Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen
Wasserfall hinunter.
SIE
Nach einer durchzechten Nacht genau die richtige Erfrischung.
ER
Da hätte ich gerne mal Jesus beim Weinma-chen erlebt.
Sonntags üben Henker am Hals ihrer Weiber den Knoten.
SIE
Und das wahrscheinlich auch noch in voller Montur.
113
ER
Dieses Sprichwort – wenn es denn eins ist –
spielt keinesfalls in Deutschland. Ein deutscher Henker wäscht sonntags sein Auto.
Im antiken Athen bestand die Strafe für männliche Ehebrecher darin, dem Übeltäter einen Rettich in den Hintern zu rammen. Was hältst du davon?
SIE
Ich halte das für eine interessante Therapie-form, nicht nur für Ehebrecher.
ER
Das lehne ich als Hobbykoch ab. Man soll nicht mit Lebensmitteln herumspielen.
Wenn zwei Männer gegeneinander handgreiflich werden und des einen Frau läuft hinzu, um ihren Mann zu erretten von der Hand dessen, der ihn schlägt, und sie streckt ihre Hand aus und ergreift ihn bei seiner Scham, so sollst du ihr die Hand abhacken und dein Aug soll sie nicht schauen. 5 Mose 25, 11-12
SIE
Eine Gebrauchsanweisung mehr, die ich nicht verstehe. Bevor nicht eindeutig geklärt ist, wer an wessen Scham greift, kann ich dazu nichts sagen.
ER
Über diese Stelle würde ich gerne mal in ei-114
ner Talkshow diskutieren, zusammen mit Eugen Drewermann, Papst Benedikt, Uta Ranke-Heinemann, Kardinal Meisner, unter Leitung von Alice Schwarzer.
Julia Roberts hat über ihre Charaktereigenschaften gesagt: Ich bin höflich, koche gern und halte grundsätzlich mein Klo sauber.
SIE
Das hätte ich von einem Hollywood-Star im Leben nicht gedacht.
ER
Ja, wenn man sonst nix zu tun hat.
Welcher der drei real existierenden Lobbys des deutschen Bundestages würdest du beitreten, a) Zentralver-band Naturdarm b) Internationale Drehorgelfreunde oder c) Fachverband Fußverkehr Deutschland?
SIE
Neugierig macht mich der Fachverband
Fußverkehr. Vielleicht gibt es völlig neue Erkenntnisse über Blasen an den Füßen, das Schwielenhobeln oder die Zehenspitzenero-tik.
ER
Keinem. Sex ist Privatsache.
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SIE Flirten
Tucholsky sagte, flirten ist ›mit den Augen bei den Händen fassen‹. Seine raffinierte Beschreibung deutet an, dass Flirten die weibliche Variante dessen ist, was Männer gemeinhin unter Anbaggern, Aufreißen und Klarmachen verstehen. Das würde Tucholsky vielleicht als ›mit den Augen grabschen‹
umschreiben, weil sich dahinter die deutli-che Absicht verbirgt, eine willige Sexual-partnerin zu finden, die man – am besten möglichst schnell – abschleppen kann. Der hormonell bedingte Zeitdruck, unter dem Männer während eines bestimmten Alters-abschnittes stehen, gebiert dann Anmachsprüche, von denen man nicht glauben sollte, dass ein Notständler sie ernsthaft anwen-det: »Mein T-Shirt und deine Hose würden sich gerne kennenlernen. Gönnen wir ihnen den Spaß?« Oder: »Ich bin Organspender.
Brauchst du was?« Oder etwas konservativer: »Ich würde gern mit dir frühstücken.
Darf ich dich zum Abendessen einladen?«
Darauf kann Frau eigentlich nur antworten:
»Weder noch, danke, bisschen Ficken ist okay, aber nicht mit dir.«
Das Flirten ist nicht auf die direkte Suche nach Triebbefriedigung beschränkt, sondern viel weiter gefasst. Es bezeichnet das Spiel mit erotischer Spannung, die sich oft überraschend zwischen zwei Leuten aufbaut. Flirten ist eine der prickelndsten Formen menschlicher Kommunikation. Wer nicht jede Gelegenheit nutzt, es zu tun, ist selber schuld. Die Fähigkeit dazu ist uns in die 116
Wiege gelegt und als Babys sind wir Welt-meister in dieser Disziplin. Wir nehmen Blickkontakt mit fremden, sympathischen Zeitgenossen auf und starten das Spiel »Angucken, Weggucken, wieder Angucken,
Weggucken, Angucken, Lächeln« usw. bis zu dem Zeitpunkt, wo man sich aus voller Seele anlacht und für Momente zutiefst be-glückt ist. flirten, früher auch Schäkern genannt, ist laut deutschem Wörterbuch ein Bekunden erotischer Zuneigung, und als Babys sind wir Erotik pur, kein Wunder also, dass wir es damals perfekt beherrsch-ten.
In der Pubertät, also ausgerechnet dann, wenn wir diese segensreiche Fähigkeit am dringendsten brauchten, scheint sie bei den meisten wie weggeblasen, außer bei einigen Naturtalenten, die mit einem Augenaufschlag ihren Mathelehrer veranlassen, ihre Zensur von 5 auf 3 zu transferieren. Wir fragen uns zum ersten Mal, ob wir schön, cool oder intelligent genug sind, um auf dem Markt der Chancen bestehen zu können, statt uns auf unsere
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