Sie sehen dich
Baye?«
»Ja.«
»Ich bin Raucher, wissen Sie das?«
Die Frage verwirrte Mike. »Ich habe die Zigarette in Ihrer Hand gesehen.«
»Brennt sie?«
»Nein.«
»Glauben Sie, das gefällt mir?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Genau das meine ich. Früher habe ich hier in diesem Raum geraucht. Nicht weil ich die Verdächtigen einschüchtern oder ihnen Rauch ins Gesicht blasen wollte, obwohl ich auch das gelegentlich gemacht habe. Nein, ich habe hier geraucht, weil ich gerne rauche. Es entspannt mich. Jetzt wo sie diese ganzen neuen Gesetze verabschiedet haben, darf ich mir hier keine mehr anstecken. Verstehen Sie, was ich meine?«
»Ich glaube schon.«
»Mit anderen Worten, das Gesetz verbietet mir, mich zu entspannen. So lange ich also hier drin bin, bin ich grantig. Ich trage diese Zigarette mit mir herum und sehne mich danach, sie anzünden zu dürfen. Aber das darf ich nicht. Das ist so, als ob man ein Pferd ans Wasser führt, es dann aber nicht trinken lässt. Also, ich erwarte jetzt kein Mitleid von Ihnen, aber Sie sollen verstehen, wie das ist, weil sie meine Nerven jetzt schon strapazieren.« Er schlug mit der Hand auf den Tisch, sprach dann aber ruhig weiter. »Ich werde Ihre Fragen nicht beantworten. Sie beantworten meine Fragen. Ist das so weit klar?«
Mike sagte: »Vielleicht sollte ich doch auf meinen Anwalt warten.«
»Cool.« Er wandte sich an Duncan. »Scott, haben wir genug, um ihn festzunehmen?«
»Ja.«
»Groovy. Dann machen wir das. Schließen wir ihn übers Wochenende weg. Was meinst du, wann wird der Haftrichter die Kaution festsetzen?
Duncan zuckte die Achseln. »Das wird noch ein paar Stunden dauern. Vielleicht auch erst morgen früh.«
Mike versuchte, sich seine Panik nicht anmerken zu lassen. »Wie lautet die Anklage?«
LeCrue zuckte die Achseln. »Wir finden schon was, oder, Scott?«
»Klar.«
»Es liegt also ganz bei Ihnen, Dr. Baye. Vorhin schienen Sie es noch eilig zu haben, hier wieder rauszukommen. Dann fangen wir doch am besten noch mal von vorn an und gucken dann, wie’s so läuft. Also, was wollten Sie im Club Jaguar?«
Er hätte sich weiter wehren können, das hätte aber wohl nichts gebracht. Es hatte auch keinen Sinn, auf Tia zu warten. Er wollte hier raus. Er musste Adam suchen.
»Ich habe meinen Sohn gesucht.«
Er dachte, LeCrue würde auf diese Frage eingehen, der nickte aber nur und sagte: »Sie wollten gerade eine Schlägerei anzetteln, stimmt’s?«
»Ja.«
»Hätte Ihnen das geholfen, Ihren Sohn zu finden?«
»Ich hatte es gehofft.«
»Können Sie mir das erklären?«
»Ich war gestern schon in der Gegend«, sagte Mike.
»Ja, das ist uns bekannt.«
Mike brach ab. »Sie sind mir gestern schon gefolgt?«
LeCrue lächelte, hielt als Erinnerung die Zigarette in die Luft und zog eine Augenbraue hoch.
»Erzählen Sie uns etwas über Ihren Sohn«, sagte LeCrue.
Warnlampen leuchteten in Mikes Hirn auf. Das gefiel ihm nicht – weder die Drohungen, noch dass man ihm gefolgt war und alles andere auch nicht, aber am wenigsten gefiel ihm, wie LeCrue nach seinem Sohn fragte. Trotzdem hatte er eigentlich keine Wahl.
»Er wird vermisst. Ich dachte, dass er vielleicht im Club Jaguar ist.«
»Und deshalb sind Sie da gestern Nacht hingefahren?«
»Ja.«
Mike erzählte ihm ziemlich alles. Es sprach nichts dagegen – schließlich hatte er den Polizisten im Krankenhaus und denen auf dem Polizeirevier auch schon die gleiche Geschichte erzählt.
»Warum machen Sie sich solche Sorgen um ihn?«
»Wir wollten gestern zu einem Rangers-Spiel gehen.«
»Eishockey?«
»Ja.«
»Wussten Sie, dass die Rangers verloren haben?«
»Nein.«
»War aber ein gutes Spiel. Viele Schlägereien.« Wieder lächelte LeCrue. »Ich bin einer von den wenigen Schwarzen hier, die Eishockey gucken. Früher war ich Basketballfan, aber die NBA langweilt mich inzwischen. Zu viele Fouls, wenn Sie wissen, was ich meine.«
Mike nahm an, dass das eine Art Ablenkungsmanöver war. Er sagte: »Mhm.«
»Und als Ihr Sohn nicht gekommen ist, haben Sie ihn in der Bronx gesucht?«
»Ja.«
»Und da hat man Sie dann überfallen.«
»Ja.« Dann: »Wenn ihr Jungs mich beschattet habt, warum habt ihr mir dann nicht geholfen?«
Er zuckte die Achseln. »Wer sagt denn, dass wir zugeguckt haben?«
Dann blickte Scott Duncan auf und ergänzte: »Wer sagt denn, dass wir nicht geholfen haben?«
Schweigen.
»Waren Sie da vorher schon mal?«
»Im Club Jaguar? Nein.«
»Nie?«
»Nie.«
»Nur
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