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Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Assistenzärzte hatten ihrer Lieblingslehrerin die Aufwartung gemacht. Ilene hatte mitbekommen, wie eine ihrer besten Studentinnen Kelci vorgeschwärmt hatte, was für eine engagierte Lehrerin Ilene war, und wie stolz sie doch sein müsste, so eine Mutter zu haben. Kelci, die schon ein oder zwei Drinks intus hatte, hatte geantwortet: »Sie hat so viel Zeit hier im Krankenhaus verbracht, dass ich gar nichts von ihr mitgekriegt habe.«
    Jau. Karriere, Mutterschaft, glückliche Ehe  – mit diesen drei Bällen hatte sie ja mit fast beängstigender Lässigkeit jongliert, oder?
    Bloß dass sie jetzt alle auf den Boden fielen und dort zerplatzten. Selbst ihre Karriere war in Gefahr, wenn das stimmte, was diese FBI-Agenten ihr erzählt hatten.
    »Gibt es was Neues aus den Organspenderdateien?«, fragte Susan Loriman.
    »Nein.«
    »Dante und ich versuchen, etwas auf die Beine zu stellen. Eine
große Organspendenrallye. Ich war in Lucas’ Grundschule. Jill, Mikes Tochter, geht da auch hin. Ich habe mit ein paar Lehrern gesprochen. Denen gefällt die Idee. Wir machen es nächsten Samstag, dann können sich alle in die Organspenderdatei eintragen lassen.«
    Ilene nickte. »Das könnte hilfreich sein.«
    »Und Sie suchen doch auch weiter, oder? Es ist doch nicht hoffnungslos?«
    Ilene war einfach nicht in Stimmung. »Große Hoffnung haben wir aber auch nicht.«
    Susan Loriman biss sich auf die Unterlippe. Sie war so eine natürliche Schönheit, und Ilene musste sich bemühen, keinen Neid zu empfinden. Sie wusste, dass Männer komisch wurden, wenn so eine Frau in der Nähe war. Selbst Mike hatte in einem seltsamen Ton gesprochen, als Susan Loriman bei ihr im Büro war.
    Die Kellnerin kam mit der Kaffeekanne an den Tisch. Ilene nickte auf die Frage, ob sie einen Kaffee wollte, Susan fragte jedoch, welche Kräutertees es gab. Die Kellnerin sah sie an, als hätte sie nach einem Einlauf gefragt. Susan bestellte irgendeinen Tee. Die Kellnerin kam mit einem Lipton-Teebeutel zurück und goss heißes Wasser in die Tasse.
    Susan Loriman starrte auf ihr Getränk, als verberge sich darin ein göttliches Geheimnis.
    »Lucas’ Geburt war sehr schwer. Ich hatte eine Woche vorher eine Lungenentzündung bekommen und so heftig gehustet, dass mir davon eine Rippe gebrochen ist. Man hat mich sofort ins Krankenhaus gebracht und dabehalten. Ich hatte unbeschreibliche Schmerzen. Dante war die ganze Zeit bei mir. Er ist mir nicht von der Seite gewichen.«
    Langsam führte Susan ihre Teetasse an die Lippen. Sie umfasste sie sanft mit beiden Händen, als ob sie einen verletzten Vogel retten wollte.
    »Als wir festgestellt haben, dass Lucas krank ist, haben wir einen
Familienrat abgehalten. Dante hat diese Tapferkeitsnummer abgezogen und darüber gesprochen, dass wir die Krankheit als Familie bekämpfen und sie auch besiegen würden  – ›Wir sind die Lorimans‹, hat er immer wieder gesagt  –, und hinterher ist er dann rausgegangen und hat so verzweifelt geweint, dass ich gedacht habe, er würde sich was antun.«
    »Mrs Loriman?«
    »Bitte sagen Sie Susan zu mir.«
    »Susan, ich hab’s begriffen. Er ist der perfekte Vater. Er hat Lucas gebadet, als er klein war. Er hat ihm die Windeln gewechselt und seine Fußballmannschaft trainiert, und er wäre vollkommen am Boden zerstört, wenn er erfahren würde, dass er nicht der Vater des Jungen ist. Hab ich das so richtig zusammengefasst?«
    Susan Loriman trank noch einen Schluck Tee. Ilene dachte an Herschel und daran, dass ihr nichts geblieben war. Sie überlegte, ob Herschel eine Affäre hatte, vielleicht mit der niedlichen frisch geschiedenen Rezeptionistin, die über jeden seiner Witze lachte, und kam zu dem Schluss, dass die Antwort wahrscheinlich Ja lautete.
    »Was ist noch übrig geblieben, Ilene …?«
    Ein Mann, der so eine Frage stellte, hatte sich bereits aus der Ehe verabschiedet. Ilene hatte allerdings erst sehr spät bemerkt, dass er schon längst gegangen war.
    Susan Loriman sagte: »Sie verstehen das nicht.«
    »Ich weiß auch nicht, ob ich das verstehen muss. Sie wollen nicht, dass er es erfährt. Das habe ich kapiert. Ich habe verstanden, dass Dante verletzt wäre. Ich verstehe, dass Ihre Familie darunter leiden könnte. Also sparen Sie sich das bitte. Dafür habe ich wirklich keine Zeit. Ich könnte Ihnen jetzt einen Vortrag darüber halten, dass Sie daran neun Monate vor Lucas Geburt hätten denken sollen, aber es ist Wochenende, dies ist meine Freizeit, und ich habe meine

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