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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Und drei Zahlen 33. A., 49. A., 50. A. Mein Gott – drei sowjetische Armeen allein gegen Mogilew! Wie gut kannte er die Stellungen an der östlichen Auswölbung der HKL! Erdbunkerstellungen, durch ein dünnes Grabensystem miteinander verbunden. Vorgeschobene Posten in engen Laufgräben. Und hinter der Hauptkampflinie die Trosse und Stäbe, ein paar Artillerieabteilungen, Flak im Erdeinsatz, eine Panzergruppe mit wenig Sprit: die deutsche 4. Armee, ausgelaugt, aufgefüllt mit halben Kindern, die schlecht ausgebildet aus dem Reich herangekarrt worden waren und mit großen, heimwehvollen Augen in den Erdlöchern hockten und bei jedem Schuß zusammenzuckten. Die alten Frontschweine, mehrfach verwundet und immer wieder zurückgekehrt zur Truppe, übten sich in Fatalismus. »Laß sie nur kommen«, sagten sie. »Wir kriegen das schon hin. Wir haben schon Pferde kotzen sehen!« Das half ihnen jetzt nicht mehr. Drei russische Armeen gegen eine einzige deutsche. Und keiner wußte das …
    Iwanow dachte an das Lazarett in Mogilew, aus dem sie ihn nach Eberswalde herausgeholt hatten. Elfriede, die üppige blonde Unersättliche, das Germanenweib, Thusnelda gerufen, die am Dnjepr-Ufer beim Lieben das Gras ausriß und über ihn streute, die glaubte, ein Hölderlin-Gedicht sei von ihm – und eine seiner weißblonden Locken zwischen ihren heißen Brüsten trug … Elfriede, hau ab! Haut alle ab, Kameraden, lauft … lauft … fragt nicht, Fragen kostet Zeit und ihr habt keine Zeit mehr … Drei sowjetische Armeen brechen über euch herein! Elfriede, du warmes, weiches Polster … du teilst jetzt auf deiner Station im Lazarett II das Mittagessen aus und schwenkst deinen Hintern hin und her und ahnst nicht, was ein paar Kilometer östlich von dir sich zusammenbraut. Lauf, Elfriedchen , lauf …
    Vorarbeiter Lumjanow turnte zu Iwanow heran und blickte ihm über die Schulter.
    »Schulung!« sagte er sachverständig. »Aber hier? Das habe ich noch nicht erlebt. Früher wurden die Räume als Museum benutzt. Auch die Sekretärinnen sind neu!«
    »Wie lange baust du schon im Kreml?«
    »Über zehn Jahre.« Lumjanow war darauf stolz. Immer hatte man die Arbeiter ausgewechselt, es war ein ständiges Kommen und Gehen, doch er blieb immer der Vorarbeiter im Kremldienst. »Ich bin hier wie zu Hause.«
    »Kommt Stalin zu den Schulungen?«
    »Stalin? Hierhin? Nie! Er hat seine Räume im Gebäude des Präsidiums des Obersten Sowjets. Heute morgen sind wir daran vorbeigefahren.«
    Iwanow nickte. Den Plan des Ministerratsgebäudes hatte er genauso im Kopf wie den Grundriß des Großen Kremlpalastes. Er wußte genau, wo Stalins Arbeitszimmer lag, aber er war unsicher geworden, als er nun sah, daß selbst in die historischen Räume des Palastes sowjetische Dienststellen eingezogen waren. So war es durchaus möglich, daß Stalin seinen Arbeitsplatz gewechselt hatte.
    »Er verläßt das Gebäude nie, was?« fragte er.
    »Kaum.« Lumjanow lachte. »Bist begierig darauf, ihn zu sehen, was? Vielleicht in zwei Wochen.«
    »Was ist in zwei Wochen?« fragte Iwanow und schraubte eine Verbindung fest.
    »Da werden sieben Kamine erneuert. Wir bauen das Gerüst. Und ein Sims, vierzehn Meter lang, muß ausgewechselt werden. Es ist verwittert. Kann sein, daß wir dann Stalin sehen. Der Bauplatz ist in der Nähe seiner Zimmer.« Lumjanow half Iwanow, über die Seilrolle ein neues Brett vom Hof heraufzuziehen. »Du willst Wanda Semjonowna heiraten?« fragte er unvermittelt.
    »Wir haben noch nicht darüber gesprochen.«
    »Aber du wohnst bei ihr?« Lumjanow nagelte das Brett an eine Gerüstleiter. Er hatte einen kräftigen Schlag. »Ich wollte sie auch heiraten …«
    »Du?«
    »Ich bin Witwer. Ohne Kinder. Ist man mit neunundvierzig zu alt, um ein Weibchen von dreiundzwanzig glücklich zu machen? Ich bin ein starker, gesunder Mann.«
    »Und was sagt Wanda Semjonowna dazu?«
    »Sie weiß es ja gar nicht. Ein Wunsch von mir war es. Bei Gelegenheit …« Lumjanow kratzte sich den Kopf … »Irgendwann hätte ich sie gefragt. Man kann das doch nicht zwischen Zementsäcken und Mischmaschinen. Zu einem Spaziergang an der Moskwa wollte ich sie einladen und dann mit ihr sprechen. Und da bringt sie dich mit …«
    »Das tut mir leid, Lumjanow. Ich hatte mich gerade daran gewöhnt, daß wir Freunde werden.«
    »Das sind wir, Fedja! Das sind wir auch!« Lumjanow umarmte Iwanow und küßte ihn brüderlich. »Nur eins muß ich dir sagen: Wird Wandaschka nicht glücklich mit dir,

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