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Titel: Sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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aber ansonsten nahm er keine Notiz von ihm.
    Oder ein Unfall? War das möglich? O ja, Sir! Er sah sie, wie sie grimmig und viel zu schnell fuhr, und dann
    (»Von MEINER Seite der Familie hat er das nicht!«)
    schaltete sie plötzlich ab und kam sofort von der Straße ab. Abwärts, abwärts, abwärts. Ein Aufprall, dann explodierte sie in einem Feuerball und starb, ohne es überhaupt zu merken.
    Wenn sie tot war, dann würde er hier sterben, wie eine Ratte in der Falle.
    Er hoffte darauf, dass die Bewusstlosigkeit kommen und ihn erlösen würde; aber die Bewusstlosigkeit dachte gar nicht daran; stattdessen kam Stunde Nummer dreißig, dann Stunde Nummer vierzig; jetzt verschmolzen König des Schmerzes und Verdammt Durstig zu einem einzigen Pferd (Ich Habe Hunger war schon lange zurückgefallen und im Staub kaum noch zu erkennen), und er fühlte sich wie ein Stück lebendes Gewebe auf einem Objektträger oder ein Wurm am Haken - jedenfalls wie etwas, was sich endlos wand und krümmte und nur darauf wartete zu sterben.

15
    Als sie hereinkam, da dachte er zuerst, sie müsste ein Traum sein, aber dann gewann die Realität - oder schlicht das nackte Überleben - die Oberhand, und er fing an, zu stöhnen und zu betteln und zu flehen, und das alles gebrochen, alles aus einem tiefen Brunnen der Unwirklichkeit heraus. Das Einzige, was er deutlich sah, war, dass sie ein dunkelblaues Kleid trug und einen Hut mit einem Gesteck aus Zweigen aufhatte - ganz genau die Kleidung, in der er sie sich im Zeugenstand in Denver vorgestellt hatte.
    Sie hatte eine gesunde Gesichtsfarbe, ihre Augen funkelten lebhaft. Sie war so hübsch, wie Annie Wilkes es wohl überhaupt sein konnte, und wenn er später versuchte, sich an diese Szene zu erinnern, dann sah er in aller Deutlichkeit nur die leuchtenden Wangen und den Hut mit den Zweigen vor sich. Aus einem letzten Bollwerk geistiger Gesundheit und klarer Urteilsfähigkeit heraus hatte der rationale Paul Sheldon gedacht: Sie sieht aus wie eine Witwe, die nach zehnjähriger Trockenzeit gerade zum ersten Mal wieder gefickt worden ist.
    In der Hand hielt sie ein Glas Wasser - ein großes Glas Wasser.
    »Trinken Sie das«, sagte sie und schob ihm eine vom Aufenthalt draußen noch kühle Hand unter den Nacken, damit er sich aufrichten und ohne sich zu verschlucken trinken konnte. Er trank drei gierige Schlucke, die Poren auf der trockenen Wüste seiner Zunge weiteten sich und tobten unter dem Schock des Wassers, ein wenig davon rann ihm am Kinn hinab und auf das T-Shirt, das er anhatte, und dann zog sie es ihm weg.

    Er wimmerte und streckte die zitternden Hände danach aus.
    »Nein«, sagte sie. »Nein, Paul. Kleine Schlucke, sonst werden Sie sich übergeben.«
    Nach einer Weile gab sie es ihm zurück und gestattete ihm zwei weitere Schlucke.
    »Die Medizin«, sagte er hustend. Er saugte an seinen Lippen, strich mit der Zunge über sie, dann saugte er an der Zunge. Er konnte sich undeutlich daran erinnern, wie er seine eigene Pisse getrunken hatte, wie warm und salzig sie gewesen war. »Die Kapseln … Schmerzen … bitte, Annie, bitte, um Gottes willen, helfen Sie mir, die Schmerzen sind so schlimm … «
    »Ich weiß, aber Sie müssen mir zuhören«, sagte sie und betrachtete ihn mit diesem strengen, aber mütterlichen Ausdruck. »Ich musste fortgehen und nachdenken. Ich habe lange nachgedacht, und ich hoffe, ich habe gut nachgedacht. Ich war mir nicht ganz sicher; meine Gedanken sind häufig durcheinander, das weiß ich. Ich akzeptiere es. Daher konnte ich mich nicht erinnern, wo ich all die Male gewesen war, nach denen sie mich immer wieder fragten. Daher betete ich. Es gibt einen Gott, wissen Sie, und Er antwortet auf Gebete. Immer. Daher betete ich. Ich sagte: ›Lieber Gott, Paul Sheldon könnte tot sein, wenn ich zurückkomme.‹ Aber Gott sagte: ›Er wird nicht tot sein. Ich verschone ihn, damit du ihm den Weg weisen kannst, den er gehen muss.‹«
    Sie sprach »weisen« fast wie »weinen« aus, aber Paul konnte sie ohnehin kaum noch hören; sein Blick war starr auf das Glas Wasser geheftet. Sie gab ihm drei weitere Schlucke. Er schlabberte wie ein Pferd, rülpste, dann schrie er auf, als Krämpfe ihn schüttelten.

    Während all dessen sah sie ihn gütig an.
    »Ich werde Ihnen Ihre Medizin geben und Ihren Schmerzen ein Ende bereiten«, sagte sie, »aber zuerst müssen Sie etwas tun. Ich bin gleich wieder da.« Sie stand auf und ging zur Tür.
    »Nein!«, schrie er.
    Sie achtete gar nicht

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