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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Offiziersehre vereinbaren? Sie sind zum Handlanger eines Verbrechers geworden, der die ganze Welt ins Unglück stürzte! Bitte kein Wort von Gehorsam! Sie sind – auf welchem Wege, das werden wir noch erfahren – bis Perowo gekommen, als Russe getarnt, mit hervorragenden Papieren, um einen Spezialauftrag auszuführen. Sie werden uns das nicht sagen, ich weiß. Sie werden weder Namen noch Hintermänner, noch Kontaktpersonen nennen. Aber halten Sie uns nicht für Hirnlose, die glauben, daß Sie als Einzelkämpfer durch unser Land wandern.« Oberst Smolka schnippte die Asche von seiner Papyrossa. »So ist es, nicht wahr?«
    »Kein Kommentar«, sagte Sassonow ruhig.
    »Ich stehe immer mit maßlosem Erstaunen vor der deutschen Moral.« Smolka wechselte die Beinstellung und strich seine Hosen gerade. »Wir werden Sie durchleuchten, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich weiß nicht, warum – aber Sie sind mir sympathisch, Major von Labitz. Bitte, zwingen Sie mich nicht, Sie in den dritten Keller bringen zu lassen …«
    Sassonow hob die Schultern. Du bist ein ganz gerissener Hund, Igor Wladimirowitsch, dachte er. Das war eine galant servierte, tödliche Drohung. Der dritte Keller des NKWD war fast schon eine Sage aus der Unterwelt. Die letzte Station … »Sie können das Verfahren abkürzen, Herr Oberst«, sagte Sassonow und schloß wieder die Augen. Die Erschöpfung überflutete ihn und lähmte seine Auffassungsgabe. Der eingekugelte Arm schickte einen ziehenden Schmerz durch den ganzen Körper, das eingeschlagene Nasenbein brannte, geronnenes Blut und die Schwellung machten ein freies Atmen unmöglich. »Ich kann Ihnen kaum noch folgen«, murmelte er ehrlich. »Es war ein anstrengender Tag.«
    »Wie lange sind Sie in Rußland?«
    »Ich habe kein Gefühl für Zeit und Raum mehr.«
    »Wann sind Sie in Perowo eingetroffen?«
    »Vergessen! Vielleicht zur Zeit Katharinas der Großen …«
    Oberst Smolka beugte sich vor. Er lächelte schief. Seine Fragen hackten auf Sassonow ein, der mit geschlossenen Augen auf seinem Sessel schwankte.
    »Sie sollten im Kombinat ›Maxim Gorkij‹ sabotieren? Sie wissen, daß wir dort Panzerplatten herstellen. War es Ihre Aufgabe, die Maschinen unauffällig durch hineinmontierte Fehler auszuschalten? Oder galt Ihr Interesse der neuen Stahllegierung für unseren Panzer T 32? Sind Sie im Zivilberuf Ingenieur? Sie sind nicht allein, unmöglich! Wie groß ist Ihre Gruppe?!«
    Sassonow schüttelte müde den Kopf. »Fragen Sie einen Kürbis … er kann Ihnen mehr sagen als ich jetzt. Gleich falle ich Ihnen zu Füßen und schlafe ein …«
    »Wir werden morgen weitersehen.« Oberst Smolka nickte dem Major, der noch immer wortlos an der Tür stand, kurz zu. Zwei NKWD-Soldaten kamen ins Zimmer, zerrten Sassonow aus dem Zimmer und führten ihn ab. Er schwankte auf weichen Beinen, wurde von den Soldaten fast weggeschleift und ergab sich ganz dem Zusammenklang von Schmerzen und Erschöpfung.
    Der Major sah den Oberst fragend an. Smolka hatte die Unterlippe vorgeschoben und spielte mit einer Papyrossischachtel. Er warf sie in die Luft, fing sie wieder auf und ließ sie über den Tisch hüpfen.
    »Lassen Sie ihn ausschlafen«, sagte er dann. »Was wir jetzt auch mit ihm tun könnten – es wäre für ihn eine Erlösung. Aber er soll nicht erlöst werden! Sprechen soll er! Und wenn es nur ein Hauch von Wahrheit ist – er bringt uns weiter!«
    Sie brachten Sassonow in eine kleine, fensterlose Zelle in den 2. Keller. Mit einem geradezu seligen Gefühl streckte er sich auf der Holzpritsche aus, zog die dünne graue Decke über seine Füße und spürte eine dumpfe Erschütterung in seinem Kopf. Bevor alles in ihm gelähmt wurde, dachte er noch: Jetzt haben sie mir den Schädel eingeschlagen. Es tat gar nicht weh! Ich danke euch – ihr habt mir die Arbeit abgenommen …
    Daß Tote wiederaufwachen, kennt man aus den gespenstischen Geschichten von Edgar Allan Poe oder liest so etwas in den Zeitungen, wenn Scheintote im Sarg wieder sehr lebendig werden. Für Sassonow war es ein rätselhaftes Ereignis, daß er als Toter noch immer Schmerzen in der rechten Schulter und in seiner Nase spürte, daß er ferne Geräusche wahrnahm und sein Geruchssinn arbeitete – trotz zerschlagenem Nasenbein – und ihm einen muffigen, moderigen Gestank signalisierte. Auch fühlte er, daß er unter einer Decke lag, und hörte das Knacken von Holz, als er sein linkes Bein anzog … alles Dinge voller Rätsel, denn ein Toter besitzt

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