Sie sind mein Glücksstern, Georgina (German Edition)
noch beim zweiten oder dritten Gang, als der Butler leise mit Caro Pomfret sprach, die ihn mit einer leichten Handbewegung an Georgie verwies. Wieder wurde geflüstert und schließlich stand Georgie auf. “Entschuldigen Sie mich. Annie hat wohl schlecht geträumt und verlangt nach mir.”
Jesmond erhob sich mit einer kurzen Verbeugung. Sir Garth folgte etwas überrascht seinem Beispiel. “Bei schlechten Träumen braucht es keine Entschuldigung”, sagte Jesmond lächelnd.
“Schade, dass Georgie keine eigenen Kinder hat”, sagte Caro mit leisem Bedauern, nachdem ihre Schwägerin gegangen war. “Sie versteht sich so gut mit ihnen. Mein Gesundheitszustand erlaubt es mir ja leider nicht, mit ihnen herumzutoben. Georgie hat Gott sei Dank eine Pferdenatur.”
Endlich begann Jesmond Caro etwas kritischer zu betrachten. Eigentlich machte Mrs Pomfret einen ganz gesunden Eindruck – aber vielleicht entsprach dieser Eindruck nicht ganz der Wahrheit.
Sir Garth hatte sofort begriffen. “Langsam erholst du dich doch wieder von dem Schock nach dem Tod deines Mannes, nicht wahr?”, näselte er besorgt, dass seine Schwester mit ihrer Bemerkung einen potenziellen Verehrer verprellen konnte, noch dazu einen, der Jesmond House geerbt hatte. Lächelnd wandte er sich an Mr Fitzroy: “Unsere liebe Georgie hat so ein kräftiges Naturell – stark und bestimmend ist sie, während Caro lange gar nicht auf der Höhe war.”
Die starke, bestimmende Mrs Herron habe ich kennengelernt, dachte Jesmond, der sich an Georgies Reaktion auf seinen wohlgemeinten Rat erinnerte. Mrs Herron fehlte einfach das Feingefühl der sensiblen Caro Pomfret.
Georgie kehrte erst zurück, als man bereits wieder im Salon saß und darauf wartete, dass der Tee serviert wurde. An Annies Bett zu sitzen, sie zu trösten und ein Märchen vorzulesen, fand Georgie wesentlich erfreulicher, als Artigkeiten mit Personen wechseln zu müssen, die sie nicht ausstehen konnte. Doch leider war Annie bald wieder eingeschlafen, und Georgie musste in den Salon zurückkehren. Schweigsam und verdrießlich verfolgte sie, wie Caro und Jesmond sich gegenseitig anhimmelten. Aber recht schnell bemerkte sie, dass Jesmond mit scheinbar trivialen Äußerungen Caro und Garth Informationen entlockte.
Langatmig ließ Caro sich über den anmaßenden Bankier Bowlby aus. “Wären mein Schwiegervater und mein Mann nicht so früh gestorben, wäre Mr Bowlby niemals eine so prominente Persönlichkeit in Netherton geworden”, klagte sie theatralisch. “Er hält sich für einen Landedelmann. Selbst der Kauf von Miss Jesmonds minderwertigem Land macht ihn zu nichts anderem, als er nun einmal ist: ein Kaufmann, der zum Adel gehören will.”
“Leider wissen wir nicht einmal, wer der alte Bowlby war”, erläuterte Sir Garth. “Der tauchte einst hier in Netherton auf, mit wenig Geld und, wie man zugestehen muss, einer Menge Tatkraft. Behauptete, sein Vater sei Bowlby aus dem Dorf Bowlby in der Nähe von Worksop. Eines Tages übernahm er dann die Bank von dem alten kinderlosen Gardiner.”
Danach tratschte man über die Wiltons und die Firths. Georgie mühte sich, ein unhöfliches Gähnen zu unterdrücken, denn das Meiste hat sie schon unzählige Male gehört. Es wunderte sie nur, weshalb Jesmond Fitzroy daran interessiert war. Jesmond Fitzroy! Ein lächerlicher Name. Fitz! Das passte viel besser. Bei der Vorstellung, dass sie ihn so nennen würde, musste Georgie innerlich lachen.
Jesmond, ganz auf den Klatsch in Netherton konzentriert, schaute zu Georgie hinüber, die ruhig mit unbeteiligter Miene auf ihrem Stuhl saß, und verstand die Botschaft, die ihre lebhaften strahlenden Augen mitzuteilen hatten. Plötzlich wollte er mehr wissen über sie, über ihren verstorbenen Mann, weshalb sie hergekommen war, um Mrs Pomfrets Haushalt zu führen und ihre Kinder zu beaufsichtigen. War vielleicht dieser unausstehliche Garth Manning ihretwegen hier? Eine unangenehme Vorstellung! Unangenehm? Was geht es mich an, wenn Manning es auf Mrs Herrons kleines Vermögen abgesehen hat, fragte Jesmond sich. Viel besaß sie bestimmt nicht, aber wenn man so verzweifelt wie Manning war, dann war wenig immerhin etwas. Weshalb sollte Manning verzweifelt sein? Jesmond hatte keine Ahnung. Er wusste nur, dass Manning der Bruder dieser sanften hübschen Frau und der Verehrer ihrer flegelhaften Schwägerin war.
Als es Zeit war zu gehen, beugte Jesmond sich zuerst über Mrs Herrons und dann etwas tiefer und länger über
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