Sie sind mein Glücksstern, Georgina (German Edition)
zu, sondern drehte sich in der Mitte des Raumes, hob ihren Fächer und schaute verschämt über dessen Rand. “Wie sehe ich aus, Georgie?”
Caro Pomfret sah bezaubernd aus. Das goldblonde Haar, die blauen Augen, der helle rosige Teint hatten nichts von ihrem Glanz verloren, obwohl sie bereits auf die dreißig zuging. Sie trug ein eisblaues Abendkleid mit einem durchsichtigen Tüll-Überwurf, der mit seidig-glänzenden Vergissmeinnicht bestickt war. Ihre blonden Locken wurden durch ein Band in einem etwas dunkleren Blau zusammengehalten, auf das ein schmaler Blütenkranz aus Vergissmeinnicht appliziert war. Ihre Füße steckten in zierlichen Eskarpins. Es schien, als hätten die drei Jahre, die Caro müßig auf dem Sofa zugebracht hatte – während andere für sie sorgten –, ihre Schönheit eher noch gesteigert. Ihre Figur war zwar etwas fülliger geworden, aber gerade das faszinierte die meisten Gentlemen, wie Georgie neidlos zugeben musste. Dieser Aufwand war einzig und allein zu Ehren von Mr Fitzroy erfolgt, was auch Sir Garth sofort bemerkte, als er ins Zimmer kam.
Neben ihrer strahlenden Schwägerin kam sich Georgie in ihrem grünen Kleid mit der cremefarbenen Spitze gar nicht elegant vor. Doch Sir Garth beugte sich so galant über ihre Hand, als sei Georgie das schönste Mädchen weit und breit. “Als ich Ihnen vor vielen Jahren das letzte Mal begegnete, da waren Sie noch die bescheidene kleine Schwester. Die Zeit hat Wunder bewirkt.”
Was sollte man auf so ein widerwärtiges Kompliment antworten? Georgie legte ihr Magazin beiseite, dankte halbherzig und blieb durch Mr Fitzroys Ankunft vor weiteren unsinnigen Komplimenten verschont.
Genau so hatte sie ihn in Erinnerung: gut aussehend, gepflegt, selbstsicher, exzellente aber unauffällige Kleidung. Caro hielt die Luft an, als er sich über ihre Hand beugte. Garth hob sein Monokel, begutachtete den Gast und näselte: “Wir sind uns wohl noch nicht begegnet, Sir.”
Jesmond betrachtete ihn kühl. Mrs Pomfrets Bruder hatte also in der Kutsche gesessen, die ihm heute Morgen gefolgt war. Ein bekannter Londoner Dandy mit allen Merkmalen desjenigen, der sich von Geburt an in dieser Gesellschaft bewegte. “Ich lebe wie viele am Rande des
ton
.”
“Wie ich gehört habe, sind Sie meiner Schwägerin, Mrs Charles Herron, bereits begegnet, Mr Fitzroy”, sagte Caro und nahm Georgie, die sich etwas im Hintergrund gehalten hatte, bei der Hand.
Es war schwer zu sagen, wem die Begegnung peinlicher war – Jesmond oder Georgie. Der Wildfang mit der Kniebundhose! Das jungenhaft kurze rotbraune Haar mit einem schwarzen Band zurückgehalten, das exzellent geschnittene schlichte grüne Kleid, der tiefe Ausschnitt zeigten deutlich, dass sie eine attraktive junge Frau Anfang zwanzig war. Nur die grünen Augen, die ihn trotzig musterten, erinnerten Jesmond noch an das Zusammentreffen im Park.
Während er diese Überlegungen anstellte, erklärte Mrs Pomfret ihm, dass Mrs Herron wie sie selbst verwitwet sei. “Sie versteht es viel besser als ich, mit meinen beiden lebhaften Sprösslingen umzugehen”, seufzte Caro, als sei Georgie ihr Kindermädchen.
Man tauschte Belanglosigkeiten aus über Netherton und die verstorbene Miss Jesmond, und Jesmond fand, dass Mrs Caroline Pomfret bestimmt eine untadelige Ehefrau abgeben würde.
“Ich mochte die alte Dame sehr”, heuchelte Caro, obwohl die beiden einander abgrundtief gehasst hatten. Es war Georgie, die bis zu ihrer Eheschließung freundschaftlichen Kontakt zu Miss Jesmond gepflegt und die letzten Tage der alten Dame mit ihrer fröhlichen Gegenwart erhellt hatte. Aber genau das berichtete Caro nun von sich selbst. “Sie können sich also denken”, meinte sie abschließend mit einem betörenden Lächeln, “wie glücklich ich bin, Miss Jesmonds geliebten Neffen kennenzulernen.”
Großneffe, verbesserte Georgie im Stillen wütend.
“Natürlich kannte Georgie Ihre Tante auch ein wenig. Aber wir hatten keine Ahnung, wer wohl ihr Erbe sei”, seufzte Caro.
“Ich auch nicht”, erwiderte Jesmond, der die Aufmerksamkeit einer schönen Frau durchaus genoss. “Es ist schon lange her, dass ich meine Tante besuchte. Ich bin der Letzte der Familie.”
“Familie kann man sich zwar nicht aussuchen, aber jene, die keine haben, sollte man bemitleiden”, meinte Garth.
Jesmond verbeugte sich dankend. “Es macht einsam”, gab er zu. “Aber auch abhängig, obwohl das auf Ihre Schwester und Mrs Herron sicher nicht
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