Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen
Kürzlich bekam ich einen im Internet kursieren-den Imbissdeutschschnellkurs gemailt, den ich auszugsweise zitieren möchte: »War’n Sie die Thüringer?« – »Nein, ich bin das Schaschlik und er ist die Pommes!« – »Aber Pils seid ihr beide?« – »Mh.« – »Und hier kam noch zweimal ohne!« Grammatisch,
praktisch, gut.
Was ich auch schätze, sind gute Kellnerwit-ze, sie sind kurz und meist einfach schlag-fertige Unverschämtheiten, meist hat der Kellner den Lacher: Herr Ober, in meiner Suppe ist ein Kamm! Toll, es gibt doch noch ehrliche Finder! Dieses führt uns direkt zum Thema unberechtigte Reklamation mit dem Ziel Zechprellerei. Letztes Jahr ging der Fall einer amerikanischen Hausfrau durch die Presse, die eine Fastfoodkette verklagt hatte, weil sie eine menschliche Fingerkuppe in ih-93
rem Chili con Carne gefunden hatte. Da nachweislich in der Küche niemand verstümmelt war, forschte man nach und siehe, die Frau hatte den Finger, der von einem Bekannten stammte, nach einem Unfall an sich gebracht und ins Chili geschmuggelt, in der Hoffnung, die Rentenkasse ein wenig aufbessern zu können. Ich selbst habe schon mit täuschend echten Maden aus dem Zau-berladen, unauffällig appliziert auf Salat-blättern des Caterings für die Gäste einer TV-Sendung, die zuständige Fachkraft in den absoluten Pulsgrenzbereich getrieben, und erst unlängst tafelte ich in einem von mir sehr geschätzten Haus umsonst, weil ich sanft und höflich fragte, ob dieses Gummi-band, das ich da auf der Gabel hätte, wirklich unverzichtbarer Bestandteil der Rezeptur für den ansonsten köstlichen Thunfisch-eintopf sei. Damit wir uns recht verstehen: Ich hatte es nicht hineingetan!
Was ich aber wirklich gern mal täte: In einem chinesischen Lokal einen aus einer Möhre geschnitzten Goldfisch ins Aquarium schmuggeln, um auf die Frage des Kellners, was ich essen möchte, zu sagen: »Fisch«, ins Aquarium zu langen und den Möhren-goldfisch zu verspeisen. Sollte irgend jemand von Ihnen sich das trauen, würde ich mich über einen schriftlichen Erlebnisbe-richt sehr freuen.
SIE Tiere
Das Tiersein haben wir Menschen alle noch in den Knochen. Auf Röntgenbildern ist 94
deutlich unser Restschwanz zu sehen, den wir von unserer vorgeburtlichen Zeitreise durch die Entwicklungsgeschichte als Sou-venir mitgebracht haben, das Steißbein. Bei manchen sieht man es auch so auf einen Blick, weil sie von ihrer Statur her an unsere Vorgängermodelle erinnern oder einen En-tengang oder einen Schwanenhals haben.
Manche tragen das Tier in ihrem Namen wie Herr Wolf Rindfleisch zum Beispiel, andere erinnern in ihrem Verhalten an Tiere – an störrische Esel, schnatternde Gänse oder faule Säue. In manchen Kulturen ist man stolz, wenn einem Tiereigenschaften zuge-sprochen werden: Bei den Indianern zeugen die Namen davon, wie Tanzender Bär oder Blinder Falke. Im chinesischen Horoskop gibt es noch viel mehr Tier-Mensch-Vergleiche als in der heimischen Astrologie.
Mir ist oft aufgefallen, dass manche eher peinlich berührt sind, wenn sie erfahren, dass sie als Sternzeichen eine Ratte oder ein Schwein sind. Ich bin ein Drache und fein raus.
Ich betrachte Tiere gerne als alte Evoluti-onskollegen, die viel mit uns gemeinsam haben. Auch sie machen gern ein Nicker-chen, betreiben Körperpflege, haben Hunger und Durst. Unter ihnen gibt es Fleisch- und Pfanzenfresser, lästige und äußerst giftige Vertreter, wie bei uns. Sie kratzen sich, schnarchen, furzen und dösen wie wir, es gibt faule und fleißige, sie schließen sich auch zu Lebensgemeinschaften zusammen und sind fürsorgliche oder Rabeneltern. Sie sind dem Rausch nicht abgeneigt, wenn es 95
angegorene Früchte gibt, sie tanzen und singen, sind erfinderisch, eigenbrötlerisch und neugierig, viele können schwimmen und manche werden sogar als heilig verehrt.
Tiere sind wie entfernte Verwandte, man sieht sie selten, die einen hat man gern, die anderen nicht. Als jüngstes Modell in der Familie der Säugetiere haben wir ein bisschen mehr Hubraum unter der Schädeldek-ke, dafür hat Mutter Natur bei uns eben am Schwanz gespart. Wahrscheinlich aus blan-kem Neid auf Katzen, Pfauen, Papageien, Affen und Wale, denen der Schwanz dazu verhilft, besser zu schwimmen, zu laufen, zu klettern, zu beeindrucken und gar zu fliegen als wir, haben wir unsere PS im Kopf erst mal daran gesetzt, dieses Manko auszuglei-chen, und Autos, Flugzeuge, Schwimmflossen und Unterseeboote gebaut. Das ist aber kein Grund,
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