Sie und Er
wie oft ich mich dumm stellen musste?«, fragt Litani. »So tun, als hätte ich keine Ahnung, obwohl ich besser Bescheid wusste als er, nur um ihm die Genugtuung zu verschaffen, es mir zu erklären? Mir einen kleinen Vortrag zu halten?«
»Aber das Geschirr spülst du«, sagt Roxanne. »Das Bett machst du, und staubsaugen tust auch du.«
»Und im Gegenzug sind sie nicht bereit, auch nur den kleinen Finger zu rühren«, sagt Silvia.
»Na ja, es sollte ja auch nicht im Gegenzug sein«, sagt Clare. »Es müsste von ihm aus kommen, oder? Spontan.«
»Spontan, von wegen!«, sagt Margaret. »Die ersten zwei Monate vielleicht, dann kannst du’s vergessen.«
»Und wenn du es wagst, zu viele Erwartungen zu haben oder dich gar zu beklagen, bist du auf einmal die unerträglichste Frau der Welt.«
»Unerträääglich«, sagt Litani. »Einfach unmöööglich!«
»Sie fühlen sich zu Unrecht angeklagt«, sagt Silvia. »Weil du nicht dran denkst, wie entsetzlich viel Stress sie schon bei der Arbeit aushalten müssen.«
»Als würdest du nicht auch arbeiten«, sagt Anna.
»Genau«, sagt Silvia.
»Und wenn du auf deinen Forderungen beharrst«, sagt Anna, »dann geben sie dir galant zu verstehen, dass es rundherum von frei verfügbaren Alternativen wimmelt.«
»Klar«, sagt Silvia. »Von achtzehn an aufwärts, der Supermarkt der Frauen ist rund um die Uhr geöffnet, und die Regale sind voll.«
»Und wenn er dort nichts findet, kann er es immer noch auswärts probieren«, sagt Anna. »In Moldawien oder Haiti oder Manila springt bestimmt eine raus, die noch weniger verlangt als du.«
»Jedenfalls am Anfang«, sagt Silvia.
»Ganz zu schweigen von der Mama«, sagt Anna.
»Diese Geschichte mit den italienischen Männern und ihrer Mama ist grauenhaft«, sagt Margaret. »Wenn du es nicht selber erlebt hast, kannst du es nicht glauben!«
»Es ist ja auch ziemlich unglaublich.« Clare sieht Mutter und Sohn Panbianco vor sich, wie sie vor einer halben Stunde dort auf dem Gehsteig standen.
»Ziemlich?«, sagt Margaret. »Weißt du, wie es ist, wenn du etwas bloß für ein Klischee hältst und dann entdeckst, dass die Wirklichkeit schlimmer ist als das Klischee?«
»Ja, aber letztlich wollt ihr sie dann doch immer wieder, diese Männer«, sagt Maria. »Ihr jammert und jammert, könnt aber nicht ohne sie auskommen.«
»Da magst du recht haben«, sagt Litani. »Aber schließlich kann man nicht einfach eines Tages beschließen, ab sofort auf Frauen zu stehen.«
»Nein, allerdings!« Anna lacht. »So funktioniert das nicht, meine Liebe!«
»Außerdem haben auch Frauen ihre Ansprüche«, sagt Silvia mit Blick auf Maria.
»Was für Ansprüche?« Maria gibt ihr einen Schubs. »Was für Ansprüche meinst du?«
Clare merkt, dass das Handy in ihrer Handtasche klingelt und vibriert, und holt es heraus: Es ist Stefano. Da sie es nicht mag, vor allen anderen zu telefonieren, steht sie auf und schlängelt sich zwischen den Tischen des Lokals durch.
»Hallo?«, sagt Stefano. »Bist du noch dort in deiner Weiberrunde beim Süffeln?«
»Ich bin ja erst seit einer Viertelstunde hier.« Sie macht ein paar schwankende Schritte auf dem Gehsteig. »Und süffeln tue ich sowieso nicht.«
»Wie auch immer, ich dachte, du würdest dich melden«, sagt Stefano. »Aber nein.«
»Warum sollte ich?« Sie ist kurz davor zu explodieren, versucht, sich zu beherrschen.
»Na, um über die Wohnung zu reden!«, sagt Stefano. »Um mir zu sagen, welchen Eindruck sie auf dich gemacht hat, was du denkst!«
»Ich dachte, wir würden später darüber sprechen.« Sie beobachtet Annas Freundinnen, die an den Tischchen sitzen und ihr gelegentlich diskrete Blicke zuwerfen.
»Ich wollte eine spontane Reaktion!«, sagt Stefano. »Irgendeine Meinung wirst du dir doch gebildet haben, oder?«
»Ich weiß nicht«, sagt sie. Wie jedes Mal, wenn sie sich gedrängt fühlt, zieht sie sich in ihr Schneckenhaus zurück. Schon ihren Vater regte das auf, er versuchte ihr einzutrichtern, sie müsse immer möglichst offen reagieren, ihre Gründe darlegen und unter Umständen auch mit Vehemenz verteidigen. Aber das waren die Ratschläge eines Mannes, der Soldaten für den Nahkampf ausbildete: Häufig erreichte er damit das Gegenteil. Es liegt ihr einfach nicht zurückzuschlagen, sie läuft lieber weg, aber nicht aus Angst, sondern weil sie Konflikte hasst.
»Ich weiß nicht, ich weiß nicht«, sagt Stefano wütend. »Vielen Dank für deine erhellenden Kommentare und deine
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