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Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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aber noch nie habe ich solche Angst gehabt wie vor dieser weißen Hexe. Baas, ich glaube, daß sie der Teufel ist, von dem dein verehrter Vater, der Prediger, sooft gesprochen hat, oder vielleicht seine Frau.«
    »Wenn dem so sein sollte, Hans«, antwortete ich, »so ist der Teufel nicht so schwarz, wie er immer gemalt wird. Aber ich rate dir, vorsichtig zu sein, mit dem, was du sagst, da sie vielleicht sehr lange Ohren hat.«
    »Es kommt überhaupt nicht darauf an, was man sagt, Baas, weil sie die Gedanken lesen kann, bevor sie einem über die Lippen kommen. Ich habe gefühlt, daß sie das in jenem Raum getan hat. Und du sei nur vorsichtig, Baas, da sie sonst deinen Geist auffressen und dafür sorgen wird, daß du dich in sie verliebst. Sie muß sehr häßlich sein, denn sonst würde sie doch keinen Schleier tragen. Wer hat jemals eine hübsche Frau gesehen, die ihren Kopf in einem Sack versteckt?«
    »Vielleicht tut sie es, Hans, weil sie so schön ist und die Herzen aller Männer, die sie ansehen, sonst schmelzen würden.«
    »O nein, Baas! Alle Frauen wollen die Herzen der Männer schmelzen; je mehr, desto besser. Sie scheinen überhaupt nichts anderes im Kopf zu haben, bis sie alt und häßlich geworden sind, und sie brauchen eine sehr lange Zeit dazu, das einzusehen.«
    Und so sprach Hans seinen gewohnten Unsinn weiter, bis wir, demselben Weg folgend, auf dem wir hergekommen waren, unsere Quartiere erreichten, wo Essen für uns bereitgestellt worden war, gegrilltes Ziegenfleisch mit Maiskuchen und Milch, und für uns zwei weiße Männer auch Betten, die mit Fellen und Wolldecken versehen waren.
    Diese Quartiere, sollte ich erklären, bestanden aus mehreren Räumen in einem Haus, dessen aus Stein errichtete Mauern einst bemalt gewesen waren. Das Dach des Hauses war nicht mehr vorhanden, denn wir konnten die Sterne auf uns herabscheinen sehen, doch da die Luft in diesem Tal sehr lind war, bedeutete das eher einen Vorteil als einen Nachteil. Der größte Raum war für Robertson und mich vorgesehen, während ein anderer, dahinter, Umslopogaas und seinen Zulus als Unterkunft diente, und ein weiterer den beiden Verwundeten. Billali zeigte uns diese Räume im Licht einiger Lampen und entschuldigte sich, daß er uns nichts Besseres bieten könne, da, wie er erklärte, dieser Ort eine verfallene Ruine sei und man keine Zeit gehabt habe, uns ein eigenes Haus zu bauen. Er fügte hinzu, daß wir ohne Angst schlafen könnten, da wir bewacht würden und niemand es wagen würde, die Gäste von Sie-die-befiehlt anzugreifen, welche, dessen sei er sicher – zumindest ich und der schwarze Schlächter –, einen ausgezeichneten Eindruck gemacht hätten. Dann verabschiedete er sich mit einer tiefen Verbeugung, sagte, daß er am nächsten Morgen wiederkommen würde und verließ uns.
    Robertson und ich setzten uns auf Hocker, die für uns bereitgestellt worden waren, und aßen, doch schien er so überwältigt von seinen Erlebnissen, oder von seinen düsteren Gedanken, daß ich ihn nicht in ein Gespräch ziehen konnte. Alles, was er sagte, war, daß wir da in eine seltsame Gesellschaft geraten seien und daß jemand, der mit dem Teufel essen wolle, einen langen Löffel haben müsse. Nachdem er dies losgeworden war, warf er sich aufs Bett, betete eine Weile laut, wie es ihm zur Gewohnheit geworden war, besonders um ›Schutz vor Zauberern und Hexen‹, und schlief ein.
    Bevor auch ich zu Bett ging, suchte ich Umslopogaas auf, um mich zu vergewissern, daß er und seine Männer gut untergebracht waren. Ich fand ihn in der offenen Tür stehen und zu dem bestirnten Himmel emporblicken.
    »Sei gegrüßt, Macumazahn«, sagte er, »der du weiß und weise bist, doch ich, der ich schwarz und ein Krieger bin, der viel Seltsames unter der Sonne gesehen hat, habe noch nie so eine erblickt, wie wir sie heute abend vor Augen hatten. Wer oder was ist diese Herrscherin, Macumazahn?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich, »doch ist es wert, gelebt zu haben, um sie zu sehen, obwohl sie verschleiert ist.«
    »Ich weiß es auch nicht, Macumazahn. Nein, ich weiß es nicht, denn mein Herz sagt mir, daß sie die größte aller Hexen ist, und daß du wohl daran tätest, deinen Geist gut zu verwahren, damit sie ihn dir nicht stiehlt. Denn wenn sie keine Hexe wäre, wie könnte ich dann Nada die Lilie, die die Frau meiner Jugend war, unter ihrer weißen Robe gesehen haben, und, obwohl die Zunge, in der sie sprach, mir fremd war, das Murmeln von Nadas Stimme

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