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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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erhob sich.
    »Sie springen ab bei Uvarowka/Moshaisk. – Zeigen Sie es bitte auf der Karte.«
    Sepkin nahm aus Hansekamms Hand den Zeigestock, trat an die Karte und tippte sofort auf sein Einsatzgebiet.
    »Gut! – Iwan Petrowitsch Bunurian.«
    »Hier!« Oberleutnant von Ranowski erhob sich.
    »Sie springen ab bei Maximowo.«
    Schritt zur Karte, Zeigestock, ein Antippen auf der bedruckten Leinwand.
    »Gut!«
    Noch achtmal wiederholte sich der Vorgang. In einen Automaten wurde ein Wort wie eine Münze eingeworfen, und der Automat marschierte zur Karte Moskau und Umgebung und tippte auf den angegebenen Punkt.
    »Luka Iwanowitsch Petrowskij. Sie springen ab bei Kosterowo.
    Leonid Germanowitsch. Sie springen ab bei Kolchugino/Alexandrow.
    Fjedor Pantelijewitsch Iwanow. Sie springen ab bei Dubna.
    Alexander Nikolajewitsch Kraskin. Sie springen ab bei Stupino.
    Kyrill Semjonowitsch Boranow. Sie springen ab bei Wjerjejo.
    Sergeij Andrejewitsch Tarski. Sie springen ab bei Lataschino.
    Pawel Fedorowitsch Sassonow. Sie springen ab bei Jegorjewsk.
    Nikolai Antonowitsch Plejin. Sie springen ab bei Pjereslawl-Saljeresskij.«
    Oberst von Renneberg legte das Blatt in die blaue Mappe zurück.
    Der kleine Plejin stand noch immer an der Moskaukarte, den Zeigestock in der Hand.
    »Die Gebiete sind Ihnen durch Luftaufnahmen bekannt. Von jedem Absprungziel ist Moskau über gut ausgebaute Straßen oder mit der Eisenbahn zu erreichen. Zu Ihrer Beruhigung – ich lese die stumme Frage in Ihren Augen: Milda Ifanowna ist in Moskau.«
    »Bravo!« rief Petrowskij, »Genossen, ein Hoch auf das Mädchen!«
    »Der Aufklärer, der sie absetzte, wird allerdings vermißt …«
    »Echt – oder nur aktenmäßig?« fragte Boranow heiser.
    »Echt. Man rechnet damit, daß die Maschine von sowjetischen Nachtjägern abgeschossen wurde.«
    »Der erste Tote von Wildgänse.« Kraskin zündete sich eine selbstgerollte Zigarette an und inhalierte den Rauch, als sei er ein nervenberuhigendes Mittel.
    »An der Invasionsfront starben gestern Tausende. Es ist Krieg …«
    Renneberg klappte die Mappe zu.
    Der kleine Plejin gab seinen Zeigestock wortlos an Hansekamm zurück.
    »Die Belehrung war unbedingt notwendig, Genosse Oberst«, sagte Petrowskij mit belegter Stimme. »Beim heiligen Stephanus, wir hätten das bald vergessen! Sitzen hier, werden gemästet wie die Kapaune, werden gepflegt wie Rennpferdchen, und alles nur, weil Krieg ist und wir bald krepieren müssen. Oje, wie konnten wir das bloß vergessen!«
    »Sie bekommen gleich Ihre Zivilkleider, Ihre Papiere, ein paar Rubel und alltägliche Kleinigkeiten, die man so mit sich führt. Gibt's noch Fragen?«
    »Keine Fragen«, antwortete Sassonow.
    »Morgen früh fahren wir zu den Fliegerhorsten.«
    »Dann ist heute unser letzter gemeinsamer Abend?«
    »Ja.«
    »Wir werden einen russischen Abschied feiern, Brüderchen«, sagte Bunurian bedrückt. »Wer weiß, ob wir uns wiedersehen.«
    Vorahnungen? Todesschatten? Resignation? Unbewußte Auflehnung? Die zehn blickten ihren Lehrmeister an. Oberst von Renneberg klemmte die blaue Mappe unter die rechte Achsel. »Ich habe Sekt kalt stellen lassen. Echten Krimsekt. Andenken an die Zeit, als wir die Krim fest in der Hand hatten. Aber um 23 Uhr ist Bettruhe, meine Herren. Ich glaube –«, Rennebergs Gesicht wurde weicher –, »daß jeder von Ihnen noch ein paar stille, nur ihm gehörende Stunden braucht. Ich weiß, Sie halten mich für einen kalten Rechner oder – um russisch zu bleiben – für einen Apparatschik. Aber auch ich weiß, daß wir keine Schlangen sind, die sich schmerzlos häuten können. Glauben Sie mir, ich sehe dem morgigen Tag nicht ohne Teilnahme – ja, auch mit einer gewissen Angst entgegen. Ich habe Sie alle in mein Herz geschlossen. Es wird schwerfallen, Sie gründlich zu vergessen.«
    Renneberg und Hansekamm selbst verteilten später die Zivilkleider. Anzüge aus harten Stoffen, derbe Schuhe, handgestrickte Strümpfe, karierte oder gestreifte Hemden, alles schon lange getragen und dementsprechend verschlissen. Petrowskij zum Beispiel erhielt ein Hemd, dessen Rückenteil man verkürzt hatte, um mit dem Stoff den Kragen auszubessern.
    »Ha!« schrie Petrowskij sofort und schwenkte den Lumpen. »Mir das! Genossen, ich bin ein ästhetischer Mensch! Nicht einmal bis zur Ritze reicht das Hemd! Das gibt Krankheiten, ich schwöre es. Mein Onkel Kostja Tichonowitsch hat auch einen solchen Arschbetrüger getragen. Zwei Jahre lang. Er wurde hinten immer

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