Sie sind mein Glücksstern, Georgina (German Edition)
vertritt mich seit vielen Jahren eine andere Kanzlei.”
Mr Crane nickte. “Ich verstehe. Dann bitte ich Sie nun, mich von meiner Verantwortung zu entbinden.”
Jesmond stand auf, verbeugte sich leicht und setzte sich wieder. “Kommen wir also zum Geschäft. Informieren Sie mich detailliert über den Teil des Besitzes der verstorbenen Miss Jesmond, der von Ihnen und nicht von dem Bankier Bowlby verwaltet worden ist.”
Mr Crane sah ihn forschend an. Hatte er sich getäuscht? Sein erster Eindruck von Mr Fitzroy war der eines charmanten, unbedarften jungen Mannes gewesen. Was hatte Mr Fitzroy mit seiner letzten Bemerkung über den Bankier Bowlby gemeint? Mr Crane fragte nicht nach, und Jesmond gab auch im Verlauf des Gesprächs nichts mehr von sich, was dem Anwalt Anlass zu weiterem Nachdenken hätte geben können.
Schweigend hörte Jesmond zu, wie der alte Advokat Miss Jesmonds verwickelte Vermögensverhältnisse darlegte. Danach verabschiedete man sich in beiderseitigem guten Einvernehmen.
Jesmond schlenderte noch ein wenig über die Hauptstraße und kehrte dann zur Posthalterei zurück, um in seinen Einspänner zu steigen. Nachdem er den Hof des “Weißen Löwen” verlassen hatte, folgte ihm auf dem Heimweg eine Kutsche bis zu der Weggabelung, wo es nach Pomfret Hall ging. Mrs Pomfret bekommt Besuch, überlegte Jesmond kurz. Aber seine Gedanken drehten sich mehr um den Bankier Bowlby und um das, was Crane mitgeteilt – oder verschwiegen – hatte.
“Garth? Warum hast du uns nicht informiert, dass du kommst? Georgie, läute bitte nach der Haushälterin. Sie soll sofort das Zimmer für meinen Bruder herrichten.”
Sir Garth Manning beachtete seine Schwester kaum. Er war zunächst damit beschäftigt, Georgie anzulächeln, die ein schlichtes graues Baumwollkleid mit weißem Leinenkragen und ein wenig Spitze an den langen Ärmeln trug.
“Mach um Gottes willen keine Umstände, Caro. Du weißt doch, wie impulsiv ich bin. Ich hatte ja keine Ahnung, dass deine Schwägerin hier ist. Sie sehen liebreizend aus, liebe Schwester – so darf ich Sie doch nennen?”
Georgina, die nie viel von Sir Garth gehalten hatte, hätte am liebsten geantwortet: ‘Nein, das dürfen Sie nicht’, aber eingedenk ihrer unerfreulichen Begegnung mit Jesmond Fitzroy war sie mit rüden Bemerkungen vorsichtiger. So schenkte sie dem Bruder ihrer Schwägerin lediglich ein hintergründiges Lächeln, was dieser als Zustimmung deutete.
“Dann bleiben wir dabei. Mrs Herron wäre ja auch zu umständlich.”
“Aber korrekt”, konnte sich Georgie nicht verkneifen.
“… und langweilig!”
Da konnte Georgie nicht widersprechen. Nichts war langweiliger als die Wahrheit, wie Jesmond Fitzroy ihr erst kürzlich klargemacht hatte.
“Oh, Garth, du kommst gerade zur rechten Zeit”, informierte Caro ihren Bruder, der neben ihr auf dem Sofa Platz genommen hatte. “Jetzt haben wir zwei attraktive Männer in Netherton!”
“Zwei?”, fragte Sir Garth ungläubig. “Wer ist denn mein Rivale?”
Caro war nur zu glücklich, ihrem Bruder über den neuen Besitzer von Jesmond House zu berichten.
“Ist er wohlhabend?”
“Vermutlich”, meinte Caro. “Schließlich hat er Miss Jesmonds Vermögen geerbt und das ist bestimmt nicht wenig. Er kommt heute Abend zum Dinner.”
Sir Garth hob seine dunklen Brauen. Alles an ihm war dunkel, das glänzende schwarze Haar, die düsteren habichtartigen Gesichtszüge, die die fantasiebegabte Georgie immer an einen Schurken aus einem ihrer Abenteuerromane erinnerten.
“In der letzten Zeit war die alte Dame doch nicht mehr ganz klar im Oberstübchen”, meinte Garth. “Verkauft ihr Land für schlechte Aktien. Wenn du dir den Mann angeln willst, Caro, dann erkunde besser vorher, was er in der Tasche hat. Noch einen unvermögenden Ehemann – verzeih, liebe Schwester Georgie – kannst du dir nicht erlauben, Caro.”
“Ist es nicht etwas früh, ihn als potenziellen Ehemann zu betrachten, lieber Bruder? Wir kennen ihn ja nicht einmal.”
“Dein Wohlergehen liegt mir stets am Herzen. Es ist nicht alles Gold, was glänzt, liebste Caro.”
Sir Garth scheint zu wissen, wovon er spricht, dachte Georgina zynisch, da sie vermutete, dass es ihn nur nach Netherton trieb, um seine Schwester anzupumpen.
Georgie saß im Salon und blätterte in einem Magazin, während sie auf die Ankunft von Mr Fitzroy wartete, als Caro in eleganter Abendtoilette hereinschwebte. Sie strebte nicht wie gewöhnlich sofort auf das Sofa
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