Sie kamen bis Konstantinopel
Christus vor goldglänzendem Hintergrund zeigte, und in diesem Augenblick war sie sich gewiss, dass Gott ihr gewähren würde, was sie sich ersehnte.
***
Die nächsten Tage bemühte sich Pelagia, möglichst oft dabei zu sein, wenn der Kaiser durch Rom zog, um wie ein gewöhnlicher Pilger eine Kirche nach der anderen aufzusuchen. Doch bald bemerkte sie irritiert, dass Konstans keineswegs nur von frommem Eifer erfüllt war. Mit geiergleichem Blick musterte er die Umgebung, und wenn seine Augen eine bronzene Figur bemerkten, die noch irgendwo zwischen den Trümmern aufragte, so genügte ein Wink, dass die Soldaten ausschwärmten, sie von ihrem Sockel rissen und zu einem Lagerhaus am Tiber schafften. Selbst die Reiterstatue des großen Konstantin vor dem päpstlichen Lateranpalast reizte seine Gier. Nur die flehentlichen Bitten des Papstes, zusammen mit den Zornesrufen und den geballten Fäusten der Volksmenge, ließen ihn von seinem Vorhaben zurückschrecken.
Dafür betrachtete Konstans umso eingehender die Kirche der Heiligen Maria zu den Märtyrern, das vormalige Pantheon, ging um den Rundbau und zeigte zuletzt auf das Dach. »Für die Bronzeziegel dort oben«, verkündete er und strich sich über den Bart, »haben wir eine bessere Verwendung. Holt Leitern und nehmt sie herunter!« Dann betrat er mit spöttischem Siegerlächeln die Kirche, gefolgt von dem gebeugten Papst, der genauso wenig zu protestieren wagte wie die umstehenden Kleriker, Mönche und Vornehmen der Stadt.
Am Samstag, als der allerchristlichste Herrscher schon zehn Tage in der Stadt weilte und sie, wie das Volk grollte, gründlicher ausgeraubt hatte als all die Barbaren zuvor, sollte am Abend ein großes Festbankett in der Vigiliusbasilika des Lateranpalasts stattfinden. Der Kaiser, so hieß es, wolle Rom bald wieder verlassen, um seine Residenz in Syrakus aufzuschlagen. Pelagia hatte diese Nachricht mit gemischten Gefühlen aufgenommen, lag doch Sizilien näher an ihrer Heimatstadt Karthago. Und da sie noch immer nicht dem Kaiser vorgestellt worden war, wuchs ihre Verzweiflung und sie bedrängte Patricius, der sie morgens im Haus des Senators besuchte, unbedingt einen Weg zu finden, an dem Bankett teilnehmen zu können.
»Willst du wirklich an den Kaiserhof?«, fragte der Priester, die Hände verschränkt. »Allem zum Trotz, was du gesehen hast?«
»Ja«, antwortete die junge Frau heftig und griff nach dem Siegel, das sie an der Kette aus blauen Glasperlen um den Hals trug. »Ich muss auf mein Glück bauen. Das ist meine einzige Möglichkeit.« Sie seufzte. »Wenn ich nur kostbaren Schmuck hätte, wenigstens ein Perldiadem oder goldene Ohrringe …«
»Deine Schönheit macht das wett!«, entfuhr es Patricius, der sich gleich darauf verlegen das Kinn rieb und zu Boden blickte.
Doch Pelagia strahlte ihn nur an. »Meinst du? Was könnte ich tun, um den Kaiser zu beeindrucken?«
»Es ist ein feierliches Bankett. Ich könnte dich als Übersetzerin einführen, denn kaum ein Römer spricht mehr Griechisch und der Kaiser versteht, wie schon gesagt, kein Latein. Lass mich nachdenken …« Patricius legte die Stirn in Falten, dann hellte sich seine Miene auf. »Sei eine Stunde vor Sonnenuntergang am Lateranpalast, zusammen mit Petronius.«
»Danke!!« Es fehlte nicht viel, und das Mädchen hätte ihn umarmt. »Du machst mich überglücklich!«
Kapitel 7
Tod in Daphne
(668 n. Chr.)
»Jahrelang bedrückte er das Volk, die Pächter und Landbesitzer der Provinzen Calabrien, Sizilien, Afrika und Sardinien durch Abgaben auf Ländereien, durch Kopfsteuern und Frachtzölle mit nie zuvor gekannten Härten, sodass Frauen von ihren Männern und Söhne von ihren Eltern getrennt wurden; soviel zuvor Unerhörtes erlitten sie, dass niemand mehr hoffte, auch nur zu überleben. Er ließ sogar die Kelche und die Gerätschaften aus Gottes heiligen Kirchen wegschleppen, so dass nichts zurückblieb.«
Das Buch der Päpste über Kaiser Konstans
Die Frau zögerte, dann nahm sie erneut einen der blutroten Korallenäste und hielt ihn prüfend hoch. Der Mann, der auf der anderen Seite des Tisches saß, beobachtete sie mit zusammengekniffenen Augen. Er trommelte mit den Fingern auf die Holzplatte und runzelte die sonnenverbrannte Stirne.
»Was soll das Ganze?«, entfuhr es ihm schließlich. »Das ist beste Ware, selbst getaucht! Von meinem Sohn und mir«, ergänzte er und strich mit sichtlichem Stolz durch das Haar des etwa fünfzehnjährigen, dunkel gelockten Jungen,
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