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Titel: Sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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einerlei,
und so viel zum Messer unter dem Bett. Jetzt bin ich nichts weiter als die jüngste Nummer auf Annies bemerkenswerter Todesliste. Und dann, als die lähmende Euphorie der Spritze sich auszubreiten begann, dachte er beinahe belustigt: Als eine miese Scheherazade habe ich mich erwiesen.
    Er dachte, gleich würde der Schlaf zurückkommen - ein endgültiger Schlaf -, aber dem war nicht so. Er sah, wie sie die Spritze in die Rocktasche schob, dann nahm sie auf der Bettkante Platz … aber nicht dort, wo sie normalerweise saß; sie setzte sich ans Fußende, und einen Augenblick sah er nur ihren massiven, undurchdringlichen Rücken, als sie sich hinabbeugte, als wollte sie etwas nachsehen. Er hörte ein hölzernes Tock , ein metallisches Klock , dann ein rasselndes Geräusch, das er schon einmal gehört hatte. Nach einem Augenblick konnte er es einordnen. Nehmen Sie die Streichhölzer, Paul.
    Diamond Blue Tips. Er wusste nicht, was sie sonst dort am Fußende des Betts hatte, aber eines war eine Packung Diamond-Blue-Tips-Streichhölzer.
    Annie wandte sich zu ihm und lächelte wieder. Was auch immer sonst geschehen sein mochte, ihre apokalyptische Depression war verschwunden. Sie strich mit einer mädchenhaften Geste eine widerspenstige Locke hinter das Ohr. Der trübe, schmutzige Halbschimmer der Locke sah seltsam aus.
    Der trübe schmutzige Halbschimmer o Mann daran musst du dich erinnern das ist nicht halbschlecht o Mann jetzt bin ich zugedröhnt, meine ganze Vergangenheit war ein Prolog für diese Scheiße hey Baby dies hier ist der Fix o Scheiße ich bin total am Arsch aber das ist eine geile erstklassige
Scheiße das rollt auf einer meilenhohen Welle mit’nem beschissenen Rolls hinaus das ist …
    »Was wollen Sie zuerst hören, Paul?«, fragte sie. »Die guten oder die schlechten Neuigkeiten?«
    »Gute Neuigkeiten zuerst.« Er brachte ein breites albernes Grinsen zustande. »Schätze, die schlechten Neuigkeiten sind, dass dies das ENDE ist, hm? Schätze, das Buch hat Ihnen nicht so gut gefallen, hm? Zu schade … ich hab’s versucht. Es hat sogar funktioniert. Ich habe gerade angefangen … Sie wissen schon … angefangen, richtig Fahrt aufzunehmen.«
    Sie sah ihn tadelnd an. »Ich liebe das Buch, Paul. Das habe ich Ihnen gesagt, und ich lüge niemals. Es gefällt mir so sehr, dass ich erst weiterlesen möchte, wenn es fertig ist. Es tut mir leid, dass Sie die N selbst eintragen müssen, aber … das wäre wie mogeln.«
    Sein breites albernes Grinsen wurde noch breiter; er dachte, gleich würden sich die Mundwinkel hinten im Nacken treffen, dort eine Schleife binden, und der obere Teil seiner armen geplagten Birne würde einfach herunterkippen. Vielleicht würde er in der Bettpfanne neben dem Bett landen. In einem tiefen, verborgenen Teil seines Verstandes, in den die Droge noch nicht vorgedrungen war, ertönten die Alarmglocken. Sie liebte das Buch, das bedeutete, sie hatte nicht vor, ihn umzubringen. Was auch immer sie vorhatte, sie wollte ihn nicht umbringen. Und wenn seine Einschätzung von Annie Wilkes nicht völlig falsch war, dann bedeutete das, sie hatte etwas ungleich Schlimmeres mit ihm vor.
    Jetzt sah das Licht im Zimmer nicht mehr trübe aus; es sah wundersam rein aus, wunderbar erfüllt von seinem
eigenen grauen und unheimlichen Reiz; er konnte sich nur schemenhaft im graublauen Nebel erkennbare Kraniche in diesem Licht vorstellen, die in einbeiniger Stille am Ufer von Hochlandseen standen, konnte sich die Glimmerstückchen in Felsen, die auf Hochlandwiesen aus dem Frühlingsgras herausragten und in dem rauen Schein von glasiertem Fensterglas schimmerten, in diesem Licht vorstellen, konnte sich Elfen in diesem Licht vorstellen, die ihr emsiges Selbst abschälten, um in Reihen unter den taugetränkten Blättern des frühen Efeus zu arbeiten …
    O MANN bist du zugedröhnt, dachte Paul und kicherte leise.
    Annie lächelte ihn zur Antwort an. »Die gute Neuigkeit ist«, sagte sie, »dass Ihr Auto verschwunden ist. Ich habe mir wegen Ihres Autos große Sorgen gemacht, Paul. Ich wusste, es würde eines Sturms wie diesem bedürfen, um es loszuwerden, und vielleicht hätte nicht einmal das ausgereicht. Die Schneeschmelze im Frühling hat diesen Schmutzfink Pomeroy fortgeschafft, aber ein Auto ist viel schwerer als ein Mensch, nicht wahr? Sogar schwerer als ein Mensch, der so voller Dummdussel war wie er. Aber der Sturm und die Schneeschmelze zusammen haben es geschafft. Ihr Auto ist weg. Das war die

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