"Sie koennen aber gut Deutsch!"
integrieren. Ein Vorzeigeausländer wird meist nicht in seinem Zuhause gezeigt, weil das langweilig wäre, weil sein Zuhause ähnlich aussieht wie Ihres, sondern in einem Studio sitzend und mit anderen â Deutschen â über Integration diskutierend, denn sein Deutsch ist ja gut genug dafür, wow! Er diskutiert immer über Integration, so, als hätten Menschen, die sich erfolgreich integriert haben und entsprechend auch sehr erfolgreich in ihrem Beruf sind, zu anderen Themen nichts zu sagen. Meist sprechen die in den Talkrunden sitzenden Migranten sogar ein schöneres, weil bewussteres Deutsch als ihre Mitdiskutanten.
Und zwischen den beiden Polen Integrationsunwilliger und Vorzeigeausländer? Nichts! Zwischen den beiden Polen ein groÃes, schwarzes Loch, also ein Nichts, in dem auch niemand lebt, und die Botschaft, die die Medien vermitteln, ist die: Migranten wollen sich nicht integrieren, auÃer dem hier, der ist ganz brav. Patsch, patsch, feiner Migrant! (Umso besser noch, wenn dieser Migrant Aussagen trifft, die sich gegen die andere Kategorie richten, also diejenigen, denen man ebendiese Integrationsunwilligkeit, wenn nicht gar -unfähigkeit
gerne vorwirft. Dann kann man sich bei ihm noch für das Freiticket in den mit Vorurteilen gepflasterten Beschwerdehimmel bedanken: Sogar der (die) hat das im Fernsehen gesagt, und der (die) kennt sich ja aus, der (die) kennt DIE Türken ja ziemlich gut!)
Würde diese mediale Wirklichkeit der tatsächlichen entsprechen, hätte ich auch Angst. Zumindest lassen sich viele Ãngste hierzulande dadurch erklären: Sowohl die Angst vor Menschen, die hier leben, hier gar Sozialleistungen beziehen, aber offensichtlich kein Interesse an diesem Land haben. Die ihren Kindern Werte vermitteln, die auf den ersten Blick wenig mit denen gemein haben, die uns etwas bedeuten, diese Menschen, die immer mehr werden, wie man an der die Kopftuch tragende Frau umringenden Kinderschar sieht. Als auch die unbewusstere, seltener laut oder öffentlich geäuÃerte Angst vor dem Abstieg. Die Angst davor, dass Migranten, wie die, die da in einem schönen, gewählten Deutsch mit den hochrangigsten deutschen Intellektuellen, Wissenschaftlern, Politikern, Publizisten diskutieren, die etwas zu sagen und zu erzählen haben, die es ins Fernsehen geschafft haben, vielleicht dann doch mehr bekommen als man selbst. Mehr wovon? Egal, mehr Geld, mehr Erfolg, mehr Arbeitsstellen, mehr Anerkennung, mehr Macht, mehr als man selbst aber auf jeden Fall. Diese Ãngste werden durch das verzerrte Medien-Bild, das wir tagtäglich vorgesetzt bekommen, gepflegt, geschürt und gesteigert, und das mit groÃem Erfolg. Die mediale Realität ersetzt den Alltag.
Warum aber ist diese mediale Realität so verzerrt? Weil sich die Medien gegen Menschen mit Migrationshintergrund verschworen haben? Selbstverständlich nicht. Es ist ihr vermeintlicher Job, über Randphänomene zu berichten statt über die langweilige Mitte. Man könnte auch sagen: über auÃergewöhnliche
Ereignisse und Menschen, über schockierende Ereignisse anstatt über den Alltag. Das ist an sich nicht verwerflich, sondern kundenorientiert: Jeder von uns wollte sich über die Anschläge in Norwegen informieren, aber kaum einer hätte sich an einem anderen Tag für einen Bericht über den alltäglichen Einkaufstrubel in Oslos Innenstadt interessiert. Die gute, alte Journalisten-Regel »Bad news is good news« funktioniert immer, das ist die profane Erklärung für das Medienverhalten. Nur das Bild, das in den deutschen Medien im Zusammenhang mit Menschen mit Migrationshintergrund (was für ein Zeilenfüller, dieser Begriff!) gezeichnet wird, ist leider nicht das »der Ausnahmefälle von Menschen mit Migrationshintergrund«, sondern wird uns als allumfassende Wirklichkeit vermittelt. Und die wäre ja schon wieder verwerflich-langweilig, wenn man den Berichten über die kriminellen Jugendlichen, die auch noch schlecht Deutsch sprechen und die Hauptschule abgebrochen haben, hinzufügen würde: Das sind übrigens Ausnahmen von der Regel. Die kompletten Integrationsverweigerer mit ihrem möglicherweise sogar islamistischen Hintergrund sind genauso eine Randerscheinung wie die absoluten Ãberflieger, die klug-hübsch-erfolgreich-selbstbewusst-charmanten Aufsteiger ohne jegliche Identitätsprobleme. So wie das übrigens in jeder
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