Sie sind mein Glücksstern, Georgina (German Edition)
Herrschaft, dessen müssen wir uns immer gewiss sein.”
Das war es, was Georgie von Charles Herron gelernt hatte und was sie an Fitz so schätzte: Einfühlungsvermögen für Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens geboren waren.
“Ich hoffe, Sie bringen mir gute Nachrichten”, lenkte sie das Gespräch auf das Wesentliche.
“Sehr gute. Es besteht keine Gefahr mehr, dass Ihre Schwägerin Haus und Vermögen verliert. Aber ich bitte Sie, dies noch eine Weile für sich zu behalten. Erzählen Sie mir lieber, was sich hier in der Zwischenzeit ereignet hat.”
“Nichts Besonderes. Oder doch …” Endlich konnte sie Fitz von Dr. Shaws unverschämtem Antrag berichten.
Jesmond begriff sofort, dass der widerliche Gelehrte Georgie nicht zum ersten Mal belästigt hatte, und verstand auch, dass sie nicht gerne darüber sprechen wollte. “Sie sind doch immer noch beunruhigt, Mrs Georgie. Wollen Sie sich mir nicht anvertrauen?”
Georgie mied seinen Blick. “Ja, ich bin beunruhigt. Aber nicht wegen Dr. Shaw, sondern wegen Charles, meinem Mann. Vielleicht kann ich es vergessen, wenn ich Ihnen davon erzähle.”
Jesmond legte seinen Arm um sie und zog sie nah an sich heran. “Sie können mir alles anvertrauen, Mrs Georgie.”
Georgie schloss die Augen. “Ich war siebzehn, er fünfzig”, begann sie zögernd, “als meine Eltern mich mit Charles verheirateten. Direkt nach der Eheschließung erklärte er mir, dass er mich nur aus einem Grund geheiratet hätte: Ich sei jung genug, um von ihm zu der idealen Ehefrau erzogen zu werden, mit der er über alles diskutieren könnte. Seine Stellung an der Universität in Oxford hatte er aufgegeben, um eine Familie zu gründen. Anfänglich vollzog er die Ehe nicht, sondern unterrichtete mich wie einen seiner Studenten. Ich genoss es. Er war wie ein fürsorglicher Vater, glücklich, dass ich schneller als viele seiner Studenten lernte. Ich gab mir Mühe, wollte ihm gefallen. Als er schließlich auch die Ehe vollzog, war er ein rücksichtsvoller, liebevoller Ehemann, der mich den Altersunterschied niemals spüren ließ. Allerdings war Charles Freidenker. Zunächst störte mich das nicht. Ich wurde schwanger und wir bekamen einen Sohn. Charles war überglücklich.” Georgie schwieg und begann leise zu weinen. “Als William ein halbes Jahr war, grassierte in unserem Teil Londons eine verheerende Epidemie, und unser Sohn starb binnen weniger Stunden. Wir waren beide untröstlich, aber Charles meinte, wir könnten noch ein weiteres Kind haben. Doch dann erlitt er einen Schlaganfall und traute es sich nicht mehr zu, noch einmal Vater zu werden. Eines Tages brachte er Dr. Maynard Shaw mit zum Abendessen. Charles erzählte, dass Shaws Frau kränklich sei und wir uns um ihn kümmern müssten. Doch ich konnte Shaw von Anfang an nicht ausstehen. Leider sagte ich dies Charles. Zum ersten Mal traf ich auf sein Unverständnis. Er schimpfte, es sei dumm, einen so brillanten Gelehrten, der uns einen großen Dienst erweisen würde, abzulehnen. Ich hatte keine Ahnung, was mein Mann meinte. Bis Dr. Shaw nach verschiedentlichen vorherigen Besuchen eines Nachmittags, als Charles nicht im Haus war, zu Besuch kam und versuchte, mich zu verführen. Ich lehnte ab. Er erklärte, dass er Charles’ Erlaubnis hätte, sich mir zu nähern. Seine Frau sei keine richtige Ehefrau und Charles kein richtiger Ehemann. Deshalb wollte er mit mir die Freuden des Ehebettes teilen und Charles den Sohn schenken, den er sich so sehr wünschte. Auf diese Weise wäre die Liaison für alle vier ein Gewinn.” Georgie hielt inne und atmete tief durch. “Als Charles nach Hause kam, bestätigte er Dr. Shaws Worte. Mein Mann schalt mich ein naives dummes Kind, das an altmodischen Werten wie Keuschheit und Sünde hing und uns so dessen beraubte, was wir uns am meisten wünschten: ein Kind … Unser Glück war dahin. Er konnte es nicht verwinden, dass ich mich seinem Wunsch, Dr. Shaws Geliebte zu werden, widersetzte. Nach sechs qualvollen Monaten erlitt er einen weiteren Schlaganfall. Er starb innerhalb einer Woche …
Sie können sich meinen Kummer vorstellen, als kurz nach der Beerdigung Dr. Shaw sein Angebot erneuerte. Um ihm aus dem Weg zu gehen, habe ich London verlassen und bin nach Pomfret Hall zurückgekehrt…. Und Sie können sich auch vorstellen, wie unglücklich ich war, als er hier auftauchte. Ich bin nicht mehr die Marionette eines Charles Herron. Traurig ist nur, dass Charles mich so vieles gelehrt
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