Sie nennen es Leben
mit Bedauern konstatiert, manche mit Euphorie, viele mit demonstrativer Abgeklärtheit. Einer davon ist Techcrunch-Chefredakteur Michael Arrington. Er gilt als einer der mächtigsten Blogger der Welt, für das » Time Magazine « ist er sogar einer der hundert einflussreichsten Menschen überhaupt. Für Arrington ist die gesamte Idee vom guten Ruf im Netz hinfällig: » Seinen Online-Ruf zu kontrollieren oder wenigstens zu managen, wird immer schwieriger « , schreibt er auf techcrunch.com. » Und ähnlich wie beim Kampf der groÃen Plattenlabels gegen illegales Filesharing von Musik, wird es bald sinnlos sein, es überhaupt zu versuchen. Es ist an der Zeit, dass wir die Kleinkriege sein lassen und toleranter gegenüber den Fehltritten unserer Mitmenschen werden. «
Immer mehr Informationen, immer mehr Fehltritte, immer mehr Toleranzâ ist das die Zukunft von Privatsphäre im Netz?
Warum Privatsphäre etwas sehr Soziales ist
Gabriel ist gerade 12 Jahre alt geworden. Auf dem Küchentisch liegen noch Schokoladentaler mit dem Wappen seines LieblingsfuÃballvereins Werder Bremen. Ins Internet kann er gerade nur über seinen iPod-Touch. » Mama hat beim Staubsaugen den Internetstick an meinem Computer kaputt gemacht « , sagt er. Insgesamt darf Gabriel am Tag eine Stunde ins Internet. Dort spielt er vor allem mit dem Google-Earth-Flugsimulator und schaut Videos auf YouTube. Allerdings hat sein Vater Kindersperren eingerichtet, weshalb Gabriel ihn oft fragen muss, ob er gesperrte Videos mit seinem Passwort freigeben kann.
Seit einem Jahr ist der Gymnasiast bei SchülerVZ, vorher erlaubte es ihm seine Mutter nicht. Durch ihren Job als Systemberaterin kennt sie sich sehr gut mit Computern aus und hat für Gabriel die Sicherheitseinstellungen in seinem SchülerVZ-Profil aktiviert. » Facebook erlaubt mir meine Mutter aber nicht « , sagt er. » Das hält sie für zu unsicher. «
Nicht nur Gabriel ist durch seine Eltern dazu gekommen, die Sicherheitseinstellungen der Social Networks zu nutzen. Generell zeichnet sich unter Jugendlichen eine gröÃere Vorsicht ab, was für Fotos sie hochladen und welche direkten Kontaktdaten sie von sich im Internet nennen. Nach Ergebnissen der JIM-Studie 2010 geben im Vergleich zum Vorjahr weniger Jugendliche persönliche Informationen wie ihre Instant-Messenger-Kennung oder ihre Hobbys im Netz an. AuÃerdem ist die Nutzung der sogenannten » Privacy Option « sprunghaft angestiegen. Mit dieser Option können Nutzer regulieren, wer welche Informationen auf ihren Profilseiten einsehen kann.
» Wir beobachten eine positive Entwicklung des Problembewusstseins unter Jugendlichen « , sagt Thomas Rathgeb vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest (MPFS), der die JIM-Studie herausgibt. War 2009 die Mitteilungsfreudigkeit von Jugendlichen im Netz noch stark angestiegen, so zeichnete sich 2010 eine Trendwende ab: Persönliche Informationen wie Hobbys geben nur noch 76 Prozent der jungen Nutzer an ( 2009 : 83 Prozent). Auch beim Hochladen von Fotos und Filmen ist die Zurückhaltung gewachsen: 64 Prozent der Jugendlichen laden eigenes Material hoch ( 2009 : 69 Prozent), Fotos und Filme von Freunden oder Familie werden nur von 41 Prozent ins Netz gestellt. 2009 waren es noch 51 Prozent.
Viel vorsichtiger sind die Jugendlichen bei der Angabe direkter Kontaktmöglichkeiten geworden: Ihre Instant-Messenger-Kennung nennen nur noch 26 Prozent ( 2009 : 35 Prozent). Kaum Veränderungen gibt es bei der Preisgabe der Festnetz- oder Handynummer: Hier handeln Jugendliche seit längerem äuÃerst bedacht, nur vier Prozent geben diese Information heraus ( 2009 : fünf Prozent).
Zu der neuen Vorsicht dürften mehrere Faktoren beigetragen haben. » Jugendliche lernen voneinander « , sagt Thomas Rathgeb. » Wenn einer schlechte Erfahrungen damit gemacht hat, persönliche Daten preiszugeben, spricht sich das im Freundeskreis herum und die Jugendlichen ändern ihr Verhalten. « Je länger der Boom der Social Networks anhält, desto erfahrener und vorsichtiger werden die Nutzer.
Aber auch unter Lehrern und Eltern ist das Problembewusstsein gestiegen. Daten- und Verbraucherschutz im Internet wird mittlerweile häufiger im Unterricht und zu Hause diskutiert, was ebenfalls zu mehr Besonnenheit bei Jugendlichen beitragen dürfte.
Doch damit ist das Problem von Datenschutz im
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