Sie sind mein Glücksstern, Georgina (German Edition)
auf den Tisch und entfernte sich wieder mit einer Verbeugung.
Der erste Brief von Fitz! Georgie brach das Siegel. ‘Liebe Mrs Georgie!’ hieß es da. ‘Ich komme eben aus London zurück und gedenke, heute Nachmittag um drei einen Spaziergang über jenen schicksalhaften Pfad, der unsere Anwesen trennt, zu machen. Wäre es Ihnen möglich, zur gleichen Zeit über eben jenen Weg zu spazieren? Ich habe nicht nur wichtige Neuigkeiten, sondern kann es auch kaum erwarten, meine liebe Mrs Georgie wiederzusehen – allein – ohne neugierige Verwandte, die unsere Freude verderben könnten. In der Hoffnung, dass Sie meinem Vorschlag zustimmen, verbleibe ich stets Ihr liebender Diener, Fitz.’
Was für eine Frage? Natürlich stimmte sie zu. Dem Ton des Briefes nach zu urteilen hatte er sie genauso vermisst wie sie ihn. Georgie war so aufgeregt, dass sie am liebsten sofort in ihr Zimmer gelaufen wäre, um sich umzukleiden. Doch es war erst zehn.
Es waren wohl die längsten fünf Stunden in Georgies Leben. Zum Mittagessen bekam sie vor Aufregung kaum einen Bissen hinunter, und als sie später vom Fenster ihres Schlafzimmers beobachtete, wie Caro mit den Zwillingen zu einem Gartenfest in den Frensham Park fuhr – sie selbst hatte Unwohlsein vorgeschützt –, blieb ihr immer noch genug Zeit, sich in Ruhe anzukleiden. Sie wählte ein schlichtes Kleid aus weißem Tüpfelmusselin mit hellgrüner Schärpe. Den Strohhut schmückten Bänder aus dem gleichen hellen Grün, ein leichter Schal und ein Sonnenschirm vervollständigten das Ensemble. An den Wildfang, dem Fitz in den ersten Sommertagen begegnet war, erinnerte rein gar nichts mehr.
Unten in der Halle traf sie Forshaw, der ihr eilfertig und mit unbeteiligter Miene die Türe öffnete.
“Es geht mir besser, Forshaw. Ein Spaziergang wird mir guttun.”
Forshaw sah ihr nach, wie sie den Pfad einschlug, der in Richtung Jesmond Park führte. In der Küche, wo das Personal in Abwesenheit der Herrschaft eine Mußestunde eingelegt hatte, verkündete er fröhlich: “Kaum ist er zurück, schon trifft Mrs Herron ihn wieder.”
“Wird es was zwischen den beiden?” wollte die Köchin wissen.
“Bestimmt! Er ist ein rechtschaffener, attraktiver Gentleman. Die Leute halten ihn für einen Trottel – aber wenn Miss Jesmonds Erbe nicht alle zum Narren hält, lass ich mich hängen.”
“Besser nicht”, erwiderte die Köchin lachend. “Schön, dass Mrs Herron keine Zeit für Sir Garth hat – ich hätte auch keine Zeit für ihn.”
Lautes Gelächter schallte aus der Küche bis hinaus zu Georgie, die auf dem Weg zu ihrem Rendezvous mit Fitz war. Sie hatte gerade eine kleine Anhöhe erreicht, als sie ihn am anderen Ende des Pfades erblickte. Mit Herzklopfen registrierte sie, dass er ganz leger gekleidet war: helle Pantalons, ein farblich passendes Hemd mit offenem Hemdkragen, darüber eine leichte grüne Jacke. Das blonde Haar war vom Wind zerzaust. Nie zuvor war ihr aufgefallen, wie lockig es war. Er sah so attraktiv aus, dass es Georgie fast schwindelig wurde.
In dem Moment, als er sie sah, rannte er ihr entgegen, fasste sie um die Taille und wirbelte Georgie übermütig herum. Der Sonnenschirm flog achtlos ins Gras. “Oh, Mrs Georgie!” jubelte Jesmond und küsste sie ungeniert auf beide Wangen. “Diesmal bin ich der Wilde! Ich habe Sie vermisst – haben Sie mich auch vermisst? Nein, Sie waren nicht traurig – Sie sehen ja aus wie das blühende Leben.”
“Sie aber auch!” keuchte Georgie, als er sie wieder auf den Boden stellte.
“Ich? Niemals! Ein Gentleman ist nur in guter Form.”
“Wie sein Pferd”, gab Georgie gut gelaunt zurück.
“Oh, Mrs Georgie!” Übermütig küsste er sie abermals auf die Wange. “Jetzt weiß ich, was ich in London vermisst habe: Ihre spitze Zunge.”
Irgendwie ist er verändert, fand Georgie. Er schien wie befreit, als sei eine Last von seinen Schultern genommen.
“Wir müssen uns zusammennehmen”, sagte er, während er seine Jacke auszog und auf dem Gras ausbreitete. “Ich möchte nicht, dass man über Sie klatscht.”
Georgie seufzte. “Ich befürchte, die Dienstboten klatschen bereits. Forshaw bekam mit, dass ich beim Mittagessen Unwohlsein vorschützte, um nicht mit Caro und den Kindern nach Frensham Court fahren zu müssen. Zufällig sah er dann, wie ich das Haus verließ. Er sagte nichts, aber sein Blick sprach Bände.”
Jesmond setzte sich neben sie. “Das Personal interessiert sich nun einmal für das Leben seiner
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