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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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beiden anderen Toten in den Zinksärgen aus Kalinin war unverkennbar. Er schnaufte durch die Nase, steckte sich eine Zigarette an – keine Papyrossa, sondern eine flache türkische voll süßlichen Duftes, von denen ihm ein Agent in Beirut sechs Packungen mitgebracht hatte, als er zur Berichterstattung nach Moskau gerufen worden war – und begann, nun auch diesen Milizbericht zu lesen.
    Er war kurz. In einem Viehwagen, der mit Kühen beladen gewesen war, hatte die Putzbrigade beim Ausspritzen des Waggons die Überreste eines Menschen gefunden. Anders konnte man das nicht nennen; die Kühe hatten den Mann bis zur Unkenntlichkeit zertrampelt. Da die Tiere zum letzten Mal in Stupino mit Futter und Wasser versorgt worden waren – so rekonstruierte ein kluger Milizleutnant –, mußte der Mann also in Stupino in den Wagen geklettert sein, um auf diese Weise billig und unbemerkt nach Moskau zu kommen. Sein Tod wäre ein normaler Unfall gewesen, hätten nicht die merkwürdigen Drähte, die aus einem Absatz quollen, zum Nachdenken angeregt. Name des Toten: Alexander Nikolajewitsch Kraskin. Die Überreste des Kraskin lagen im Kühlfach des Gerichtsmedizinischen Institutes II.
    Smolka hatte daraufhin aus dem Archiv eine große Karte von Moskau und Umgebung kommen lassen, hatte sie an die Wand gehängt, wozu er das Leninbild opfern mußte, denn dessen Nagel brauchte er, und hatte mit einem dicken Rotstift die Namen der Orte umrandet, an denen man die vier geheimnisvollen Genossen entdeckt hatte: Stupino – Wolokolamsk – Perowo – Maximowo –
    Das Bild, das sich Smolka bot, genügte, um seinen Nacken heiß werden zu lassen. Ein nervöses Jucken überzog seinen ganzen Körper.
    Ein schöner Halbkreis zog sich um Moskau, in einer Entfernung von 50 bis 80 Werst. Vier Absprungpunkte, so exakt bestimmt, so präzise erreicht, daß Oberst Smolka bei seiner zweiten Zigarette laut zu sich selbst sagte: »Das ist preußische Perfektion!«
    Dann saß er vor seiner Karte, starrte auf die vier roten Kreise und blieb so wortlos sitzen, bis sein Stab um ihn herum Platz genommen hatte oder an den Wänden stand. Nachdem ein Major die Protokolle aus Kalinin und vom Moskauer Güterbahnhof verlesen hatte und Smolka angesichts der betroffenen Mienen seiner Mitarbeiter geradezu mit Übelkeit zu kämpfen hatte, streckte er die Hand aus und wies auf die Karte.
    »Was beweist Ihnen das?« fragte er laut. »Ich gebe Ihnen die Antwort: Ein Kommando deutscher Offiziere ist irgendwann nachts mit Fallschirmen in der Nähe von Moskau abgesetzt worden. Wir sehen einen Halbkreis. Warum sollte es aber kein geschlossener Kreis sein? Warum sollen im Osten und Norden von Moskau keine deutschen Offiziere abgesprungen sein? Dieser Zirkelschlag ist mir zu vollkommen, als daß ihn unser deutscher Gegner nur halb ausgenutzt hätte! Kein Zweifel besteht mehr, daß es deutsche Offiziere waren: Die gleichen vollkommenen Papiere, die sie zu harmlosen Russen und entlassenen Soldaten machten, die gleichen Funkgeräte, das gleiche Ziel, aus den Marschbefehlen ersichtlich: Moskau! Es handelt sich hier also um ein deutsches Kommando-Unternehmen, das offenbar einen wichtigen Anschlag im Moskauer Gebiet ausführen sollte. Gehen wir davon aus, daß die vier Entdeckten nur eine Teilgruppe sind, dann muß es den anderen deutschen Offizieren gelungen sein, unsere Stadt zu erreichen. Genossen! Eine unbekannte Zahl zu allem entschlossener Saboteure lebt unter uns!«
    Oberst Smolka erhob sich, trat an das Fenster und blickte auf die breite belebte Straße. Die große Offensive rollte, die deutsche Front war aufgerissen, bei Witebsk waren deutsche Divisionen der 3. Panzer-Armee bereits eingekesselt, in Moskau begann das Leben wieder normal zu werden, der Krieg entfernte sich von Tag zu Tag – aber lautlos, an Fallschirmen pendelnd niedergehend, war eine Gefahr noch unbekannter Größe mitten ins Herz Rußlands vorgedrungen, fuhren die Saboteure als liebe Genossen getarnt durch das Land …
    »I ch werde den Genossen Generalissimus Stalin selbst davon unterrichten«, sagte Oberst Smolka mit schwerer Zunge. »Ein Verbrechen wäre es, das zu verschweigen.« Er drehte sich um und blickte seine Offiziere fragend an. »Wo setzen wir an? Wo forschen wir nach? Wen schützen wir? Wer oder was ist gefährdet? Sie schweigen, Genossen! Ich muß auch schweigen. Wir tappen jetzt durch eine Nacht, wir wissen gar nichts, wir greifen ins Leere. Wir wissen nur, daß deutsche Offiziere in Moskau

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