Sie kannten keine Gnade - Western (German Edition)
seinen Sohn suchte und fand. Nun sind Big Sams Frau und Tochter weg. Wer weiß, wo diese nun sind? Sicher leben sie noch. Auch hat er immerhin seinen Sohn wieder."
"Hugh", sagte die Gemeinde dumpf.
Sequoiah Watts fuhr fort. "Du sagst, Reverend, dein Sohn ist tot. Was nun? Ich sage, das Böse muß mit dem Guten überwunden werden. Du sagst, Reverend, wie mag das gehen? Ich sage, manchmal besteht die Notwendigkeit, das Böse zu bestrafen, bevor es überhand nimmt. Manchmal überwindet man das Böse, indem man das Böse auslöscht!"
"Hugh!" riefen einige der Jüngeren. Die Frauen summten traurig.
Big Sam blickte auf.
Reverend Sequoiah Watts hatte sich warmgepredigt. "Sagt das Wort Gottes nicht, 'Fürchte dich vor der Obrigkeit. Denn sie trägt das Schwert nicht umsonst. Sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe für den, der Böses tut.'"
Die Finger von Reverend Sequoiah krallten sich in die Kanten der Kanzel. "Gemeinde", rief er. "Mit einem Schwert streicht man keine Butter aufs Brot! Mit einem Schwert straft man! Die Obrigkeit darf strafen! Erst recht darf sie Mörder strafen. Sie wird selbst schuldig, wenn sie die nicht straft!"
Reverend Sequoiah Watts wischte sich über den Mund. Dann fuhr er fort, "Du sagst, Reverend, wer ist im Territory die Obrigkeit? Ich sage, die Obrigkeit sind hier all jene, die das Böse sehen und etwas dagegen tun."
"Hugh!" sagte die Gemeinde.
"Big Sam und ich werden reiten", sagte Reverend Sequoiah. "Wir werden reiten und die Übeltäter finden. Wir werden Frau Sarah und Tochter Mary befreien. Wir werden die Mörder finden und binden, und uns hinsetzen und das Gesetzbuch der Indian Nation aufschlagen. Wir werden sehen, was das Gesetz für Strafen für Menschenraub und Mord vorsieht. Dann werden wir die Strafen vollstrecken. Und wenn Blut fließt, dann soll es so sein. Denn alle, vom Schwert leben, werden durchs Schwert umkommen. Dann ist Zacharys Blut gesühnt."
Nach dem Gottesdienst standen die aufgewühlten Männer Tulseys um Reverend Sequoiah Watts und Big Sam herum.
Big Sam erklärte, "Die Mörder, die meine Frau und meine Tochter mitgenommen haben, sind dieselben, die Sammy entführt haben. Ich habe die Bande in Texas gestellt und den Bruder ihres Anführers erschossen. Und ich habe dem Comanchen den Arm zerschossen. Nun haben sie Rache geübt."
"Du hast dir nichts vorzuwerfen", sagte Reverend Sequoiah Watts. "Jeder von uns hätte genauso gehandelt. Der Comanche kann von Glück sagen, daß er noch lebt. Du hättest ihn töten können."
"Sicher." Big Sam nickte.
"Nun hat er sein Schicksal besiegelt", sagte der Reverend.
Der Zorn der Bürger war siedend heiß. "Die Mörder sind noch nicht weit", sagten sie. "Wir formen eine Posse und jagen sie. Das ist das Mindeste, was Zach und die Frauen verdient haben."
Big Sam und der Reverend versuchten den aufgebrachten Bürgern die Sache auszureden. Schließlich hatten die Mörder, wie es aussah, zwei Geiseln dabei. Doch die Erntezeit war vorüber, der Winter stand vor der Tür und die Männer hatten ein paar Tage Zeit. Sie ließen sich nicht abweisen. Reverend Sequoiah und Big Sam gaben endlich nach. So trafen alle ihre Vorbereitungen. Sammy sollte bei der Familie des Reverend bleiben, wie zuvor Sarah und Little Mary.
Um Sequoiahs Gemeinde kümmerte sich nun seine Frau. Sie war dagegen, daß er ritt. "Wenn dir nun auch etwas zustößt", jammerte sie.
"Frau", sagte er sanft. "Hast du nie gelesen, daß die Feigen nicht besser sind wie die mit Greueln Befleckten und die Mörder? Die Feigen wie die Mörder gehen in den Feuersee." Er ergriff seine Winchester. "Diese Zeit erträgt keine feigen Männer." Reverend Sequoiah trat ins Freie, wo sein gesattelter Rappe wartete.
Sie zogen los.
Zunächst ging's über die Prärie nach Süden. Dann in die Wälder des Ostens. Als sich nach einer ganzen Woche noch keinerlei Erfolg eingestellt hatte, kehrten die enttäuschten Bürger nach Tulsey zurück.
Reverend Sequoiah Watts und Big Sam Sampson klappten die Krägen ihrer Mäntel hoch und zogen allein weiter.
*
"Das ist kein Leben", sagte Isabella Gutierrez. Sie saß am Feuer und blies in ihre klammen Fäuste. Über ihr hing der nachtschwarze Himmel. Die tiefliegenden Wolken schienen ihre finsteren Bäuche an der Erde reiben zu wollen.
"Es ist fast Dezember", sagte sie. "Bald fängt es an zu schneien und wir schlafen hier jede Nacht in lumpigen Armeezelten. Wir holen uns hier draußen noch den Tod. Dabei sind wir reich
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