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Sie sehen aber gar nicht gut aus!

Sie sehen aber gar nicht gut aus!

Titel: Sie sehen aber gar nicht gut aus! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Strzoda
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setzten sich Lenny und ich an den Küchentisch, tranken Kaffee und resümierten den Tag. Paul gesellte sich dazu und fragte uns: »Warum verarscht ihr mich eigentlich andauernd?«
    »Paul, schau mal: Jeder Praktikant wird so einer Art Probe unterzogen. Das ist wirklich alles nur Spaß und nicht böse gemeint.«
    »Wieso nennt ihr mich eigentlich ständig Paul? Ich heiße eigentlich Bernhard ...«
    »Wir hätten dich natürlich nach deinem Namen fragen können, das stimmt. Aber eigentlich wäre es deine Sache gewesen, dich vorzustellen. Das hast du zu Beginn irgendwie vergessen.«
    »Tut mir leid.«
    »Kein Problem, aber achte darauf, dass das nicht wieder vorkommt. Du machst dir dein Leben hier in der Wache sonst nur unnötig schwer.«
    Vor einigen Jahren hatte sich das bei uns so eingebürgert. Da sich immer mehr Neulinge mangels guter Erziehung einfach nicht vorstellten, kam irgendwann jemand auf die Idee, Praktikanten einfach »Paul« zu nennen. Nein, es ist nicht so, wie Sie jetzt vielleicht denken. Weder Lenny noch ich hätten je auf eine so böse Idee kommen können. Das erledigte jemand anderes für uns.
    Bernhard blieb nach Abschluss seines Lehrgangs für Rettungssanitäter übrigens bei uns, machte seine Ausbildung zum Rettungsassistenten und wurde einer unserer beliebtesten Kollegen. Manchmal kommt es einfach anders, als man erst denkt.

Die Ironie eines Schicksals
    Lenny bog auf dem Weg zur Tankstelle in die Hauptstraße ein. Unsere Dieselvernichtungsmaschine brauchte Kraftfutter. Einen verdammten Euro und 52 Cent kostete der Liter Diesel derzeit.
    »Wenn das so weitergeht, können wir bald mit der Kutsche zum Einsatz gurken«, schimpfte er und steuerte auf die rot-weiße Tanke mit dem Tiger auf dem Dach zu. »Dieses Pharisäerpack von der Ölindustrie …«
    »Akzeptiere, was du nicht ändern kannst.«
    »Blöder Spruch. Wenn ich mal richtig viel Geld habe, geht mir der Spritpreis kilometerweit am Gesäß vorbei«, sagte Lenny und zog seine Augenbrauen hoch.
    »Und woher bekommen? Außer einem Banküberfall fällt mir bei dir nichts ein.«
    »Was soll das heißen? Ich spekuliere ...«
    »... auf bessere Zeiten?«
    »Quatsch. An der Börse.«
    »Du glaubst also, dass es dir mit viel Geld besser gehen würde?«
    »1/83/1?«, schaltete sich die Leitstelle dazwischen, bevor ich eine Antwort bekam.
    »1/83/1 hört Sie.« Lenny griff nach dem Hörer.
    »Fahren Sie: Von-Ruckteschell-Allee, Notfallpatient Wahlberg hat das Parkett geküsst.«
    »Verstanden. Haben Sie auch noch eine Hausnummer?«
    »Nein. Der Anrufer meinte, ihr könntet es nicht verfehlen. Es gibt dort nur ein Häuschen.«
    Lenny hängte den Hörer auf die zerkratzte Plastikgabel. Ein Einsatz im teuersten Nobelviertel. Das Tanken hatte sich zunächst erledigt.
    Beim Aussteigen blickten wir an Baumreihen einer wohlgepflegten Allee entlang. Das ganze Anwesen umfasste bestimmt vier Hektar Grund. Grauer Asphalt ging dann in Marmor über und schließlich landeten wir an einer großen, alten, dunkelbraunen Massivholzhaustür mit Intarsien und einer Klinke, die nicht so aussah, als stamme sie aus dem Baumarkt. Weiße Marmorsäulen stützten ein Glasdach über dem Eingangsbereich. Der Name »Wahlberg« stand in Goldschrift auf dem Marmorschild, das neben der Tür angebracht war.
    »Hier ist es.« Ich zog den gusseisernen Haken, eine Glocke ertönte. Schritte näherten sich, und jemand sperrte von innen auf. Eigentlich hatte ich einen Butler im Anzug erwartet, der uns zum Besitzer dieses Marmorbunkers bringen würde. Oder zumindest eine Haushälterin im schwarzen Mini und mit Tablett in der Hand. Und ich rechnete mit einem älteren Hausherrn, der auf seinem glatt polierten Parkettboden ausgerutscht war.
    Der junge Typ, der jetzt an der Tür vor uns stand, sah jedoch eher aus, als hätte man ihn gerade erst aus der Gosse gezogen. Haarzotteln hingen ihm vom Schädel, und das dürre Gesicht sah aus, als ob nur eine Schicht Pergament darübergespannt worden wäre. Bei diesem Typen in diesem Haus bekam der Begriff »Gegensätzlichkeit« eine ganz neue Dimension.
    »Na endlich«, seufzte er, winkte uns hinein, drehte sich um und lief vor uns her.
    Ein unsympathischer Zeitgenosse, war mein erster Gedanke.
    Wir durchquerten das Eingangsfoyer, das doppelt so groß war wie meine Wohnung.
    »Um wen geht es denn?«
    »Um meinen Kumpel Markus. Ich glaube, dem geht’s nicht so gut«, erwiderte der Typ vor uns und nahm eine Treppe, die nach unten führte.
    Markus

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