Sie kannten keine Gnade - Western (German Edition)
trat ein, ein schneidiger Major. Big Sam saß auf dem Stuhl für den Angeklagten. Er erkannte den Mann sofort wieder. Es war der Offizier, der ihn verhaftet hatte.
Big Sam wandte sich um und blickte über die Stuhlreihen nach hinten. Er winkte mit seiner Rechten. Die Kette an seinen Handschellen rasselte.
Little Sammy saß auf einem Stuhl in der letzten Reihe. Er die Beine baumeln und winkte zurück. Sammy war bei der Familie des örtlichen Reverend untergekommen. Nun saß er neben dessen Frau, die alle Sister Parson nannten. Sister Parson verströmte noch aus dem letzten Knopfloch warme Muttergüte.
Richter Holbrook zog seine silberne Uhr aus der Westentasche. "In zwei Stunden muß ich weiter." Er seufzte und zog einen kleinen Holzhammer und ein paar dicke Bücher hervor. "Bringen wir's hinter uns." Sein Hämmerchen knallte auf den Tisch. "Die Sitzung ist eröffnet. Sheriff, was haben Sie heute für mich?"
Der Sheriff erhob sich. "Einen Totschläger, euer Ehren."
"Oh", sagte Richter Holbrook. "Mal was anderes."
"Hier ist die Anklageschrift." Der Sheriff reichte sie dem Richter. Dann schilderte er die Situation, wie er sie von dem Kavalleriemajor gehört hatte. Der saß in der ersten Reihe, hörte zu und nickte bedächtig.
"Die geforderte Strafe?" fragte der Richter.
Der Major ergriff das Wort, "Die Anklage fordert, Tod durch den Strang." Der Kavallerist erhob sich und übernahm die Rolle des Staatsanwalts. Steif stolzierte er vor dem Richtertisch auf und ab und beschuldigte Big Sam der wüstesten Verbrechen. "Ehrbare Männer hat er getötet! Gemeuchelt! Fleißige Bürger unseres aufstrebenden Landes. Sie hatten die gesamten Ersparnisse ihres Lebens in ihren Satteltaschen. Auf die hatte es der Angeklagte wohl abgesehen."
"Meinen Mann hat er nicht getötet", sagte die Siedlerfrau, als sie auf dem Zeugenstuhl saß. "Das war ein anderer." Sie erklärte, wie das Scharmützel aus ihrer Sicht verlaufen war. Sie schilderte auch die Flucht Art Ratcliffs und seiner Banditen.
Richter Holbrook studierte ein kleines Buch in seinen Händen. Darin standen auf geraden Zeilen viele Zahlen geschrieben. Er wandte sich schließlich an Big Sam. "Sie weisen sich mit ihrem alten Ranger-Soldbuch aus. Der Stempel ist echt. Sie sind also mal für Texas geritten. Sie wissen demnach, wie der Hase läuft. Wollen Sie aussagen?"
"Sehr gern, euer Ehren." Sam erhob sich.
"Sehr gut", sagte Richter Holbrook. "Wir haben drei tote Fremde, Mann. Ich möchte von Ihnen wissen, warum."
"Die Männer waren Teil einer Bande", erklärte Big Sam. "Sie hatte meinen Sohn entführt. Er sitzt dort hinten. Der kleine Blonde. Ich hab ihn mir wiedergeholt." Sam fuhr fort, die Ereignisse der letzten Wochen wahrheitsgetreu wiederzugeben. Er teilte mit, was er wußte. "Außerdem handelt es sich bei den Toten um Bankräuber, daher das viele Geld in den Satteltaschen."
Ein Raunen ging durch den Saal.
"Hmm." Richter Holbrook tippte sich mit dem Zeigefinger auf die Lippen. "Das würde immerhin erklären, warum jeder von denen dreitausend Dollar dabei hatte. Ein bißchen viel für gewöhnliche Viehtreiber. Gibt es Bilder von den Toten?"
"Die gibt es, euer Ehren", sagte der Sheriff. Er winkte einem Deputy. Der ging hinüber zum Office auf der anderen Straßenseite.
"Ersparnisse!" warf der Major ein. "Bei dem Geld handelt es sich um das Gesparte rechtschaffener Leute."
"Das sagten sie schon", sagte Richter Holbrook. "Aber wir wollen's uns mal nicht zu leicht machen, wenn's drum geht, jemanden an den Galgen zu bringen." Er wandte sich Big Sam zu. "Erzählen Sie uns ein wenig von sich", lud er den Angeklagten ein. Sam folgte seiner Aufforderung.
Der Deputy kehrte zurück und der Sheriff händigte dem Richter die Zeichnungen der Toten aus.
"Das ist der Siedler?" sagte Richter Holbrook.
Die Witwe bejahte.
"Nathanael McIntre. Möge er in Frieden ruhen." Er blätterte weiter, hielt inne, knallte die Bilder der beiden Bandoleros nebeneinander auf den Tisch. "Major", knurrte er. "Diese Männer sind eindeutig Gesindel. Wann hat die Armee ihre Liebe für mexikanisches Raubgesindel entdeckt?"
"Die Unschuldsvermutung", schoß der Major zurück. "Die gilt auch für Personen dieser Art."
"Und erst recht für unseren ehemaligen Ranger hier."
"Dessen Unrechtsbewußtsein ist unausgeprägt", sagte der uniformierte Ankläger steif. "Er siedelt unerlaubterweise im Indianergebiet."
"Ach, kommen Sie", sagte der Richter. "Wenn ihn die Indsmen lassen, was geht das uns an?"
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