Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)
Fahrbahn mit einem Betonstreifen in der Mitte, der alle zwei Meter mit einem Baum oder Busch bepflanzt ist. Durch die kahlen Bäume sehe ich die Ecke des Wal-Mart und dahinter einen Abschnitt Straße sowie eine Kreuzung. Autos stehen wild über die Straße verstreut, alles erinnert an ein auf den Boden gefallenes Kartenspiel. Meine Brust schmerzt, aber ich weiß nicht, ob das von meiner gebrochenen Rippe kommt oder vom Herzschlag. Mir bleibt nichts anderes übrig als weiterzumachen, vorwärts, diese gewalttätigen Neandertaler auf die Knie zwingen …
Hinter einem Promenadenweg schießt ein helles Vordach hervor. Die marineblaue und gelbe Anzeige kündigt irgendeinen Film an, sieht aber eher aus wie eine Glücksrad-Aufgabe. Die meisten Lettern fehlen, zu viele, um erraten zu können, welcher Film das gewesen sein könnte. Ich versuche, noch fester aufs Pedal zu treten, aber es hat den Boden schon erreicht. Jetzt höre ich Stöhnen und Fluchen auf dem Rücksitz.
Ich muss wirklich zielen üben.
Der Mann setzt sich auf und greift nach mir, als wir den überfüllten Parkplatz des Kinos erreichen. Er wirkt, als sei wegen eines aufregenden neuen Blockbusters die halbe Stadt hier erschienen. Mich beschleicht das Gefühl, dass Maria recht hatte. Haufenweise Autos hier draußen, das bedeutet Hunderte von Leuten – untoten Leuten – da drinnen.
Der Landwehrmann versucht, von hinten mit einer Hand ins Lenkrad zu greifen, die andere tastet nach seiner Waffe. Ich ducke mich, bleibe unten, während wir die offene Schneise zum Kinoeingang entlangrasen. Bei dieser Geschwindigkeit schlagen wir in der nächsten Minute in die Tür ein. Da ist der Klang automatischer Waffen, die von hinten den Jeep beharken, und ein Brechreiz weckender Ruck, als der Hinterreifen getroffen wird. Da er das Lenkrad nicht erreicht, greift er nach meinem Hals. Seine Finger rutschen von meiner Kehle ab, nass von seinem Blut. Sosehr ich auch kämpfe, er kratzt mich, krallt … wir müssen es schaffen, wir müssen weiter …
Ich ramme einen Ellenbogen in Richtung des Kerls, ziele auf sein Gesicht, treffe nur die Schulter. Ein Schuss löst sich, und dem dünnen Schwirren nach zu urteilen geht der Schuss kaum einen Zentimeter an meinem Kopf vorbei. Vor uns ragt das Kino auf, das Vordach verschwindet, als wir unter der überhängenden Dekoration durchrasen. Es ist keine Zeit mehr, den Kerl zu stoppen, keine Zeit, mich zu wehren. Ich lasse meinen Gurt einrasten und sehe, wie die Türen auf uns zurasen, wie der Jeep hinter uns näher und näher kommt …
Ich hefte meinen Blick auf die wandernde Tachonadel.
75 k m / h… 80 k m / h … 90 k m / h…
Der Aufprall wirft mich nach vorne, der Airbag explodiert an meinen Wangen, als die Türen des Kinos vor dem Jeep nach innen wegbrechen. Das Fahrzeug scheint förmlich hochzuspringen, die Hinterräder heben vom Boden ab, bevor sie wieder auf den Beton knallen. Es tut weh, aber ich bin genug auf den Aufprall vorbereitet, um geradeaus zu blicken. Ich sehe den Landwehrmann wie eine Rakete aus dem Rücksitz fliegen, die Windschutzscheibe durchschlagen und in die Lobby segeln. Glas regnet auf die Motorhaube und türmt sich vor der geborstenen Scheibe. Ich habe Mühe, mich zu bewegen. Es fühlt sich an, als hätte ich eine Ganzkörpermassage mit einem Baseballschläger erhalten, aber ich wickle mich aus dem Gurt und falle hart gegen die Tür, taumele hinaus in die dunkle Lobby.
Das Stöhnen, das enthemmte Grunzen klingt mehr nach orgiastischen Bachanalien als nach einer Horde hungriger Untoter. Es ist, als ob sie direkt aus den Wänden kommen, sich die Flure entlangschieben, sich aus jeder offenen Tür und jedem Bogengang ergießen. Es stinkt entsetzlich.
Es sind so viele, die hier für Wochen eingesperrt waren. Wer noch nicht ganz aufgefressen wurde, hat sich in eine ausgemergelte menschliche Hülle mit starren Augen und sabberndem, offenem Mund verwandelt. Der Milizionär ist tot oder stirbt gerade, aber sie stürzen sich auf ihn, bedecken ihn wie ein Schwarm hungriger Fliegen.
Ich bleibe dicht beim Jeep, als der andere Wagen in die Türen kracht, weiterrollt und im Kassentresen hängen bleibt. Wir haben genug Lärm gemacht, um den Rest der Kinobesucher zu alarmieren, also humple ich von dem Jeep weg und ducke mich durch die zersplitterte Tür nach draußen. Ein Blick über die Schulter zeigt mir, wie die anderen Landwehrmänner aus ihrem Wrack gezerrt werden. Es fühlt sich fast richtig an, wie eine Art
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