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Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Titel: Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Roux
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zwei meiner Leute umgebracht«, ruft Schwarzbart mit dem Handrücken unter seiner Nase. Ich kann den Druck der Waffen fühlen, die Hitze von acht oder neun Gewehren, die auf mich zielen. Zielen, um zu töten.
    »Ihr habt zuerst geschossen!«, brülle ich zurück. Ich weiß nicht mal genau, ob sie böse Männer sind, aber ich habe den Verdacht. Sie hätten uns alle niedergeschossen, Leute getötet, die stattdessen ihre Verbündeten sein könnten. Ich blicke in ihre Gesichter, in ihre angespannten, wütenden Augen und frage mich: Wer ist der Feind?
    »Wo ist der Arzt?«
    »Wir haben ihn«, sage ich und rufe über meine Schulter: »Julian! Wink den netten Männern!«
    Eine Hand ragt hinter der Ladefläche hoch, Julians Hand. Sie wackelt vor und zurück wie die Rute eines Welpen.
    »Pass auf, Bürger «, sage ich, inzwischen nah genug, um nicht mehr brüllen zu müssen. »Wir können das wie zivilisierte Menschen regeln. Hier sind unschuldige Leute. Wenn ihr sie gehen lasst, gebe ich euch den Doktor. Das ist ein fairer Handel. Diese Leute haben nichts damit zu tun. Ich habe ihn gerettet.«
    »Wie Zivilisierte, ja?«, entgegnet Schwarzbart und gluckst amüsiert. Auf seinem Schnurrbart glitzert ein dünnes Rinnsal Schnodder. Ich kann nicht aufhören hinzustarren. »Ich glaube, dafür ist es ein bisschen spät. Wir wollen, was uns gehört. Unsere Kon-ter-bande .«
    Der Wind dreht und drückt den schwarzen Rauch über die Haube des Humvee direkt in meine Augen. Wundervoll.
    »Wie ich schon sagte, niemand sonst muss verletzt werden«, sage ich und nutze die Gelegenheit, um ein Stückchen näher zu rücken. Ich prüfe die Jeeps: Zwei Mann im ersten, drei (einschließlich Schwarzbart) im mittleren und zwei im dritten. Jetzt weiß ich es … wenn wir nur mehr Munition hätten. »Ich hole ihn euch, okay? Nur erschießt keinen. Ich hole euch eure Konterbande.«
    »Schon besser«, sagt Schwarzbart und grinst wieder mit seinem Haifischmaul. »Schon viel besser.«
    Ich gehe rückwärts und lasse die Landwehr nicht aus den Augen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das alle sind. Es müssen noch mehr im Wal-Mart sein, aber das spielt keine Rolle. Sie haben ihre Hand ausgespielt, und nun ist es an mir, meine Karten auf den Tisch zu legen.
    Als ich den Pick-up erreiche, erwartet mich Julian mit einem frostigen Blick.
    »Sch-scht«, flüstere ich und knie mich neben ihn. »Beruhige dich. Ich will dich nicht ausliefern.«
    »Und was soll das dann alles?«, zischt er und rückt mit dem Gesicht nah an meins.
    »Ich musste sehen, wie viele es sind. Wir müssen jetzt erfinderisch werden. Bleib einfach hier und wirf verdammt noch mal nichts von dem Zeug, solange ich da draußen bin. Wenn du ein wildes Durcheinander hörst, versuch einen der Wagen auszuschalten. Danach gehst du den anderen nach, in die entgegengesetzte Richtung. Entgegengesetzte Richtung, verstanden?«
    »Wir haben nichts, womit wir kämpfen können, sie werden uns einfach plattmachen.«
    »Nein, werden sie nicht. Vertrau mir einfach, du wirst schon sehen. Hast du die Tüte?«
    Er reicht sie mir. In der Hocke drehe ich mich so, dass er meine rechte Seite vor sich hat. »Halt jetzt meine Hosentasche auf.«
    »Ja, sicher«, sagt er und lächelt traurig, »netter Versuch.«
    »Hör mal, Schätzchen, wenn ich wollte, dass du mir den Schritt massierst, würde ich einfach fragen.«
    Julian zieht meine Jeanstasche so weit wie möglich auf und hält sie fest, seine Finger stecken immer noch in den Arbeitshandschuhen. Seine Hand zittert stark. Der Wind hat zugenommen, lässt unsere Kleider und Haare flattern, aber im Windschatten ist das Pulver sicher.
    »Das reicht«, sage ich. »Das reicht.«
    Ich hole tief Luft, nehme das Tütchen und lasse es in meine Tasche gleiten, wobei ich darauf achte, dass die Öffnung nach oben zeigt. Mit den stumpfen Fleecehandschuhen fällt das ziemlich schwer, aber jetzt ist keine Zeit für Fehler und keine Zeit zum Zögern.
    »So«, sage ich, und Julian lässt meine Tasche los. Ich nehme die Pistole von der Heckklappe und stecke sie hinten in den Hosenbund, dann ziehe ich mein T-Shirt herunter, bis ich sicher bin, dass sie gut verborgen ist.
    Ich sehe Julian an, das verzweifelte kleine Lächeln, das immer noch Grübchen in seine Wangen furcht. Ich kann nicht sagen, ob er gleich weint oder mich schlägt. Er hat sich verändert, wirkt verletzlicher. Fast sehe ich, wie er als kleiner Junge war, als Kind. Auch ich fühle mich unschuldig und verängstigt. Ich

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