Sie liebt mich, sie liebt mich nicht...
Vollkaskoversicherung zu fahren. Er kann also verdammt froh sein, daß er niemanden hintendrin sitzen hatte. Wenn die Firma was taugen würde, hätten sie seine Versicherung überprüft, diese Idioten. Aber davon mal abgesehen, heißt es, daß wir für Zusammenstöße mit Müllcontainern nicht versichert sind. Und das bedeutet, daß wir nur den Schrottwert für das Auto kriegen. Davon zieht die Abschleppfirma noch ihre Kosten ab. Und jetzt kannst du raten, wo wir stehen.«
»Hm.«
»Hast du schon mal die Redewendung gehört: >bis zum Hals in der Scheiße stecken«
»Wo ist Dad?«
»Ich weiß es nicht, und es ist mir auch egal. Ich hätte gute Lust, ihn durch die Mangel zu drehen, wenn ich eine hätte.«
Danny lachte. Sie schaute ihn mit zusammengezogenen Brauen an. »Entschuldigung, es hörte sich so komisch an. Hat Lisa eine Nachricht für mich hinterlassen?«
»Sie ist doch nur für zwei Tage weg. Was hast du denn erwartet? Eine neue Verfassung?«
»Ich habe überhaupt nichts erwartet«, sagte Danny. »Ich dachte nur, sie hätte mich vielleicht grüßen lassen, das ist alles. Am Montag geh’ ich zur Jobvermittlung.«
»Gut.« Sie richtete sich auf und schaltete die Waschmaschine ein. »Unseren Dagobert kannst du gleich mitnehmen.« Mit dem Wäschekorb unterm Arm ging sie an Danny vorbei.
Danny ging ins Wohnzimmer. Er schaute das Telefon an und biß sich auf die Lippe. Während seine Mutter oben aufräumte, wählte er Nickys Nummer. Er ließ es vierundzwanzigmal läuten bevor er den Hörer wieder auflegte. Das Schlimme war nicht, daß niemand abnahm. Das Schlimme war, daß er nicht wußte, weshalb niemand abnahm. Er mochte gar nicht daran denken, daß sie womöglich zu Hause saß, aber nicht ans Telefon ging. Das wäre zu furchtbar gewesen.
Er lief hinauf in sein Zimmer. Auf dem Kopfkissen lag ein zusammengefaltetes Blatt Papier. Er faltete es auseinander und las:
Liebster Danny,
ich bin weggefahren, um mich von Philip zu verabschieden. Angenehm ist es bestimmt nicht, aber ich muß es tun. Bis bald.
Alles Liebe
Lisa
P. S. Ich hoffe, die Sache mit Nicky renkt sich wieder ein.
Er steckte das Blatt in seine Brieftasche und tat das, weshalb er eigentlich herauf gekommen war: Er wollte sich die Fotos von Nicky betrachten, die sie am Bahnhof hatte machen lassen. Nach langem Suchen fand er sie hinter dem Bett. Er legte sich flach auf den Bauch und schaute sie an, den Kopf auf die Arme gestützt. Sie sah tatsächlich ein bißchen aus wie ein Hamster, aber wie ein ausgesprochen hübscher Hamster und ein ausgesprochen liebenswerter.
Er hörte, wie die Haustür ins Schloß fiel und sein Vater die Treppe heraufrief:«Danny! Bist du da, Junge?«
Er ging nach unten. Die Mutter stand mit einem Blumenstrauß und einem argwöhnischen Gesichtsausdruck beim Spülbecken. Der Vater lächelte und rieb sich die Hände.
»Irgendwann wird immer alles gut«, sagte er.
»Du hast wieder einen Job?« fragte Danny. »Falsch«, sagte der Vater und strahlte. »Wir haben beide einen Job.«
17
»Wie ich schon immer gesagt habe: Es kommt nicht drauf an, was man kann, sondern wen man kennt.«
Danny schaute seinen Vater an. »Ich hab’ dich das noch nie sagen hören.«
»Weil du mir nie zuhörst.«
»Weil du es nie gesagt hast.«
»Du wirst auf deine alten Tage ganz schön frech. Willst du übers Knie gelegt werden?«
»Wie weit ist es denn noch?«
»Nicht mehr weit. Leg noch ‘nen Zahn zu, wir sollen um sieben dort sein.«
Es war Montagmorgen, sehr früh am Montagmorgen. Danny und sein Vater waren auf dem Weg zu ihrer neuen Arbeitsstelle. Ins Rollen gekommen war die Sache durch einen Telefonanruf von Dannys Vater am Samstag morgen. Und dabei hatte er überhaupt nicht wegen eines Jobs angerufen, sondern wegen des Wagens. Er hatte mit Onkel Jim geredet — der gar kein richtiger Onkel war — , um zu sehen, ob irgendeine Möglichkeit bestand, die Dinge so hinzudrehen, daß der Unfall noch was hergab. Falls es einen Dreh gab, Onkel Jim würde ihn kennen. Doch das einzige, was ihm einfiel, war den Wagen als gestohlen zu melden, ihn an einer entlegenen Stelle über die Klippen zu schieben und die Versicherungssumme zu kassieren. Da die Polizei aber bereits von dem Unfall wußte, hielt Dannys Vater den Vorschlag nicht für sonderlich gut.
Dann fragte Onkel Jim in der unschuldigen Art, die manche Leute so an sich haben: »Und wie geht’s sonst?« Und Dannys Vater sagte es ihm. Und Onkel Jim bot darauf sowohl dem Vater
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