Sie waren zehn
massigen Körper eines alten, beim Atmen pfeifenden Bauern, hockte ein Weibchen und blinzelte Iwanow an. Nicht schon wieder, dachte Fjedor Pantelijewitsch und grinste verhalten zurück. Pelageja hatte einen verdammt unruhigen Hintern; verstehen kann man das, alle jungen Männer sind an den Fronten, und die Alten, so sie noch können, schaffen es nicht und falten glücklich die Hände, wenn mal ein Urlauber ins Dorf kommt und sich die Arbeit verteilt. Aber so ein Weibchen wie Pelageja nimmt einen ganz schön mit, glaubt es mir, Freunde. Und nun sitzt da wieder ein Röckchen, dreht die Brüstchen hin und her, wackelte mit den Stiefelspitzen und läßt verheißungsvoll die Äuglein rollen. Moskau wird eine harte Aufgabe werden, nicht nur wegen Stalin …
Iwanow lehnte sich zurück, schlug die Beine lässig übereinander und trommelte mit den Fingerspitzen auf seinem Oberschenkel. Das Weibchen blinzelte wieder, strich sich die rötlichbraunen Haare aus der Stirn und nestelte an ihrer Bluse, als wolle sie sich etwas Luft verschaffen. Iwanow seufzte leise und beugte sich vor.
»Man kann das Fenster nicht öffnen, ich habe es probiert. Es klemmt«, sagte er.
»Ich bin Wanda Semjonowna«, antwortete sie, obwohl er sie gar nicht nach ihrem Namen gefragt hatte.
»Fjedor Pantelijewitsch.« Iwanow machte eine kleine höfliche Verbeugung. Wanda nahm sie mit Erstaunen wahr und zupfte wieder an ihrer Bluse. Sie war ausgesprochen hübsch – nicht die Bluse, sondern Wanda Semjonowna. Selbst wenn sie saß, brachte sie ihr schlankes Körperchen zur Wirkung, und im Gegensatz zu Pelageja, die gegen sie wie die leibhaftige Mutter Erde wirkte, verbarg die Bluse einen jugendlichen Busen. Wie ein mittelgroßer Boskoop-Apfel, dachte Iwanow. Seine Erfahrungen auf diesem Gebiet registrierte er nach Obstsorten, was anschauliche Vergleiche zuließ. So konnte man Pelageja als eine vollreife Melone betrachten.
»Ich bin Vorarbeiterin in einer Baubrigade«, sagte Wanda Semjonowna. Sie war stolz darauf. Mit ihren dreiundzwanzig Jahren hatte sie schon viel erreicht. Früher hatte es kaum Mädchen gegeben, die solch harte Männerarbeit verrichteten, aber seit der Revolution drängten sich immer mehr Frauen in Berufe, die ihre Stellung in der sowjetischen Gesellschaft dokumentierten. Mit den Kampftruppen gegen die Weißen Armeen fing es an, dann kamen die Traktoristinnen, später die Handwerkerinnen, und jetzt gab es keinen Beruf, in dem ein Mädchen nicht an der Seite der Männer sein Plansoll erfüllte. Auch auf dem Bau. Da saßen sie auf den Gerüsten und mauerten, gossen Beton oder verputzten Wände. Eine von ihnen war Wanda Semjonowna, sogar eine Vorarbeiterin, weil sie so fleißig war und die Gabe besaß, Menschen leiten zu können. Außerdem – aber darüber sprach man nicht – war sie zweimal mit dem Genossen Betriebsleiter verreist, bis dessen Frau ihm ein blaues Auge schlug. Das machte seinen Kopf wieder klar, Wanda Semjonowna kam in eine andere Abteilung der Baubrigade, aber Vorarbeiterin blieb sie natürlich.
Iwanow nahm die Mitteilung gelassen hin. »Ich habe noch keine Stellung«, erklärte er so laut, daß es alle im Abteil hörten. Man wich damit weiteren Fragen aus. »Die Ärzte sind sich noch nicht einig!« Er hob wieder sein Hemd hoch und zeigte seine imposante Narbe.
»Ein Held!« hauchte Wanda verhalten. »Genossen, wir haben einen Helden unter uns.«
»Das ist übertrieben.« Iwanow gab sich schamhaft und stopfte das Hemd wieder hinter den Hosenbund. »Meine Pflicht habe ich nur getan, liebe Freunde. Ein bißchen mitgeholfen beim Sieg! Nicht der Rede wert! So ein Kratzerchen …« Er sah Wanda mit seinen blauen Augen liebevoll an, und seine blonden Haare leuchteten in der Sonne, die durch die schmutzigen Scheiben drängte. »Ich lebe noch vom Militärsold!«
»Wollen Sie Arbeit haben, Fedja?« fragte Wanda Semjonowna. Oh, sie sagt auch schon Fedja, durchrann es Iwanow. Wie schnell sie hier sind. Wahrhaft ausgehungert sind die Weibchen!
»Arbeit ist immer gut. Ein paar Rubelchen dazu … Wenn sie für meine Narbe nicht zu schwer ist.« Er klopfte einem Bauern, der ihm in patriotischer Aufwallung ein Stück Wurst hinhielt, auf die Schulter. Sie war gut gewürzt, eine Hausschlachtungswurst, ohne Zweifel, vermutlich von einem unterschlagenen Schwein. »Freunde, ihr seid alle so gut zu mir! Nur nicht weiter so, mir kommen sonst die Tränen.«
»Ich könnte in meiner Kolonne einen Einschaler gebrauchen«, sagte Wanda
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