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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zündete sich eine Zigarette an. Die Pleskina kam auch noch an richtige, würzige Papyrossi.
    »Paß auf!« sagte sie. »Gleich …«
    Die Musik brach ab. Eine ruhige, wohlklingende Männerstimme sprach. Deutsch.
    »Hier ist der Soldatensender West. Kameraden an allen Fronten, ihr hört jetzt die Wahrheit. Wir bringen Nachrichten …«
    »London!« rief Anna Iwanowna schnell dazwischen. »Das kommt aus London. Ein alliierter Sender.«
    Duskow legte den Kopf nach hinten und starrte an die Decke. Fast die gleichen Nachrichten wie im sowjetischen Rundfunk. Große Einbrüche im Abschnitt Witebsk, breite Panzerstoßkeile auf Orscha, Vormarsch auf Mogilew, Eindringen in die deutschen Stellungen in den Pripjet-Sümpfen … Die deutsche Front wurde eingedrückt, aufgerissen, gespalten.
    Dann, nach einer Pause, die Stimme aus London: »Hier spricht ein Kamerad zur Lage.«
    Anna Iwanowna drehte weiter. »Sie alle sagen, daß die Deutschen zurückweichen. Wir siegen, mein Liebling! Freust du dich?«
    »Es ist wirklich ein Triumph!« sagte Duskow dumpf. »Mach Musik, Anuschka.«
    Sie blickte auf die Uhr, bestimmt ein Erbstück, ein großer geschnitzter hölzerner Kasten, in dem ein riesiges Perpendikel schwang. Die Zeiger schienen aus massivem Silber zu sein. »Gleich ist es soweit! Du kannst Deutschland hören. Willst du?«
    »Nein!« Duskow schloß die Augen. Wir müssen den ganzen Zeitplan umwerfen, dachte er. Wir können nicht mehr warten. Es hat keinen Sinn, Stalin umzubringen, wenn die roten Armeen vor Berlin aufmarschieren! Hoffentlich hören auch die anderen diese Nachrichten und denken genauso.
    Die anderen … Duskow atmete tief durch. Wen würde er überhaupt bei Milda Ifanowna wiedersehen?
    Der Großdeutsche Rundfunk. Anna Iwanowna schien ganz glücklich zu sein, ihn vorführen zu können. »Hör dir das mal an …«
    »Ich kann kein Deutsch …«, sagte Duskow heiser.
    »Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:
    An der südlichen Ostfront scheiterten alle Vorstöße der Bolschewisten. Erneute Bereitstellungen wurden zerschlagen.
    Im mittleren Frontabschnitt nahm der sowjetische Großangriff an Wucht zu und dehnte sich auf weitere Abschnitte aus. Während zwischen dem Pripjet und Tschaussy alle Angriffe erfolglos blieben, gelang es starken feindlichen Infanterie- und Panzerkräften östlich Mogilew beiderseits der Smolensker Rollbahn und beiderseits Witebsk, in unsere vordersten Stellungen einzubrechen. Die Abwehrschlacht geht hier mit steigender Heftigkeit weiter. Die Bolschewisten verloren gestern im Mittelabschnitt der Ostfront 73 Panzer und 53 Flugzeuge . «
    »Wie sie lügen!« rief die Pleskina und ballte die Fäuste. »Du kannst es nicht verstehen – aber die Deutschen sind die größten Lügner der Welt!«
    »Stell das Radio ab!« sagte Duskow laut. »Anuschka, ich werf es an die Wand, wenn du es nicht abstellst …« Erschrocken drehte sie den Ton weg.
    Es war der 24. Juni 1944.
    Duskow fragte sich, ob das Unternehmen Wildgänse überhaupt noch einen Sinn hatte. Der Zusammenbruch der deutschen Ostfront vollzog sich schneller, als man in die Nähe Stalins kommen konnte.
    »Komm zu mir, Anuschka –«, sagte er und betrachtete ihren sich im Kerzenschimmer drehenden Leib. »Komm zu mir! Laß uns wenigstens jetzt vergessen, in welch barbarischer Zeit wir leben …«
    25. Juni 1944
    Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:
    Im Osten stehen unsere Divisionen im gesamten mittleren Frontabschnitt im schweren Abwehrkampf gegen die mit starken Infanterie-, Panzer- und Luftstreitkräften geführte Offensive der Sowjets. Es gelang dem Feind, nur östlich Mogilews, an der Smolensker Rollbahn und besonders im Raum von Witebsk seine Einbrüche zu erweitern …
    26. Juni 1944
    Im mittleren Abschnitt der Ostfront dauert die Abwehrschlacht mit unverminderter Heftigkeit an. Die Sowjets wurden in den meisten Abschnitten abgewiesen. Südlich und östlich Bobruisk konnte der Feind jedoch einige Einbrüche erzielen. Auch im Raum östlich Mogilews gewann der feindliche Angriff nach blutigen Kämpfen nach Westen Boden.
    27. Juni 1944
    Im Mittelabschnitt der Ostfront stehen unsere tapferen Divisionen in den Abschnitten von Bobruisk, Mogilew und Orscha in heftigem Abwehrkampf gegen die mit massierten Kräften angreifenden Sowjets. Westlich und südwestlich Witebsk kämpfen sie sich auf neue Stellungen zurück …
    28. Juni 1944
    Im Mittelabschnitt der Ostfront dauern die erbitterten Kämpfe im Raume Bobruisk und Mogilew an.

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