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Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Titel: Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Roux
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stehe am Scheideweg. Vor mir liegt eine Tat, die ich verabscheue.
    »Ich muss gehen«, sage ich. »Bitte schaff es hier raus. Und bitte beschütze meine Freunde.«
    »Ich werde dich wiedersehen.«
    »Ja«, erwidere ich. »Das wirst du.«
    Ich springe hinter dem Pick-up hervor und gehe auf die Jeeps zu, nehme Geschwindigkeit auf, marschiere, so schnell ich kann, ohne zu rennen. Ich komme an der Axt vorbei und lasse sie liegen. Sie können es auf meinem Gesicht lesen. Ich weiß, sie sehen es. Ein Mann in Schwarzbarts Wagen dreht sich und beobachtet mich mit zusammengekniffenen Augen durch die Windschutzscheibe. Es fühlt sich an, als würde ich eine Grenze überschreiten, ein neues Land mit neuen Gesetzen betreten …
    »Hey, hey, hey! «, ruft Schwarzbart und klettert herum, um mich im Visier zu behalten. »Nicht so schnell.«
    »Ganz ruhig. Meine Güte. Er will nicht mitkommen«, sage ich mit unbewegtem Gesicht. Ich habe die Fahrerseite des Jeeps erreicht. Schwarzbart hat sich hingesetzt, um mir direkt in die Augen zu sehen. »Da er nicht mitkommt, werde ich dich zu ihm bringen, das ist nur fair.«
    »Du bist kaltblütig«, sagt Schwarzbart und mustert mich mit neuer Bewunderung. Er hebt eine Hand, und der Rest seiner Männer scheint sich zu entspannen. »Du bist verdammt kaltblütig.«
    »Er ist ein einarmiger Arzt. Was zum Teufel soll ich mit einem einarmigen Arzt anfangen?«
    Schwarzbart wird schon wissen, was wir im Namen des Überlebens tun. Und was aus uns geworden ist.
    »Magst du Captain America?«, frage ich, als er aus dem Jeep steigt. Ich halte die Tür für ihn auf und trete dann beiseite, nur ein bisschen, sodass ich zwischen ihm und dem Wagen stehe. »Ich stell mir vor, du bist so einer.«
    »Wovon zur Hölle redest du, Schlampe …«
    »Ich selbst bin kein großer Fan, aber ich erinnere mich an diesen einen Streifen. Ich werde nie vergessen, als er sagt: ›Deine Aufgabe ist es, fest wie ein Baum am Fluss der Wahrheit zu stehen und der ganzen Welt zu sagen: Nein …‹«
    Bang – bang!
    »Ihr müsst euch ändern!‹«
    Keine Munition mehr, Zeit fürs große Finale. Ich grabe meine Hand in das Tütchen, nehme so viel Pulver, wie ich kann, und schleudere es auf Schwarzbart. Es trifft ihn ins Gesicht, in die Augen und knistert wie eine Tüte Brausepulver. Sein Fleisch wirft Blasen und platzt auf. Ich trete ihn in den Magen – ein herzerwärmender Steven-Seagal-Moment. Die anderen Männer versuchen, zum Schuss zu kommen, ohne ihren furchtlosen Führer zu treffen, der schreit und sich die Hände vor sein schmelzendes Gesicht drückt.
    Es ist zu spät.
    Ich sitze im Jeep, haue den Rückwärtsgang rein und trample aufs Gaspedal. Das Radio brüllt los, was nicht sehr hilfreich ist, denn mein Herz steht kurz davor zu explodieren. Ich kille das Radio, während der Jeep einen Satz rückwärts macht. Dann trete ich auf die Bremse, drehe um neunzig Grad und fahre los. Ich bin sicher, dass sie alle kurz in Panik geraten, sich fragen, ob sie mich oder die Flüchtlinge verfolgen sollen. Sie wählen mich.
    Drei Menschen tot, damit zehn andere überleben können – elf, falls ich es irgendwie schaffe, hier lebend rauszukommen. Das Gewehrfeuer folgt mir, Geschosse treffen den Rahmen des Jeeps, singen auf dem Metall wie ein Xylophonhammer. Ich höre, wie der Molotowcocktail explodiert, aber Julian hat nicht getroffen, und die anderen beiden bleiben an mir dran, nicht weit genug weg. Ich ziehe das Tütchen Lauge aus meiner Tasche und werfe es aus dem Fenster. Ich werfe auch die Handschuhe raus. Jetzt muss ich nur noch das Kino finden.
    Dort drüben. Auf der anderen Seite der Parallelstraße, vielleicht einen Kilometer entfernt .
    Wo ist das Scheißding? Ich kurve um eine Ecke, schlage hart ein, um einem Minivan auszuweichen, der auf der Straße steht. Der tote Landwehrmann auf dem Beifahrersitz poltert gegen die Windschutzscheibe, ein Bach von Blut fließt aus dem Einschussloch in seiner Stirn, sein Schädel schlägt an das Glas. Die Sattelschlepper stehen jetzt links von mir, und ich erkenne flüchtig die Tür, durch die ich hineingeschlichen bin, um Julian zu holen. Im Rückspiegel sehe ich, dass einer der Wagen zurückfällt. Ein Hinterreifen hängt durch. Julians Cocktail muss immerhin ein oder zwei Schrauben hineingeschossen haben, und jetzt können sie mit ihren Kameraden kaum noch Schritt halten.
    Der Wal-Mart scheint nicht enden zu wollen, die Straße verläuft dicht an seiner Rückseite entlang. Eine geteilte

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