Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen
anzugeben oder auf andere her-abzuschauen, denn offensichtlich sind wir nicht in der Lage, unsere zwischenmenschli-chen Probleme zu lösen. Die älteren Modelle aus unserer Verwandtschaft, die schon ein paar Millionen Jährchen länger im Rennen sind als wir, spielen ihr gesamtes Spektrum an Möglichkeiten stets voll aus und arbeiten z. B. mit ihrem sechsten Sinn. Sie ahnen sogar Naturkatastrophen voraus, während wir immer noch total überrascht sind, wenn genau derjenige am Telefon ist, an den wir gerade gedacht hatten. Rupert Sheldrake hat das eindrucksvoll erforscht, indem er Hunde, die zu Hause auf ihre Dosenöffner war-teten, mit der Videokamera überwacht hat.
Sie erhoben sich immer genau dann von 96
ihrer Lagerstätte, wenn sich Herrchen oder Frauen auf den Weg nach Hause machten –
auch dann, wenn der Chef ihnen den Nachmittag freigegeben oder zu Überstunden verdonnert hatte. Könnten wir das auch, bliebe es vielen erspart, beim Ehebruch überrascht zu werden.
Mit den Bonobo-Affen haben wir sogar
99 % unseres Erbgutes gemeinsam. Bonobos sind dafür bekannt, dass sie nicht über Sexualität nachdenken, sondern sie prakti-zieren. Für sie ist Sex ein Allheilmittel.
Kommt es zu Auseinandersetzungen oder Streitereien, wird sofort kopuliert, und das Problem ist beseitigt. Wir Menschen haben diesen freien und selbstverständlichen Umgang mit Sex als Aspirin für Probleme eingebüßt. Statt uns munter durchs Leben zu vögeln, treiben wir Sport, beschäftigen uns mit therapeutischen und religiösen Prakti-ken, legen Tarot-Karten und betreiben Fami-lienaufstellung nach Bert Hellinger. Wir benutzen unsere leistungsstarke Sonderaus-stattung mehr dazu, in tiefe Sinnkrisen zu stürzen, als den Wonnen des Lebens entge-genzubrettern, und das ist sicher nicht der Sinn dieses einen Prozent Unterschiedes.
ER Tiere
Die Tiere dieser Welt unterscheide ich in die, die ich essen kann, und die, zu denen ich eine emotionale Beziehung aufbauen kann, wie Abscheu oder Furcht. Vielfach sind die Unterschiede regional bedingt. Der Hund, hierzulande ausschließlich als des 97
Menschen bester Freund gehandelt, zumindest so lange, bis wir ihn an einer Raststätte aussetzen – ist andernorts von der Speise-karte nicht wegzudenken. Fressen und gefressen werden ist wohl das Natürlichste überhaupt auf der Welt und dass der Kanni-balismus weitestgehend ausgestorben ist, mag zwar mit der notorischen Selbstüberschätzung des Menschen zu tun haben, ist mir aber auch nicht unlieb, da ich doch an-dernfalls eine recht fette Beute abgäbe.
Der Vegetarierschlachtruf »Nothing with a face« ist sicher gut gemeint, als Ernäh-rungsmaxime aber durchaus suboptimal, und ich werde auch den Verdacht nicht los, dass die oft so nervtötend vor sich hergetra-gene Tierliebe nur davon ablenken soll, dass die Brüder und Schwestern im Grunde einfach keine Menschen mögen. Damit wir uns nicht missverstehen: Ich bin durchaus dafür, Menschen, die Pferde oder andere Tiere auf engstem Raum unter scheußlichsten Bedin-gungen aus Profitgier quer durch Europa karren, bevor sie erlöst werden, einmal selbst dieser Erlebnisreise teilhaftig werden zu lassen, so wie jeder Hühnerbaron auch mal eine Woche mit Gleichgesinnten in einer Legebatterie probesitzen sollte, woraus RTL auch gerne eine lustige Sendung machen darf. Aber grundsätzlich plagen mich keine Zweifel.
Ebensowenig kann ich etwas gegen zoologische Gärten einwenden, sofern sie sich be-mühen, es den Bewohnern nett zu machen.
Es gibt auch sehr viele Menschen, die sich gegen Gage zur Schau stellen, ich selbst le-98
be seit 30 Jahren davon, warum sollte man keine Tiere in Gefangenschaft zeigen dürfen, vor allem, wenn sie vom Aussterben bedroht sind, was im Übrigen auch ein normaler Vorgang ist. Mit dem Verschwinden von Dino und Säbelzahntiger hat der
Mensch rein gar nichts zu tun. »Was kriegt denn das Tier für eine Gage im Zoo?«, höre ich schon einen Gutmenschen schreien.
Nun, Vollpension ohne Stress, jede Menge zu gucken, vielleicht nicht soviel Auslauf wie sonst, aber den hat das Tier in freier Wildbahn ja auch nicht freiwillig, sondern nur, weil die Suche nach den knappen Lebensmitteln oder die wilde Flucht vor Hyä-
nen das erfordert, ansonsten ist das Tier genauso ein faules Schwein wie der Mensch.
Und es wird im Zoo häufig viele Jahre älter als in der Wildnis, und wenn es sich dann noch freudig vermehrt, was unter Zoologen als Anzeichen dafür gilt, dass der Rahmen stimmt, dann
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