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Sie nennen es Leben

Titel: Sie nennen es Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Pilarczyk
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Ansprechpartner. Erst mit zunehmendem Alter gewinnen die Peers an Einfluss. Von ihnen erhoffen sich Jugendliche mehr Verständnis und Hilfe als von ihren Eltern. Diese verstehen häufig Kontext und Gepflogenheiten von Chats und Social Networks nicht. Viele Eltern reagieren deshalb mit Internet-Verboten, wenn ein Kind von seinen schlechten Erfahrungen im Netz erzählt– womit aber das Kind und nicht der Belästiger bestraft wird.
    Um das Problem von Cybergrooming und Cyberbullying in den Griff zu bekommen, setzen viele Medienexperten neben klassischen Aufklärungskampagnen verstärkt auf Jugendliche selbst, damit sie sich untereinander informieren. » Lehrer und Eltern müssen die besonderen Kompetenzen der Jugendlichen anerkennen « , sagt Uwe Hasebrink. » Das heißt nicht, dass sie Erwachsenen technisch überlegen sind. Jugendliche haben aber ein besseres Gespür für die feinen Unterschiede: Sie wissen, was sich im social web gehört und wo zum Beispiel Gruppenzwang herrscht. Dieses Wissen muss man in der Schule und den Familien ernst nehmen– dann wächst den Jugendlichen auch Verantwortung zu, und sie fühlen sich persönlich ernstgenommen. «
    Was passiert in den Nischen des Internet, den unbekannten Ecken? In Deutschland wird diese Diskussion vor allem von der Sorge beherrscht, dass Kinder und Jugendliche sich in Gefahr begeben könnten. Dabei sind im Netz auch kulturelle Nischen entstanden, die sich Jugendliche mit viel Kreativität geschaffen haben. Visual Kei, eine Spielart japanischer Rockmusik samt eines ausgefeilten Style-Repertoires, ist so eine Nische. Visual Kei gilt als erste Jugendkultur, die sich über das Internet verbreitet hat. Sie zeigt, welches grenzüberschreitende Potenzial das Netz doch haben kann – und von wem es genutzt wird.
Zu Besuch im Unterrichtsfach Medienkompetenz
    Es dauert etwas, bis die Klasse zur Ruhe kommt. Einige Jungen verspäten sich, weil der Sportlehrer vorher überzogen hat. Ein Mädchen muss früher gehen, weil es einen Termin beim Kieferorthopäden hat. » Oh, kommt die Klammer raus? « , fragt Boris Steinegger, der Lehrer. » Nein « , sagt das Mädchen wenig begeistert, » rein « . Dann geht es mit den Hausaufgaben los. » Darf unsere Schule Fotos von euch auf die Schulhomepage stellen? « , fragt Boris Steinegger in die Runde. Vier Hände gehen in die Luft. Die Unterrichtstunde im Fach Medienkompetenz hat endlich begonnen.
    Am Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium (EWG) in Hamburg-Eimsbüttel passiert das, was Medienpolitiker und Wissenschaftler seit Jahrzehnten fordern: Schülern wird der Umgang mit Medien beigebracht– genau wie Französischvokabeln oder binomische Formeln. Ab der 8 .Klasse kann man am EWG das Wahlpflichtfach Medienkompetenz belegen. Zur Auswahl stehen noch Kunst, Darstellendes Spiel, Natur, Schulband, Philosophie und Chor. Doch trotz des großen Angebots entscheiden sich regelmäßig so viele Schülerinnen und Schüler für das Fach Medienkompetenz, dass zwei Kurse zu je 20 Teilnehmern zustande kommen.
    Â» Der Umgang mit Medien beschäftigt Schüler täglich « , sagt Schulleiter Winfried Rangnick. » So etwas auch im Unterricht zu behandeln, davon lebt Schule. « Am EWG wird das Fach seit rund zehn Jahren angeboten. Mittlerweile hat Medienkompetenz einen festen Platz im Profil der Schule, doch ohne den andauernden Einsatz von Schulleitung und Kollegium könnte es sich wohl nicht halten. Bislang ist es ein freiwilliges Angebot, für das es von der Schulbehörde keine Anforderungen oder Auflagen gibt. » Das Fach hängt klar von den Kompetenzen und dem Engagement ab, die unsere Lehrer von sich aus mitbringen « , sagt Rangnick.
    Im Wahlpflichtkurs 8 b streiten sich die Schüler, wen die Schule um Erlaubnis fragen muss, wenn sie Fotos der Schüler ins Netz stellen will. Gemeinsam haben sie festgestellt, dass die Eltern nur bis zu einem gewissen Alter des Kindes ihre Einwilligung geben müssen. Danach können die Kinder selbst entscheiden– nur ab wann? » Ab 16« , sagt Murat. Falsch. » Ab 18 ? 21 ? « , rät er schnell weiter, doch Lehrer Steinegger hat schon Ilan drangenommen: » Ab 12 Jahren « , antwortet der richtig. Kurz staunen die Schüler, dass ihnen schon so früh zugetraut wird, über das Recht am eigenen Bild zu bestimmen. Dann geht es weiter mit der Frage, was für Podcasts

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