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Titel: Sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Verlangen. Sein Körper schrie nach Novril. Es war das Muss , oder nicht? Klar doch.
    Annie kam zurück und nahm die dritte Flasche Pepsi. »Ich bringe Ihnen noch ein paar, bevor ich gehe«, sagte sie. »Im Augenblick brauche ich den Zucker. Es macht Ihnen doch nichts aus, oder?«
    »Selbstverständlich nicht. Meine Pepsi ist Ihre Pepsi.«
    Sie drehte den Verschluss von der Flasche und trank mit gierigen Schlucken. Das Geräusch, das sie dabei machte, ließ Paul an einen Song denken: Chug-a-lug, chug-a-lug, make ya want to holler hi-de-ho. Von wem war das? Roger Miller, richtig? Seltsam, was der Verstand so alles ausspuckte.
    Wirklich urkomisch.
    »Ich lege ihn ins Auto und fahre es zu meinem Lachplatz hinauf. Ich nehme all seine Sachen mit. Ich fahre sein Auto in den Schuppen und begrabe ihn und seine … Sie wissen schon, seine Fetzen … oben im Wald.«
    Er sagte nichts. Er dachte an Bossie, die muhte und muhte und muhte, bis sie nicht mehr muhen konnte, weil sie tot war, und eine weitere große Wahrheit über das Leben hier am Western Slope war: Tote Kühe muhen nicht.

    »Ich habe eine Kette für die Einfahrt. Die werde ich anbringen. Wenn die Polizei kommt, wird das vielleicht Verdacht erwecken, aber ich erwecke lieber ihren Verdacht, als zu riskieren, dass sie bis zum Haus fahren und hören, wie Sie ein großes bedummdusseltes Spektakel veranstalten. Ich habe mir überlegt, ob ich Sie knebeln soll, aber Knebel sind gefährlich, besonders dann, wenn man Drogen nimmt, die die Atmung beeinträchtigen können. Oder Sie müssen sich vielleicht übergeben. Oder Ihre Nebenhöhlen verstopfen, weil es hier unten so feucht ist. Wenn Ihre Nebenhöhlen verstopfen und Sie können nicht durch den Mund atmen …«
    Sie sah weg und schaltete ab; sie war so stumm wie die Steine der Kellerwand, so leer wie die erste Flasche Pepsi, die sie getrunken hatte. Make ya want to holler hi-de-ho. Und hatte Annie heute hi-de-ho gebrüllt? Worauf du dich verlassen kannst. O Brüder, Annie hatte hi-de-ho gebrüllt, bis der ganze Hof pupsig war. Er lachte. Sie machte keine Anzeichen, dass sie ihn gehört hatte.
    Dann kam sie langsam wieder.
    Sie blickte sich blinzelnd nach ihm um.
    »Ich werde einen Zettel durchs eins der Glieder der Absperrung stecken«, sagte sie langsam, während sie ihre Gedanken wieder sammelte. »Etwa fünfunddreißig Meilen von hier ist eine Stadt. Sie heißt Steamboat Heaven, ist das nicht ein komischer Name für eine Stadt? Die haben dort diese Woche den größten Flohmarkt der Welt, so nennen sie es jedenfalls. Das gibt es dort jeden Sommer. Es sind immer eine Menge Leute dort, die Keramiksachen verkaufen. Ich werde auf den Zettel schreiben, dass ich dort bin, in Steamboat Heaven, um Keramiksachen zu kaufen. Ich
schreibe, dass ich über Nacht dort bleiben werde. Und wenn mich später jemand fragt, wo ich gewesen bin, damit sie es nachprüfen können, dann werde ich sagen, es gab keine guten Keramiksachen dort, daher bin ich wieder zurückgefahren. Aber ich wurde müde. Das werde ich sagen. Ich sage, ich habe unterwegs angehalten, um ein Nickerchen zu machen, weil ich Angst hatte, am Steuer einzuschlafen. Ich sage, ich wollte nur ein kurzes Nickerchen machen, aber ich war so müde, dass ich die ganze Nacht durchgeschlafen habe.«
    Paul war fassungslos, wie weit ihre Durchtriebenheit ging. Plötzlich wurde ihm klar, dass Annie genau das tat, was er nicht konnte: Sie spielte Kannst du? im wirklichen Leben. Vielleicht, dachte er, schreibt sie deshalb keine Bücher. Sie muss es gar nicht.
    »Ich werde so schnell wie möglich zurückkommen, denn die Polizei wird hierher kommen«, sagte sie. Diese Aussicht schien Annies unheimliche Gelassenheit nicht im Mindesten zu erschüttern, wenngleich Paul nicht glauben konnte, dass sie in einem Teil ihres Verstandes nicht auch wusste, wie nahe das Ende des Spiels jetzt herangerückt war. »Ich nehme nicht an, dass sie noch heute Nacht kommen werden - es sei denn vielleicht, um vorbeizufahren -, aber sie werden kommen. Sobald sie sich sicher sind, dass er wirklich verschwunden ist. Sie werden seine Strecke abfahren und nach ihm suchen und versuchen herauszufinden, wo er haltgemacht hat, wo man ihn gesehen hat. Denken Sie nicht auch, Paul?«
    »Ja.«
    »Ich sollte zurück sein, bevor sie kommen. Wenn ich gleich in der Morgendämmerung mit dem Motorrad losfahre,
dann schaffe ich es vielleicht, noch vor Mittag wieder hier zu sein. Ich müsste sie eigentlich überholen können. Denn

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