Sie nennen es Leben
Demokratisierung befördert hat: Jetzt kann jeder über seine Wünsche und Bedürfnisse redenâ und sie gegebenenfalls auch vor einer Digitalkamera ausleben und ins Internet stellen.
Für McNair hängt diese Entwicklung eng mit dem emotionalen Exhibitionismus, dem » Terror der Intimität « , zusammen. » Striptease Culture « nennt er deshalb ihre Kombination: Sowohl das ÃuÃere als auch das Innere werden der Ãffentlichkeit präsentiert. Durch die Digitalisierung ist die Ãffentlichkeit dabei viel leichter zu erreichen als jemals zuvorâ sowohl über Twitter als auch über YouPorn. » Vielleicht mögen wir nicht immer, was die Leute mit dieser Art des Zugangs anstellen, wenn sie ihn erhalten « , schreibt McNair. » Aber so funktioniert nun mal kulturelle Demokratie. Gewöhnt euch dran. «
Ob man sich tatsächlich an jede Art des innerlichen und äuÃerlichen Exhibitionismus gewöhnen muss, sei dahingestellt. Die Fragen, die McNair mit seinen provokanten Thesen aufwirft, sind trotzdem entscheidend: Können wirâ jenseits von Gewalt und Missbrauchâ immer genau bestimmen, was guter und was böser Sex ist? Wer entscheidet, über welche Praktiken, Vorlieben und auch Risiken in der Ãffentlichkeit gesprochen werden darf und über welche nicht? Und wer beschlieÃt, wer überhaupt darüber sprechen darf?
Dogmatisch lassen sich diese Fragen sicherlich nicht beantworten. Das Sexualverhalten der deutschen Jugendlichen, die sowohl Pornos online konsumieren als auch mit ihrem ersten Mal warten, ist der beste Beleg dafür.
Sexualität und Pornografie gehören zu den komplexesten Bereichen im Netz. Jugendliche müssen lernen, mit ihrem Begehren umzugehen und sich zwischen Porno-Schwemme und Porno-Chic zu behaupten. Erwachsene müssen ihnen dabei zugestehen, ihre eigenen Erfahrungen zu machen und selbst herauszufinden, wo ihre persönlichen Grenzen zwischen Neugier, Aufklärung und Schrecken verlaufen. Einfacher scheinen die Dinge beim Thema Cybermobbing zu liegen. Schikanen über das Internet gelten als eines der gröÃten Probleme für Kinder und Jugendliche. Die Forschungsergebnisse sind hier aber nicht so eindeutig, wie es einem RTL 2 -Sendungen oder » Bild « -Schlagzeilen glauben machen wollen.
7. Cyberbullying â Was für Risiken für Jugendliche im Netz herrschen
Mark hat schon ziemlich viel Quatsch im Internet angestellt. Manches war eher spielerischâ zum Beispiel hat er ein Social-Network-Profil für einen ausgedachten Jungen namens » Edelbert von Bensberg « aufgesetzt. » Der war so ein Streber, der immer gemobbt wurde « , erzählt Mark ein wenig stolz. Als ihn sein Mitschüler Jan-Philip nervte, hat Mark aber auch schon einmal eine Schmähgruppe auf SchülerVZ gegründet. » Jan-Philip hat ânen Kleinen «, hieà sie. Mittlerweile mache er das aber nicht mehr, sagt der 14 -Jährige. » Das ist zu kindisch. «
In seiner Klasse ist der Realschüler der Einzige, der ein iPhone hat. Damit geht er während der Schulzeit und unterwegs ins Internet, zu Hause hat er noch einen kleinen Laptop. Dort ist er jeden zweiten Tag für eine Stunde im Netz. » Mir macht vieles Angst « , sagt Mark von sich selbst. Ein Freund hat ihm einmal ein Video geschickt, in dem sich ein Mann den Penis abschneidet. » Der wollte, dass ich mir das auch ansehe. Habe ich aber nicht, ich fand schon die Vorstellung eklig. « Fragt man ihn, was ihn sonst schon an Inhalten im Netz gestört hat, antwortet er: » Auf Facebook haben die manchmal so blöde Werbung: âºSind Sie noch Single?⹠«
Marks Erfahrungen im Internet beinhalten fast alle Aspekte, die man unter dem Schlagwort » Cybermobbing « zusammenfasst: vorgeben einer falschen Identität online, Beleidigungen über Chats oder Social Networks, Konfrontation mit Gewalt- und Sexdarstellungen. Diese Erfahrungen gelten als die groÃen Risiken, denen Jugendliche im Netz ausgesetzt sind. » Nur ein Mausklick bis zum Grauen « oder » Rache@ « heiÃen die Aufklärungsbücher zum Thema, » Tatort Internet « die berühmt-berüchtigte TV-Sendung. » GroÃbritannien: Erneut Selbstmord wegen Cybermobbing « , vermeldet » Spiegel Online « .
Gerade in Deutschland ist die Sorge verbreitet, dass Kinder im Internet massenhaft belästigt oder bedrängt werden.
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