drängte sich durch die Menge der Gläubigen. Endlich hatte sie die runde Vorhalle erreicht, verfolgt von Worten, die sie wie Geißelhiebe trafen: »Doch siehe, nun ist die Stadt verödet, nun ist sie zerstört, und von Gestöhne niedergedrückt. Nun eilt niemand mehr zu ihr, in dieser Welt sein Glück zu machen …«
    Schwer atmend lehnte sie sich draußen an die riesige Bronzetüre, bis sie langsam Ruhe fand. Niemand sollte hier mehr sein Glück machen … Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so einsam und verlassen gefühlt, und sie sehnte den Augenblick herbei, in dem Patricius aus der Türe treten würde. Als er kam, war sie ihm dankbar für seinen Vorschlag, einen Spaziergang über das Forum zu machen, und stieg mit ihm zu einem Halbrund empor, das östlich in der Abendsonne aufragte. Urso hatte erzählt, dass dies einst die Märkte des Trajan gewesen seien, doch jetzt reihten sich hinter der Bogenfassade nur noch leere Räume. Ihnen gegenüber lag der Kapitolshügel, weiter links erstreckte sich der Palatin, überwuchert von den Palästen der einstigen römischen Kaiser.
    Pelagia sah Patricius verstohlen von der Seite an, bevor sie sich schließlich einen Ruck gab.
    »Du kommst aus einem irischen Kloster und bist aufgebrochen, die Heiden zu missionieren.«
    »Woher weißt du das?«
    »Von Urso. Aber jetzt bist du kein Mönch mehr, oder?«, fragte sie scheu.
    »Nein, Papst Martin hat mich von dem Gelübde entbunden«, er sah sie nachdenklich an. »Er meinte, ein Priester könne als Diener der Kirche mehr für den Glauben bewirken als ein Einsiedler.«
    Ohne sich den wahren Grund einzugestehen, freute sich Pelagia. Eine Weile standen sie schweigend beisammen und sahen zum Forum hinüber, das bereits im Schatten versank, während ein Stück rechts von ihnen die Kaiserstatue auf der Trajanssäule in der Abendsonne glänzte.
    »Wenn in drei Tagen der Kaiser nach Rom kommt …«, Pelagia nahm ihren ganzen Mut zusammen, »… wäre es möglich, ihm vorgestellt zu werden? Mein Urgroßonkel zweiten Grades, oder was Petronius auch immer sein mag, wird das wohl kaum zuwege bringen.«
    Patricius sah sie prüfend an und lächelte. »Der Basileus hat seine Familie in Konstantinopel zurückgelassen. Er wird fast nur von Höflingen, Staatsbeamten, Soldaten und Priestern begleitet. Eine schöne junge Frau kann er nicht übersehen.«
    Pelagia errötete, dann entgegnete sie unwirsch. »Ich will aber nicht als Zierrat oder gar noch Schlimmeres angesehen werden. Ich bin aus vornehmer Familie, spreche Griechisch und Latein, kann aus der Ilias und der Äneis rezitieren, sogar Kithara spielen …«
    »Natürlich, so habe ich das nicht gemeint«, beschwichtigte sie der Priester und legte ihr sanft die Hand auf die Schulter. »Der Exarch wird gewiss ein Bankett auf dem Palatin veranstalten, zu dem die Großen der Stadt geladen werden. Vielleicht kann ich dafür sorgen, dass Petronius eine Einladung erhält und dich mitbringen kann. Hab Geduld.«
    ***
    Zwei Tage später, am fünften Juli, strömte schon morgens eine unübersehbare Menge aus dem südlichen Stadttor. Bald war die gesamte Via Appia von Menschen gesäumt, die sich am Straßenrand drängten. Mütter hielten ihre Kinder im Arm, Greise stützten sich auf ihre Stöcke, Männer hatten ihre besten Tuniken angelegt, Bettler forderten zu christlicher Freigiebigkeit auf und fliegende Händler boten mit Wasser verdünnten Wein feil. Die Spitze der Menschenmenge bildeten der Papst und die Würdenträger der Stadt, die ihre besten Roben angelegt hatten, um am sechsten Meilenstein den Kaiser zu erwarten.
    Pelagia saß mit Patricius einige Dutzend Schritt entfernt auf dem

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